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Donnerstag, 7. Mai 2015

Heftiges über das Kuratieren und den Kuratorenberuf

In seiner Rezension Hans Ulrich Obrist Buch Kuratieren! legt der Leiter der Oberhausener Kurzfilmtage Lars Henrik Dass eine kurze, fulminante Charakterisierung des (Mainstream)Kuratierens hin, dass es nur so tuscht.

Der Kurator als Medium, in Der Freitag 6.5.2015 https://www.freitag.de/autoren/lars-henrik-gass/der-kurator-als-medium

Zitat: Für eine durch Demografie und leere Kassen stark verunsicherte politische Klasse stellt der Kunstkurator eine neue Versicherung dar, dass man auf die Unterstützung meinungsbildender Leute und Medien ebenso zählen kann wie auf ein mit den richtigen Namen bestücktes Telefonbuch. Der Kunstkurator dämpft die Angst vor der Kunst, vor der „Wut eines Einzelnen, der sich ins Halbdunkle einer Höhle zurückgezogen hat“ (der scheidende Intendant - gemeint ist Chris dercon G.F. -im Gespräch). Er verkörpert die Hoffnung, dass es flutscht mit der Kreativwirtschaft. Er ist ein Versprechen auf Ordnung in einer zunehmend unverständlicheren Welt. Je verstörender zeitgenössische Kunst, desto dringlicher das Bedürfnis nach Erklärung und Orientierung durch Diskursmaschinen.

Mittwoch, 18. Februar 2015

Eine Bonsai Geschichtsausstellung. The Germans im British Museum

Ich klettere eine Treppe im überdachten Innehof des British Museum hoch, entrichte an einer Kassa meinen Obulus - staatliche Museen erheben in der Regel keinen Eintritt, aber Sonderuasstellungen kosten etwas, und oft nicht gerade wenig -, und schon stehe ich in der Sonderausstellung "The Germans".
Eine von englischen Kuratoren über Deutschland gemachte Ausstellung, die ich als Österreicher sehe, dachte ich, auch nicht schlecht. Es beginnt auch nicht schlecht, nämlich mit der Visualiiserung der Vielfalt der Staaten aus denen sich Deutschland wie ein Puzzle zusammensetzte. Kein Territorialstaat, keine einheitliche Währung wird mit leichtem Ätsch der Vergleich zu England gezogen. Schön, Integration & Identität, eine Schlüsselfrage, bis heute.
Da bin ich schon fast im nächsten Raumabschnitt. Viele weisse Wände, eine längliche Vitrine umrundet, und eine kleine Sackgasse. Darin ein Lagertor eines Konzentrationslagers mit der Inschrift "Jedem das Seine", ein Schriftschnitt, entworfen von einem Bauhausschüler. Ein bemerkenswertes Objekt. Aber eben auch nur ein Objekt für einen schwergewichtigen Abschnitt der deutschen Geschichte.
Um die Ecke dann ein aus der Wand ragender Engel. Ernst Barlach. Und ein Foto mit Kohl und Honecker vor diesem Engel. Im Abwenden, nachdem ich beides betrachtet und die Objekettexte gelesen habe, bin ich schon in einer Tür. Der zum Shop.
Massenweise stapelt sich hier ein Buch, das der Direktor des Museums verfasst hat. Ein dickleibiges. The Germans.
Aha, denke ich, um 10 Pfund durfte ich eben die Ausstellung zum Buch besuchen.
Ein Studienkollege, den ich in der großen Halle des Museums treffe, über die Ausstellung: "Dünn". Die deutsche Presse: Wohlwollend. Man bemängelt, daß aber etwas gefehlt hat: die Naturwissenschaften. Und sonst nichts?
Vielleicht kann man das Ganze als eine Anregung für das österreichische Haus der Geschichte empfehelen. Wie kann man auf minimalen Quadratmetern mit einer Hand voll von Objekten eine Kurzgeschichte einer Nation erzählen. So gehts (auch nicht)!

Viele Leute, viele Wände, wenige Objekte, aber der Tod ist ein Meister aus Deutschland ...Jetzt mal schnell was über The Germans! Foto GF.

