Donnerstag, 29. August 2019

Museen zwischen den Fronten. Restitutionsforderungen und unethisches Sponsoring



Museen zwischen den Fronten

Über den Museen ziehen Gewitterwolken auf und das in zwei Fronten. In Deutschland und Frankreich aber langsam auch auf andere Länder übergreifend, ist eine heftige Debatte über die Restitution kolonialen Raubgutes entbrannt. Und in den USA und in England gerät das Sponsoring in Kritik und wird in durchaus militanten Aktionen attackiert. Es gibt einen Unterschied zwischen den beiden Auseinandersetzungen: die Restitutionsdebatten werden überwiegend von Wissenschaftern, Restitutionsexperten und Journalisten geführt. Und das durchaus vehement - kaum ein Tag vergeht ohne einen einschlägigen Artikel in einer großen Deutschen Tageszeitung. Die Angriffe auf Sponsoren großer Kulturinstitutionen werden aber von der Zivilgesellschaft unter starker Beteiligung von KünstlerInnen getragen.

Die Firma, die derzeit am heftigsten unter Beschuß geraten ist, Purdue Pharma, die einer der reichsten Familien der USA gehört, hat allem Anschein nach skrupellos ein süchtigmachendes Schmerzmittel aggressiv lanciert und zu einer Opioid-Krise in den USA geführt, der jährlich tausende Menschen zum Opfer fallen. Unter dem Druck erster Prozesse und Schuldsprüche beginnen erste, große Museen, sich von Sponsor zu trennen oder mindestens auf Distanz zu gehen.

Beide Vorgänge sind fundamentale Attacken auf das Museum als solches. In der Restitutionsdebatte wird die teilweise gewaltförmige und unrechtmäßige sowie verschwiegene Grundlage von Museen sichtbar und ihre hegemoniale politische Funktion. Beim Sponsoring durch unethisch eingeschätzte Konzerne agiert das Museum als Agentur der Veredelung und Verschleierung. Hinter den scheinbar selbstlosen Geldgebern verstecken diese ihre menschenverachtenden Praktiken – es handelt sich um toxische Philantropie.

Das British Museum wird wegen seines Sponsors British Petrol angegriffen und beim Whitney Museum steht ein Beirat der Institution in der Kritik, Warren Kanders, als Besitzer einer Firma, die unter anderem an der mexikanischen Grenze eingesetztes Tränengas produziert. Jetzt steht sogar die im Kunstbetrieb wichtige Biennale, die das Museum ausrichtet, auf dem Spiel, weil sich Künstler zurückziehen und über einhundert MitarbeiterInnen des Museums sich gegen ihren vice-chair wendeten. Eine Initiative Decolonise this Place, die auf den Rücktritt des Beirats hinarbeitet, verknüpft in ihrem Namen beide Motive, Museen anzugreifen: die neokoloniale staatliche Gewalt gegen farbige Minderheiten - als der der Einsatz des Tränengases gegen Migranten eingestuft wird - und das Art-Washing des Konzerns „Safariland“ (sic!) durch das Museums-Sponsoring.

Es konnte nicht ausbleiben, daß jemand auf die Idee kam, beide Fronten zu einer zusammenzufassen. In einem jüngst in The Guardian (20 Feb 2019) erschienen Essay verdammt die Kunsthistorikerin Alice Procter kurzerhand die Museen generell: „The whole concept of The Museum is a colonialist, imperialist fantasy, born from the fallacy that somehow the whole world can be neatly catalogued, contained in a single building, mapped out for easy digestion.“ Und mit Hinweis auf diegegen BP protestierenden BesetzerInnen des British Museum, schreibt sie: „They’re all tired of museums being unquestionable, unethically funded pleasure houses where dirty money gets made to look like shiny civic pride.“

Solcher Fundamentalismus läßt sich leicht beiseiteschieben, aber beide „Fronten“ haben ihre Dynamik entwickelt, die noch nicht auf ihrem Höhepunkt angekommen zu sein scheint. Es wird sich zeigen, ob das Geschlossenhalten der Augen und Ohren weiter die geeignete Strategie der Museen sein wird, der tiefreichenden Herausforderung gerecht zu werden. Denn noch nie in der Geschichte des Museums sind einer breiten Öffentlichkeit die strukturellen Widersprüche der Institution so klar vor Augen geführt worden.
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Mittwoch, 28. August 2019