Samstag, 24. Mai 2014

"Das Haus der Europäischen Geschichte im Exil". Eine ungewöhnliche Ausstellung im Rahmen der Wiener Festwochen (Überarbeitete Fassung)


Elvis has just left the building
Frank Zappa

Nachdem ich die Kassa passiert habe, warte ich nun mit zwei anderen Besuchern in einem beklemmenden Raum darauf, aufgerufen zu werden. Eine Zählnummer habe ich schon. 503. Der Raum ist schäbig, typische Zimmerpflanzen eines Büros, gusseiserne Heizkörper, eine Landkarte mit den Staaten der Europäischen Union auf dem Stand von 2017, ein Orientierungsplan für das Museum, in einer unverständlichen Sprache beschriftet. Auf Österreichisch würde man einen solchen Raum als "grindig" bezeichnen. Allerdings gibt es bis heute solche Räume, Polizeiwachstuben, Wartezimmer auf Sozialämtern und selbst im Landeskrankenhaus meiner Stadt könnte ich solche Räume herzeigen.
So wie wir hier zu Dritt sitzen, in einem Raum mit einer Uhr, Türen, denen die Klinken fehlen, unter einem harten Neonlicht, ohne zu wissen wann und von wem wir aufgerufen werden, könnten wir auf eine medizinische Untersuchung warten, eine Befragung, eine Behördenvorladung.
Die verdreckte Eingangstür in den Ausstellungstrakt war schon ein Übergang in eine andre Sphäre und andere Zeit. Aber ich kann mir sehr gut vorstellen, daß es so schnell gehen kann mit dem Wechseln der Zeiten, Stimmungen. Der Übergang von der einen Welt zu einer ganz anderen ist oft kaum markiert, und umso drastischer fühlbar. Ich muß mich nur an die zwei- oder drei Mal erinnern, als ich den berüchtigten Grenzübergang der DDR Friedrichstraße durchqueren musste.
Eben noch im sonnigen, touristischen Wien, auf einem Thonetstuhl eines Cafes im Freien, gegenüber des Gebäudes, in dem die Ausstellung gezeigt wird, auf die Öffnung des riesigen Tores zur alten Postzentrale Mitten in Wien wartend, und dann plötzlich in einer kafkaesken, toten, zeitlosen Welt.
Wir werden einzeln aufgerufen, im Abstand von mehreren Minuten. Wir sollen einzeln losgehen, in der Ausstellung allein sein. Der erste Raum steigert die Unheimlichkeit - ein riesiger Saal, schäbig, vom Verfall gezeichnet wie alle folgenden Räume, nahezu leer und - fast vollkommen dunkel.
Keine Objekte, keine Geräusche, kein Text. Dann Räume vollgestopft mit Sperrmüll, offensichtlich Überbleibsel aus den Büros und Arbeitsräumen der Postzentrale. Dieses Zentrale ist ein riesiges, aus dem späten 19.Jahrhundert stammendes Verwaltungsgebäude, in dem es offenbar ganz unterschiedliche Funktionen gegeben haben muss. Büros, Archiv, Arbeitsräume, bei denen man kaum ahnt, was hier einmal vorgegangen ist. Die Wegführung entlang von Richtungspfeilen macht das Riesenhaus noch labyrinthischer, als es ohnehin schon ist. Treppen, verwinkelte Gänge, Lichthöfe mit riesigen blinden Fensterwänden, Gusseisenkonstruktionen, Reste von Armaturen.
Dann endlich ein Raum, der einem konventionellen Ausstellungsraum schon recht nahe kommt. Einige Objekte, ein viersprachiger Informationstext. Es geht um die Europäische Union. Die es nicht mehr gibt. Berichtet wird hier aus einer nicht allzufernen Zukunft, in einer "Nachzeit", nach dem Zerfall der EU. Nationalismus und Rechtsradikalismus, die wirtschaftliche Krise haben dem großen Projekt den Garaus gemacht.
Langsam verstehe ich, daß die teilweise unverständliche "Bebilderung" und Sprache der Texte, daß die trashigen, vollgeräumten oder dunklen Räume, einerseits eine Atmosphäre schaffen sollen, die das  Fiktive einer in der Zukunft spielenden Ausstellung unterstreicht. Und andrerseits den Zerfall der Strukturen - einer Welt, die wir ja besonders als "bürokratische" wahrgenommen haben -, visualisieren soll. Allerdings ist der Bruch, auch gestalterisch, zwischen den sorgfältig verfassten und sehr informativen Texten einerseits und den oft beliebig oder rätselhaft oder nicht entschlüsselbaren Objekten auffallend. Wo wir uns hier befinden, das ist eine "posthistorische" Trümmerwelt, in die nur noch wenige, wenig aussagekräftige Spuren des Gewesenenen hineinragen.
Vielleicht ist ja so eine Idee ja weniger gespenstisch, als wir spontan, mitten in dieser düsteren Ausstellungswelt wahrnehmen. Im Grunde kann man das Museum als einen im Vergegenwärtigen ständig vom Scheitern bedrohte "Nachwelt" verstehen, das es trotz seinem Beharren auf Wahrheit und Authentizität immer auch mit Fiktion, mit "Erzählung", also Konstruktion und Narration aus einem "Nachhinein" zu tun hat.
Der Ausstellungskurator dazu: "Wir haben keine Distanz zur Gegenwart. Daher wollte ich eine Distanz aufzubauen, um die Gegenwart anders zu sehen können. So bin ich auf die Idee eines fiktiven Museums gekommen, das nach der Implosion der EU als Einziges übrig bleibt."
Was weiter folgt im Rundgang, Wege, leere Räume und trashige Aussstellungsräume, entpuppt sich als ein chronologisch-thematischer Parcours mit informativen Texten, die die wesentlichen Entwicklungsetappen der EU nachzeichnen und schwer zuordenbaren Objekten mit oft recht bescheidener Aussagekraft. Ein Parcours, bei dem man nie vergisst, daß der historische Zeitpfeil umgedreht wurde. Wir blicken zurück, auf die Erfolge der EU, die mit spürbarem Wohlwollen dargestellt wird,  von ihren aus den Weltkriegserfahrungen geprägten Anfängen bis hin zur gemeinsamen Währung, auf ihre politische Struktur und Organisation (der Teil wirkte auf mich wie eine Vorbereitung auf die EU Wahl, die drei Tage nach meinem Besuch grade anstand), auf die großen, die Wirtschaft lenkenden Organisation, die Transformation vieler Diktaturen in Demokratien, die Entwicklung der Zahl der Mitgliedschaften, des Beitritts von immer mehr Ländern.