Marketingsprech. Diesmal Belvedere 21

Für Blüten der Sprache, die in Museen gesprochen wird, habe ich im Blog das Lemma Kuratorensprech reserviert. Bei meinem heutigen Beispiel geht es um Marketing, im Facebook. Aber der Slang der Kuratoren und die Textbausteine der Marketingbeauftragten ähnelt sich ohnehin zusehends.
Eine Fundgrube für Stilblüten und Gedankenschlichtheit aller Art ist der Facebook-Account von Belvedere 21.
Heute zum Beispiel das: "Happy Birthday Ai Weiwei! Der chinesische Künstler wurde heute vor 62 Jahren geboren und zählt zu den international bekanntesten Künstlern der Gegenwart."
Na gut, da kann man nicht viel falsch machen. Der Geburtag ist ein Fakt, die Gratulation ein Akt der Höflichkeit und des Respekts, der als öffentlich gemachter, das Prestigekonto des Musuems auffüllt wie das auch der Schlußsatz tut: "2016 präsentierte das Belvedere 21 seine" - wir erinnern uns: es geht um den international bekanntesten Künstlern der Gegenwart -. "erste große Einzelpräsentation in Österreich."
Dazwischen wird es ganz schön: "Als Konzeptkünstler, Dokumentarist und Aktivist setzt er sich nicht nur kritisch mit Geschichte, Kultur und Politik seiner Heimat China auseinander, sondern reagiert auch auf gesellschaftliche Realitäten." Whow! Das sitzt! What a man!!

o.T.




Dienstag, 27. August 2019

Was ist (k)ein Museum. Roman Sandgruber wirft Fragen nach der Kritisierbarkeit von Ausstellungen und Museen auf


Roman Sandgrubers (Wirtschaftshistoriker; Präsident des Oberösterreichischen Musuemsverbandes) schöner, prägnanter Text „KTM und seine Motohall“ (hier nachzulesen) enthält eine negative Definition des Museums. Indem er der Motohall des Zweiradherstellers KTM den Status des Museums abspricht (der war Grundlage für eine äußerst fragwürdige und hohe Subvention durch das Land OÖ), nennt er zwangsläufig Kriterien für das was seiner Meinung nach ein Museum ist.

So wird paradoxerweise ein Nicht-Museum zum Objekt einer Definition „des Museums“. Gut - aber gibts nicht schon die ICOM-Definition? Die besteht aber eher in der Aufzählung von Funktionen, die das Museum von anderen kulturellen Praktiken und Institutionen unterscheidbar machen und ist kaum als Definition brauchbar. Also ist es sinnvoll, sich um eine Definition zu bemühen.

Sandgruber: „Nein! Ein Museum oder auch nur ein Technisches Museum ist die KTM-Motohall nicht. Was für den kulturellen Anspruch von Kunst- und Science-Museen entscheidend ist, ist die kulturelle und kritische Perspektive. Diese gibt es bei KTM nirgendwo: keine alternativen Meinungen, keine firmenfremden Produkte, schon gar keine umweltpolitische oder künstlerische Ansage, wenn man das Design einmal beiseite lässt. Die klassischen Museen, seien es nun Kunst-, Heimat-, Technik oder Naturmuseen, präsentieren und diskutieren die Vielfalt dieser Welt.“

Da filtern wir mal raus: „Kritische Perspektive“ (auf das jeweils gezeigte Thema) und „kulturelle Perspektive“. Das nun ist ja etwas sehr schwammig, wie immer wenn das Megawort „Kultur“ ins Spiel kommt. Dann: „Keine künstlerische Aussage.“ Muß ein Museum eine künstlerische Aussage haben, etwa ein technisches, und das genau so wie ein kunsthistorisches? Die „klassischen Museen“ (Das sind welche? Die, die (z.U. der Motohall „wirklich“ Museen sind?) „präsentieren und diskutieren die Welt.“ Also da steckt drinnen der Anspruch des Museums auf Repräsentation und auf Diskussion.

Und jetzt kommen noch dazu „die „gesellschaftliche und soziale Verankerung“, die Sandgruber trotz des Umstandes, daß das in einem Konzept von KTM selbst angekündigt wird, in der Motohall-Schau fehlt. Und was auch fehlt, sind „die Querverbindungen zur Geschichte des Landes oder die angekündigten pädagogischen Unterstützungsmaterialien für Schulen.“ Anders gesagt, Sandgruber geht hier sowohl die historische Kontextualisierung ab, als auch die aktive Bildungstätigkeit (etwa in ihrer speziellen Form „Museumspädagogik“).

Ein Museum wäre demnach etwas, das zwar zeigt, repräsentiert, darstellt, aber das immer (selbst)kritisch und diskursiv und verankert in einem Bezug zur Gegenwart und der Lebenswelt der Besucher („Querverbindung zur Geschichte des Landes“). Nicht ausdrücklich erwähnt wird die Notwendigkeit einer deutenden Erzählung, also auch nicht die Wahl einer Visualisierungsmethodik, die das Genannte trägt aber auch mit erzeugt. Nur die Wendung von der „künstlerischen Aussage“ streift dieses Problem.

Wenn man die Wendung von der „kulturellen Perspektive“ über das vermutlich von Sandgruber Gemeinte hinaus als gesellschaftlich-politischen Kontext deutet und dem Ganzen noch den Mühlstein des geschichtstheoretisch-didaktischen Anspruchs der sinnstiftenden Erzählung (wozu betreiben wir denn überhaupt Museen?) umhängt (Jörn Rüsen), dann hätten wir ja schon einen ganz brauchbaren Ansatz für eine Definition. Man kann nämlich nicht die „Geschichte des Landes“ via Ausstellung ohne Erzählung/Narration zeigen, also nicht ohne zeitliches Verknüpfen und folgerichtiges Reihen von Tatsachen und Ereignissen sowie Perspektivieren auf ein (handlungsanleitendes oder bloß deutendes) Ziel hin? Und das in der dem Museum eigentümlichen Hybridität von Zeigen, (Auf)Schreiben, Sprechen zugleich. Daß dies implizit immer Auswahl, Fragmentieren usw. bedeutet, also niemals nur Wahrheitsgeschichte ist, sondern einen (auch auf Wissenschaftlichkeit - wo blieb die eigentlich?) Wahrheitsanspruch erhebt, dessen Bedingungen (Regeln seiner Erzeugung; Autorschaft) und Grenzen immer auch selbstreflexiv im Museum sichtbar sein müssen - das ist eine praktisch schwierige, anspruchsvolle Arbeit.

Aber dorthin reichen die sandgruberschen Argumente auch nicht mehr ganz hin und: sie würden auch an der gelebten Museums- und Ausstellungspraxis zerschellen. Schon die im Text mehr oder minder klar formulierten Kriterien erfüllen viele Museen nicht, auch Museen, an deren „Museumshaftigkeit“ niemand zweifelt und denen ihr Status als Museum offiziell und würdigend bestätigt wird. Es sind eben auch bloß - kaum anders als die Motohall - Dinglager, archivarische Ansammlungen, Schaudepots, Warenhäuser. Wenn sich Roman Sandgruber in die durch ihn als Verbandspräsident repräsentierte oberösterreichische Museumslandschaft begibt, und unbestechlich bleibt, wird er so manches entdecken, was seinen eigenen Kriterien nicht standhält (und nicht anders ist es in anderen Bundesländern).

Ja mehr noch: er könnte entdecken, daß so manches durch Gütesigel oder Museumspreise durch „seinen“ Verband ausgezeichnete Museum eben nur ein „Museum“ a la Motohall ist und daß die Praxis der diversen Verbände (nicht nur des oberösterreichischen) - aus Gründen, die ich hier nicht diskutieren möchte -, Museen ermutigt, sich als Museen zu fühlen.

Wie ich dazu komme? Ich kenne sowohl kleine Museen als auch große, namhafte, die den Kriterien Sandgrubers zufolge nicht Museum genannt werden dürften. Übrigens: schon lange gibt es innerhalb der Museumscommunities einen Distiktionsstreit Museum/Nichtmuseum und immer wieder Versuche, Museumsdefinitionen gleichsam bindend wie auf dem Verordnungs- oder Gesetzeswerk durchzusetzen, anders gesagt Ausschlußverfahren zu entwickeln. Das hat aber bislang nicht dazu geführt, daß etwa Museen mit ansonsten gesellschaftlich geächteten Inhalten (etwa affirmativer Umgang mit NS-Relikten) je von einem der Repräsentanten des Museumswesens geächtet oder auch nur kritisiert worden wäre. Und auch da gilt: das trifft nicht nur kleine, versteckte, unbekannte und belanglose Sammlungen, sondern auch politisch gestützte und forcierte Projekte. Auf Wunsch nenne ich gerne Beispiele und mehr gibts dann dazu zu lesen, wenn ich mein neues Ranking „Die besten und die schlechtesten Museen Österreichs“ (hier der Link zum ersten Ranking) veröffentlichen werde.