Die Ausstellungsräume haben jeweils ein Thema. Etwa die berüchtigten Verordnungen und Normierungen. Visualisiert wird das, wenig originell, mit bis zur Decke zwischen roten Vorhängen gestapelten Papier und - schon amüsanter -, mit einigen griffigen Beispielen, die wie eine Lehrmittelsammlung drapiert sind. Dann der Lobbyismus - eine der schönsten Ausstellungsideen. Wie eine Schmetterlingssammlung sind Visitenkarten von Lobbyisten ausgestellt und an der Wänd hängt eine Stadtkarte von Brüssel, in die die Lobbyorganisation wie sonst die Sehenswürdigkeiten eingezeichnet sind. und schließlich die problematischeren Gebrechen der EU: die Immigrationspolitik, die Duldung fast versklavter Niedriglohnarbeiter vor allem in der Landwirtschaft. Das Beispiel sind spanische Erntehelfer. Ein Nachbau eines ihrer Elendsquartiere steht mitten in einem Raum, zu dem eine roh durchbrochene Mauer führt und in dem wir uns auf einer Art Laufsteg aus Holz bewegen.
Der Text informiert über die Arbeitsbedingungen, die nicht weit weg sind, von den v.a. in Zusammenhang mit der Fussballweltmeisterschaft in Quatar kritisierten. (Nicht anders sind die etwa auf der Baustelle des Louvre Abu Dhabi oder des Guggenheim Museums ebenda).
Ab hier wird schon der definitive Niedergang eingeläutet: der polizeiliche Zwang, die Überwachung, nun nicht nur mehr nur der Einwanderer und Flüchtlinge, sondern der eigenen Staatsbürger, (freilich ohne schon reagiert zu haben auf das globale Ausmaß der Überwachung durch die USA) die 1970 in den USA beginnende Wirtschaftskrise, der expandierende Rechtsradikalismus, der grassierende Nationalismus, die Separationsbewegungen innerhalb der Nationalstaaten. Ganz am Schluß die Selbstmorde, die dem "Regisseur" dieser Ausstellung zufolge, nicht öffentlich berichtet würden, weil sie zu erschreckend wären.
Die Ausstellung sympathisiert durchaus mit der EU als einem großen Friedensprojekt und möchte angesichts der aktuellen Kriegsängste und -drohungen die Dramatik des politisch-historischen Moments sichtbar machen. Sie stell sich die Frage, was nach dem Zusammenbruch der Union geschähe. Gerade da bleibt die Schau aber phantasielos. Vielleicht kann sich auch wirklich niemand die ökonomischen und militärischen Katastrophen und Krisen ausmalen, die dem folgen würden. Und: würden sie das überhaupt? Ist der Ausstieg wirklich "alternativlos" geworden?
"Man sagt immer: "Nie wieder Krieg!" Das hoffe ich auch. Aber was wäre, wenn es wirklich wieder einen Krieg gäbe? Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie Krieg ist. Wir müssen über Krieg reden, um dafür zu sorgen, dass es keinen Krieg gibt. Das wollte ich mit dem Museum." (Thomas Bellink)
Wo ein offenes Ende, vielleicht mit verschiedenen Szenarien hätte stehen können, folgt nur noch ein wiederum ein, nun rabenschwarzer Raum, nur mit einer winzigen Luke etwas erhellt, dann ein riesiger Saal mit einer einsamen Bar und - vermutlich damit der Übergang zurück in die Wiener Wirklichkeit nicht zu hart ist -, der Weg durch großen trostlosen Hof des ehemaligen Amstgebäudes.
Ich verlasse das Gebäude, in der eben hinter mir die EU gewissermaßen die Geschichte verlassen hat. Der Eindruck bleibt zwiespältig. Die Botschaft ist klar und einfach, die Information beachtlich und interessant, aber die Gestaltung schwankt zwischen immersiver Emotionalisierung und trockener Textbelehrung, ohne daß beides miteinaander verwoben wäre und eine wirklich neuartige Qualität ergeben hätte.
Die spookyness mancher Räume, das Beklemmende der Atmosphäre verlassener, von Spuren des langsamen Verfalls gezeichneter Räume verbündet sich schlecht mit der intellektuell-informativen Ebene. Die Hauptaussage liegt schließlich doch überwiegend in den Texten und nur bedingt in der Atmosphäre.
Mir ist an Ausstellungen der jüngsten Zeit aufgefallen, daß das "Gestell", die "Zeigeapparaturen" immer provisorischer werden können, rohes oder billiges Holz, roh Gezimmertes, irgendwie Zusammengebasteltes, in Ausstellungen etwa in Graz oder Wien. Selbst die kostbare Asien-Sammlung des Museums für Angewandte Kunst wird jetzt in einem Verhau aus Ziegellatten gezeigt - allerdings hat das ein namhafter Künstler entworfen. So kommt die Nobilitierung, mit der es edles Ausstellungsgestalten zu tun hat, über die Hintertür wieder herein, wo es andernorts dem Museum Pathos und Aura nehmen will. Solch eine Senkung der Distinktionsschwelle braucht die EU-Ausstellung aber gar nicht, ihre Objekte brauchen sich weder als echt noch als authentisch zu gerieren.
Vielleicht bin ich relativ immun gegen das "Posthistorische" und ein wenig auch gegen das Beklemmende der Räume, weil ich schon so manches überzeugendere Besipiel gesehen habe. Kabakovs Installation tragen klar die Signatur eines bestimmbaren politisch-zeitlichen Kontextes und seiner Trostlosigkeit und Aussichtslosigkeit, während das Ephemere und Leichte eines Gebäudes wie dem "Palast der Projekte" mit dem witzigen und hoffnungsvollen Basteln an der Utopie kooperiert, die er dort in vielen Zimmerchen vorführt.
Die von Hans Hoffer gestaltete Ausstellung A.E.I.O.U. (eine Art österreichisch-patriotischer ideengeschichtlicher Leistungschau) in der aufgelassenen Tabakfabrik in Krems brachte die z.T. ruinenhaften Räume und Reste der Fabrikseinrichtung viel direkter ins Spiel. Ich erinnere mich an die wunderbare Idee, ein Gedicht von Erich Fried so in den Aufzugschacht zu applizieren, daß die Pointe kurz vor dem Aussteigen im obersten Stockwerk der Ausstellung schockartig aufblitzte. Und "verdorben" für die affektiven Anmutungen der Europaschau bin ich vor allem durch die Manifesta von 2008, die in ganz unglaublichen Industrie- und Verwaltungsbauten stattfand, in Bozen, in Trient (hier auch in einem aufgelassenen Postgebäude), Rovereto und in der Franzensfeste, einer kakanischen Betonburg gewaltigen Ausmasses (die nie einen Zweck erfüllte, nebenbei gesagt), und deren düstere und endlose Raumfolgen ingeniös mit Ton- und Videoinstallationen, Kino, Installationen, Objekten bespielt wurde.