Die vom oberösterreichischen Museumsverband ausgehende Einschätzung der Motohall, die Sandgruber einerseits bloß eine Formalie und unzulässig von einem Mitarbeiter weitergereichte Einschätzung nennt, ist ja ein Knackpunkt der ganzen KTM-Affaire. Die Politik hatte sich am Museumsverband abzuputzen versucht und ihm unterstellt, er hätte das Projekt als förderwürdig eingestuft. (So nebenbei lernen wir etwas über Politik: Ein gewesener Landeshauptmann hievt einen Beschluss am Landtag vorbei, ermöglicht damit eine Subvention in der Höhe von über sechs Millionen Euro an einen Konzern der hochprofitabel ist, der sich nun wiederum mit einer sechsstelligen Summe bei der Partei des Landeshauptmannes per Spende einstellt. Honi soit qui mal y pense.

Seit Jahr und Tag reden viele Freunde und Kollegen und auch ich vom Fehlen der Ausstellungskritik und erst recht der kritischen Auseinandersetzung. Geführt werden müßte sie von und in den Medien, von den einschlägigen, museumsaffinen Wissenschaften, namentlich der Historikerzunft und last but not least von den Museen und MuseumsmitarbeiterInnen selbst. Meine lange Berufserfahrung sagt dazu: Never. Vergleichsweise etwa zur Literatur-, Theater- oder gar Filmkritik ist Ausstellungs(Museumsk)kritik quantitativ und qualitativ völlig unterentwickelt, die Historikerzunft ist abwesend und - schlimmer noch -, erklärt sich angesichts einer innerwissenschftlichen Kultur des Konsenses und der Mauschelei wie der institutionellen und politischen Abhängigkeiten eingestandenermaßen für nicht willens tätig zu werden. Und in den Museen gilt Kritik von Außen als empörend und störend und von Innen als eine Art von Landesverrat. Museen, genauer gesagt LeiterInnen von Museen, ahnen nicht, welche enorme Ressource (Selbst)Kritik-Fähigkeit ist!

Deshalb ist Roman Sandgrubers Ansatz, Kriterien der Museums- und Ausstellungskritik zu entwickeln, sehr verdienstvoll. Sein Text ist umfassend, am Beispiel sehr schön entwickelt, einleuchtend und scharf. Von so etwas braucht es mehr, viel, viel mehr. Ist das jetzt ein Anfang? Wird der Oberösterreichische Museumsbund unter seinem Präsidenten Roman Sandgruber (etwa mit Diskussionsveranstaltungen, Coaching, Tagungen, Forschungen und Forschungaufträgen etc. etc.) aktiv, oder gar, nicht auszudenken, gar der Österreichische Museumsverband oder ICOM Österreich in dieser Frage aktiv. Das wäre wunderbar!


rot & weiss (Entrée 161)


Einladend, was...?



Sonntag, 25. August 2019

Gibts auch andere...? (Texte im Museum 924)


Glückliche Schweiz (Texte im Museum 923)

Glückliche Schweiz! Die neue Dauerausstellng zur Geschichte der Schweiz benötigt nur zwölf Zeilen fürs 20.Jahrhundert

Huldigung (Texte im Museum 922)

Dieser Text steht für viele aus Kunstmuseen. Es ist ein als Verpflichtung zur Würdigung angelegter Text, der von uns, ehe wir uns ein Urteil selbst an Hand der ausgestellten Werke haben bilden können, zu Anerkennung, Würdigung anmahnt. Solche Texte beginnen meistens mit einer apodiktischen Platzierung der Künstlerin/des Künstlers möglichst hoch oben on der Hierarchie des Kunstkanons. "August Walla ist einer der bedeutendsten Künstler des 20.Jahrhunderts" las ich unlängst in der Art Brut-Galerie in Klosterneuburg Gugging.