Möglich, daß eine Kunstausstellung sich besser auf das Ortspezifische solcher "extimer Orte" einlassen kann, die ihre Wirkung ja schon daraus beziehen (wie beim Postgebäude in Wien), daß wir sie überhaupt betreten und so etwas wie "verbotenes" Terrain erforschen dürfen.
Aber darin liegt offensichtlich auch ein Potential für "historisches Ausstellen". Einen Tag, nachdem ich in der "Weltausstellungs"-Schau des Wien Museums gewesen war (die in deren cleanen Ausstellungsräumen stattfindet), dachte im beim Besuch dieser "Exil"-Ausstellung, warum das Wien-Museum, immer auf der Suche nach praktikablen Räumen, nicht solche Gebäude entdeckt? Vielleicht gibt es praktische Gründe, wie Sicherheitsbestimmungen oder anderes.
Meiner Phantasie wachsen jedenfalls Fühler, wenn ich so einen Ort sehe, den ich gerne rabiater, riskanter bespielt gesehen hätte - aber wer "schenkt" mir dieses Spukhaus, damit ich mal meine Ideen von der Leine lassen kann?
Jetzt, wo ich mir den Text noch einmal vorgenommen habe, und nach einem Austausch mit einer Kollegin über unsere unterschiedlichen Erfahrungen mit der Ausstellung überarbeite, ist auch eine Zeit des "danach". Gestern ging die EU-weite Wahl zu Ende, mit erschreckenden Zuwächsen rechter und rechtsextremer Parteien. Daß in Frankreich, einem Land mit einer derart kraftvollen politischen Geschichte voller Kampf um eine demokratische und republikanische Gesellschaft eine rechte Partei triumphal siegt, ist verstörend und alarmierend. Hat also die Ausstellung schon "recht behalten". Ich hoffe nicht. Aber sie ist deutlich wichtiger geworden.


Thomas Bellinck, der Kurator der Ausstellung, ist tatsächlich Regisseur, er ist Flame, in Brüssel 1983 geboren. Seine Ausstellung wurde erstmals in Brüssel gezeigt, 2013.

Sein "Museum" ist bis 15. 6. in der Postgasse 10 zu sehen. Geöffnet ab 15 Uhr. Anmeldung notwendig!  Unter +43 664 22 589 47. Letzter Einlass 18:30. Geöffnet bis 20 Uhr.

Die Interviwpassagen finden sich hier: Thomas Bellinck: "Auch nationale Identitäten sind Konstruktionen" Interview |

Zitronenpresse "Merkel" (Objet trouvée)

Ausstellung "Haus der Europäischen Geschichte im Exil". Ehemalige Postzentrale. Wiener Festwochen 2014

Mittwoch, 26. März 2014

Montag, 10. Februar 2014

Böse Dinge - ausgerechnet im Hofmobiliendepot

2009 hatte das Werbundarchiv/Museum der Dinge Berlin eine Ausstellung unter dem Titel "Böse Dinge" veranstaltet. Sie basierte auf einer ebenso kuriosen wie - heute - amüsant zu lesenden Streitschrift Gustav Pazaureks "Guter und schlechter Geschmack im Kunstgewerbe" (1912). Pazaureks pädagogischer Eifer ließ ihn auch 1909 eine Abteilung der Geschmacksverirrung im Stuttgarter Landesmuseum einrichten.
Er erstellte einen Kriterienkatalog, der v.a. funktionelle und gestalterische "Gräuel" erfassen helfen sollte. Das Museum der Dinge untersuchte in ihrer Ausstellung von 2009 (hier ein Post dazu) aktuelle Gestaltungen mit Hilfe von Pazaureks Katalog.
Gräueldinge aus Eigenbesitz können zu Ausstellungsbeginn geschenkt werden und dienen als Versteigerungsobjekte später einem sozialen Zweck. Aber Achtung! Nichts mitbringen, was "lebt, Krach macht, schmutzt, schlecht werden kann oder zum Anziehen ist...".
Hofmobiliendepot/Möbel Museum Wien 19.Februar bis 6.Juli 2014