Hier ist es "eine der renommiertesten Künstlerinnen der Gegenwart". Sie hat sich mit vielem ("facettenreiches Werk") beschäftigt, darunter mit Themen, die man sich anspruchsvoller kaum vorstellen kann, "Tod, Verwundung, Heilung, Sexualität, ...Mensch und Umwelt...Identität...Mythologie...religiöse Vorstellungen", kurzum "die conditio humana. Dabei gilt es, die Künstlerin/den Künstler möglichst als innovativ, mutig, tabubrechend, grenzüberschreitend usf. zu stilisieren. "Ohne Scheu vor Tabus, Peinlichkeit und Grenzen der Scham..." heißt das hier. überdurchschnittliches Engagement muß nicht nur innerhalb der künstlerischen Arbeit ausgewiesen werden, es kann, wenn man eine entsprechende Resonanz durchs Publikum erwartet werden kann (das kommt ganz aufs Museum an), auch politisches oder soziales Engagement zum Vorteil gereichen, hier etwa die Auseinandersetzung "unter dem Eindruck des brisanten wandels der politischen, sozialen und kulturellen Bedingungen", inklusive der Erwähnung nicht einfach von "HIV/AIDS", sondern des "Diskurses" darüber - damit d a s Schlüsselwort des kuratorischen New-Speaks auch noch platziert werden kann.

Meist versichert man uns, daß die Betreffenden das ideal ungebrochener personaler Identität aufrecht erhalten hätten, meistens in der Wendung sich treu geblieben zu sein. Wobei auch das Gegenteil, nicht selten direkt nebeneinander, auch eine Auszeichnung darstellt, nämlich einen Bruch vollzogen zu haben, also ein lebensgeschichtliches Risiko eingegangen zu sein. Für Kiki Smith muß hier genügen eine "faszinierende Entwicklung der künstlerischen Praxis. Als Zugabe wird nun auch noch aufgezählt, in wie vielen Medien die Artistin zu Hause ist, "Skulpturen, Radierungen, Bücher, Video, Gips, Bronze, Glas, Bienenwachs, Stoff...usw. usw.

In einem kurzen Werbetext für Facebook weiß Belvedere 21 (die Texte sind besonders ergiebig fpür meine "Studien": "Bonvicini arbeitet medienübergreifend mit Installation, Skulptur, Zeichnung, Video und Fotografie. In ihrer künstlerischen Praxis gilt sie als direkt, schonungslos und politisch."

Es sind Werbe-, Marketingtexte. Es geht kaum um Information, die uns hilft, das Werk und einzelne Werke in der Ausstellung besser zu verstehen oder, wie das mit einem Lieblingswort des deutschen Nachrichtenfernsehens heißt, "einzuordnen". Solche Texte tendieren dazu, uns von eigner wahrnehmung abzuschneiden (selbstverständlich kann man sie ignorieren). Wichtig ist den Verfassern solocher Texte über die Würdigungsverpflichtung hinaus die Institution ins rechte Licht zu rücken - als den Ort, der uns den Genuß der Begegnung mit einem außergewöhnlichen Künstler/einer außergewöhnlichen Künstlerin verschafft. Zu guter letzt erfahren wir aus dem Text, daß wir uns in der "bisher größten Überblicksschau zu Kikis Smith Werk in Europa" befinden. 

Das Museumsshopmuseum

Tatsächlich habe ich noch nie verstanden, warum Leute überhaupt in Museen gehen, denn fast immer ist die Luft dort sehr schlecht und man wird in kürzester Zeit wahnsinnig müde und häufig sind die Museums­besucher, die man in den Museen besichtigen kann, sehr viel weniger hübsch als die dort ausgestellten Objekte. Das heißt aber nicht, dass ich aus Prinzip keine Museumsgebäude betreten würde, ganz im Gegenteil, denn ich gehe unheimlich gerne in Museumsshops, und ein Museum, das ich garantiert besuchen würde, wenn es so eines gäbe, wäre ein Museum der Museumsshops, also ein Museum, in dem die originellsten Museumsshops der letzten Jahrzehnte konserviert werden.
Man könnte in den Museumsshops, die in diesem Museum der Museums­shops ausgestellt wären, natürlich nichts kaufen, aber so wie man am Ende der Ikea-Möbelausstellung unweigerlich zur Selbstbedienungshalle und den Hot Dogs gerät, so müsste man am Ende des Museums der Museumsshops unweigerlich auf einen Museumsshop stoßen, der nicht nur alle bis dahin besichtigten Museumsshops toppt, sondern in dem darüber hinaus auch irgendwelche Artefakte käuflich erworben werden können, das wäre doch epochal!

Gefunden in: Der Umblätterer. In der Halbwelt des Feuilletons

Von allem etwas (Texte im Museum 921)


Wie dumm dürfen Museen sein? (Seitensprünge 19)