Donnerstag, 21. März 2013

Verzettler

Schon wieder eine dieser Ausstellung, bei der ich mir denke, "würde ich doch zu gerne sehen", aber weiß, daß es unwahrscheinlich ist, daß ich es in die Weltecke schaffe, in der es etwas zu sehen gibt. Nämlich „Zettelkästen. Maschinen der Phantasie“ im Deutschen Literaturarchiv Marbach, in das ichs sowieso noch nie geschafft habe. Bis 15. September hätte ich noch Gelegenheit etwas über den Universalschraubenschlüssel des Geisteswissenschaftlers zu erfahren und mich wehmütiger (wehmütiger?) Erinnerung an meine Zettelei hinzugeben.
Beim letzten Umzug habe ich die unhandlichen und hässlichen Plastikbehälter samt ihrem Inhalt entsorgt, die zum Beispiel die umfangreiche Vorarbeit und Archivrecherche zu meinem Buch zur Geschichte der Kunstgewerbeschule und des k.k. Kunstgewerbemuseums enthielten. Das war hart. Aber ich war mir sicher, daß ich zu dem Thema nicht mehr arbeiten würde und zur Weitergabe etwa an das Archiv der Hochschule schien mir das System der Verzettelung zu individuell, als das es für jemanden brauchbar hätte sein können.
Anderes habe ich in den Computer übertragen, der wohl wegen seiner reichen Möglichkeiten des Auflistens, Sortierens und Aufsuchens nicht nur meine Zettelkastenzeit beendet hat.
Mit so einer Frage könnte ich zum Beispiel nach Marbach fahren, wie sozialisierbar sind eigentlich solche Zetteluniversen, könnte man mit ihnen weiterarbeiten, etwas von ihrer Systematik lernen, gibt es eine Typologie des Verzettelns usw?
Schönes Thema auf das auch ein kurzer Essay von Jürgen Kaube in der FAZ Lust macht (hier).
Vielleicht schaff ich's ja doch noch.

Freitag, 8. März 2013

Der immer noch sterbende Kaiser. Maximilian von Mexico, ausgestellt

Als Schulkind war ich ein veritabler Maximilian von Mexico - Experte. Ich hatte nämlich alle fünf Bände des Kolportageromans gelesen, der ursprünglich Waldröschen hieß und dessen Autor sich Capitain Ramon Diaz de la Escosura nannte. In der Buchhandlung meiner Kindheit, in der ich nach und nach Schloß Rodriganda, Die Pyramide des Sonnengottes, Benito Juarez, Trapper Geierschnabel und endlich Der sterbende Kaiser (das war Maximilian) um einige Groschen entlehnte, wurden die Bände freilich unter dem Namen des wirklichen Autors entliehen - Karl May.


Mein Expertentum verblasste, Kolportageromane des 19. Jahrhunderts vermögen offenbar bei mir kein nachhaltiges Geschichtsbewußtsein zu stiften. An den Inhalt habe ich keinerlei Erinnerung mehr, aber Wikipedia, dieses supranationale Großgedächtnis ließ einige Gedächtnissplitter wieder aufblitzen: An Karl Sternau, den Namen des Arztes aus Deutschland erinnerte ich mich, der den spanischen Grafen Emanuel de Rodriganda heilen und dessen Tochter Rosa heiraten soll, was aber vom ruchlosen Schurken Cortejo beinahe vereitelt wird indem er Sternau in Mexiko in eine Pyramide einsperrt. Zuvor hatte er seinen eigenen Sohn gegen den Erben des Grafen ausgetauscht, um Rodriganda in seine Hand zu bekommen. Es geht klarerweise alles gut aus - bis auf den leidigen Umstand, daß der Kaiser erschossen wird.
 
Diese Geschichte ist auch ein Kolportageroman, denn daß sich die Europäischen Großmächte (mit Ausnahme Frankreichs, das die Idee dazu lieferte) und vor allem Mexico selbst mit der Idee anfreunden könnten, daß ein Mitglied des österreichischen Herrscherhauses mal rasch mit einem Schiff übersetzt um dort drüben in Südamerika Kaiser zu werden, das konnte doch nicht mal Maximilian selbst ernsthaft glauben. Hat er aber. Aber nur kurz.
Mexico war ein selbständiges und selbstbewusstes Land, das einen beliebten Präsidenten hatte, der die Politik der Unabhängigkeit gegenüber Europa energisch vorantrieb (erinnert ja an was, oder?). Also, lange hat das nicht gedauert, das mit dem Kaisertum. Maximilian wurde verhaftet, vor Gericht gestellt, verurteilt und erschossen. Mit einem Schiff nach Österreich gebracht und in der Kapuzinergruft beigesetzt.

Und? Nun, er ist ausstellungstauglich geworden. Und das Hofmobiliendepot oder auch Möbel Museum Wien genannt, das so manches Relikt dieses Maximilian besitzt (sein Sombrero hatte es mir schon immer angetan, schon als er nur ein beiläufig abgelegtes Depotobjekt und anderen war) zeigt eine Ausstellung, noch bis zum 18. August dieses Jahres. Samt zerschossenem Rock und richtigem Sarg,
Und wenn Edouard Manet nicht ein weltberühmtes Bild von der Erschießung gemalt hätte, wer weiß, wer sich noch an Maximilian erinnerte? Karl Mays Kolportagen liest wohl niemnd mehr.

Samstag, 19. Januar 2013

Das Barbarische der Museen (Das Museum lesen 31)


"Man braucht nur irgendeinen Ort zu betreten, an dem Meisterwerke in großer Zahl zusammengebracht wurden, um diese Art Museumskrankheit zu erfahren, ähnlich der Übelkeit, die einem im Gebirge überkommt, aus Schwindel und Atemnot, dem jedes Glück des Sehens und jeder Wunsch, sich berühren zu lassen, sehr schnell zum. Opfer fallen. Zugegeben, im ersten Augenblick, welche Erschütterung, welche physische Gewißheit einer gebieterischen Präsenz,· einmalig, obgleich endlos vervielfältigt. Die Malerei ist wahrhaft da, leibhaftig, (en personne). Aber es ist eine Person, so sicher ihrer selbst, so zufrieden mit ihrem Nimbus und ihrem Gepränge, die sich durch einen solchen Willen zum Schauspiel imponiert und exponiert, daß sie, verwandelt in eine Theaterkönigin, uns unsererseits in Zuschauer verwandelt, sehr leidenschaftliche, dann ein wenig verstörte und dann ein wenig angeödete. Ganz offensichtlich hat das Gewöhnliche der Museen etwas unerträglich Barbarisches an sich. Wie konnte man es soweit kommen lassen? Wie hat sich die einsiedlerische, ausschließende, einem geheimen Punkt, den sie uns kaum bezeichnet, entschieden zugewandte Bejahungen jedem gemalten Bild auf diese spektakelhafte Vergemeinschaftung, diese lärmende und vornehm tuende Zusammenkunft die man eben Kunstschau (salon) nennt, eingelassen? Die Bibliotheken haben auch ich weiß nicht was an Überraschendem, aber zumindest zwingt man uns nicht, all die Bücher zugleich zu lesen (noch nicht). Warum haben die künstlerischen Werke diese enzyklopädische Ambition, die sie veranlaßt, um gemeinsam gesehen zu werden, zusammen unter einen so allgemeinen, so konfusen und so schwachen Blick verfügt zu werden, daß daraus offensichtlich nur die Zerstörung jeder wahren Kommunikationsbeziehung folgen kann?"

Aus: Maurice Blanchot: Museumskrankheit (1950)


Montag, 5. November 2012

Ihr Interview (Texte im Museum 338)


Jüdisches Museum der Stadt Wien, Ausstellung "Wien. Jüdisches Museum. 21. Jahrhundert. 7 Fragen auf dem Weg zu einer neuen Dauerausstellung." (siehe auch hier)