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Montag, 17. Januar 2011

Die sogenannte Federkrone des Montezuma. Eine Restitution auf Zeit?

Hello Austria!

I'm mexican, and of course we want it back, it's very important to us.

I really hope to see the "Penacho de Moctezuma" in México, where it belongs.



Never!
You shot our Emperor....forget it!


Leserreaktion und Antwort im Online-Standard zur Meldung,
die sogenannte Federkrone des Montezuma würde möglicherweise auf Zeit verleihen.


Die Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums hat angedeutet, daß es zu einer befristeten Ausleihe der so genannten Federkrone des Montezuma kommen könnte. Vorsichtig und diplomatisch läßt sie sich mit dem Hinweis auf die Überprüfung auf den Zustand des Objekts eine definitive Entscheidung offen. Aber es gibt Verhandlungen mit Mexiko und es ist die Rede von zwei - ebenfalls befristeten - 'Gegengaben', einem altmexikanischen Federschild und der Kutsche Maximilian I. Vermutlich nicht zufällig relativ kurz nach der Demission des Direktor des Völkerkundemuseums kann dessen als interimistische Leiterin fungierende Generaldirektorin diesen Schritt setzen.

Die Federkrone ist kein Objekt offizieller Rückgabeforderungen. Aber als ein seltenes und kostbares Objekt, das es erst durch die Zerstörungen abertausender Objekte im Zuge der europäischen Eroberung und später auch durch achtloses Sammeln und Musealisieren geworden ist, ist es für Mexiko und vor allem dessen indigen geprägte Identität von großer Bedeutung.

Das Völkerkundemuseum hat durch eine unglückliche Politik die Federkrone immer wieder ins Gespräch gebracht. Ansprüche wurden abgewiesen, wegargumentiert und gelegentlich sogar lächerlich gemacht und auch die sehr merkwürdige 'Doppelstrategie', den Kopfschmuck eines Priesters als Federkrone zu vermarkten, während sorgfältige hauseigene Forschung das längst widerlegt hatte, nahm sich recht merkwürdig aus.

Zu einem breit wahrgenommenen Thema wurde die so genannte Federkrone, als Bundespräsident Thomas Klestil die Rückgabe ankündigte, möglicherweise schlecht oder gar nicht beraten. Die aufflammende Verlegenheit und Peinlichkeit der Situation - kulturbeflissen patriotische Museumsleute wollten sich gegen die Rückgabe stemmen, konnten aber nicht die von höchster politischer Stelle angekündigte Rückgabe wie bis dahin einfach ignorieren -, mündete in einige bemerkenswert akrobatische Relativierungen und Rückzugsgefechte.

Ich habe mich damals für diese Debatte und dann für die - gut erforschte aber lückenhafte - Überlieferungsgeschichte interessiert, für die Umgangspraktiken mit "Raubkunst" (das war noch vor der NS-Raubkunstdebatte, die dann ihrerseits auch in die Rückgabedebatten a la Federkrone eine andere Dynamik bringen sollte) und sogar ein schmales Buch dazu publiziert. "...das Opfer von ein paar Federn". Die so genannte Federkrone Montezumas als Objekt nationaler und musealer Begehrlichkeiten. (Ist vergriffen, vielleicht hortet der Verlag Turia & Kant noch ein paar Exemplare...).

Ob die am Schluß des Buches geäußerte Hoffnung auf Abkehr von juridisch-politischer Unbeweglichkeit hin zu museologischer Kreativität - ich habe an Kooperationen auch an befristeten Abtausch von Ausstellungen gedacht -, nun erfüllt ist, bleibt dahingestellt. Denn was man sich auf österreichischer Seite so sehnlich wünscht, ist ein ziemlich kurioses Objekt, weit davon entfernt jene komplexe Bedeutung zu haben, die die Federkrone historisch, politisch, kulturell für Mexiko hat. Die goldene Kutsche Kaiser Maximilian I. soll es werden, was "wir" (in der Wagenburg in Schönbrunn) dann (einige Zeit) bewundern dürfen.

Die sogenannte Federkrone des Montezuma könnte nun also nach Mexiko kommen, wo sie als ein common object in einer komplexen und widersprüchlichen nationalen Identitätskonstruktion eine ganz andere Funktion hätte als als Schauobjekt und Touristenmagnet.

Der Schritt der Generaldirektorin kommt überraschend und er ist erfreulich. Es ist eine bemerkenswerte Geste gegenüber Mexiko aber auch als Zeichen einer veränderten Wahrnehmung der Verantwortung eines Museums gegenüber den komplizierten und schwierigen Fragen der 'globalen Restitution'.

Der Schritt kommt vielleicht auch zustande und wird vielleicht erleichtert durch den Umstand, daß die 'Federkrone' (unverständlicherweise) schon lange nicht mehr im Völkerkundemuseum ausgestellt ist und angesichts der unklaren Zukunft des Museums seine Dauerausstellung betreffend wohl auch so bald nicht ausgestellt werden dürfte.

Donnerstag, 15. November 2012

Die sogenannte Federkrone Montezumas. Unschuldskomödien um ein fragwürdiges Objekt

"Mexiko will Montezumas Federkrone nur ausborgen", beruhigte uns Barbara Petsch gleich mit der Schlagzeile eines Artikels der im Jänner 2011 erschien. Damals hatte es ja noch geheissen, daß man an eine Ausleihe auf Zeit denken könne, aber nur dann, wenn es keine konservatorischen Bedenken gäbe, und man ahnte schon damals, weiles ja konservatorische Bedenken immer geben kann, daß das mit dem Herborgen nichts werden würde. Tatsächlich, wir erfahren nun, fast zwei Jahre später, daß das nichts wird. Die Federkrone ist zu fragil, ein Schiffstransport käme nicht in Frage und ein vibrationsfreier Flug sei nur mit einem etwa dreihunder Meter langem Flugzeug machbar (sic!).
Es natürlich blöd, wenn man voll des guten Willesn ist, daß ein solches Flugzeug nicht existiert. 76 Meter ist das längste Flugzeug derzeit, da wird es also noch dauern mit dem Verborgen.

Die Federkrone war schon bei ihrer "Wiederentdeckung" eine Ruine. Achtlos lag sie Jahrzehnte in einem Schrank des Naturhistorischen Museums und drohte zu Staub zu zerfallen, als jemand entdeckte, daß das ein ganz ungewöhnliches Objekt sein müsse. Noch war niemand in der Lage, es zweifelsfrei zu identifizieren und so wurde eine eingreifende Restaurierung, die partiell eine Neuanfertigung war, auf der Grundlage unsicherer, wie sich später herausstellte irriger Annahmen gemacht. Die Identifizierung als Kopfschmuck durch eine US-Forscherin gegen Ende des 19. Jahrhunderts ermöglichte dann die projektive Übertragung auf Montezuma.

Was nun? Also, stellen wir halt nach jahrelanger Pause die Federkrone wieder mal aus, in Wien, im Völkerkundemuseum, schließlich gehört er, wie auch der Kultursprecher der Grünen versichert, "uns". "Pracht und Passion" wird die Ausstellung heißen, in die der "Penacho" (eine neue Sparchregelung, die hilft, die Peinlichkeit zu umschiffen, wieviel Montetzuma denn nun wirklich an dem Objekt hängt - die richtige Antwort wäre: nichts, kein Funserl). Das mit der "Pracht" verstehe ich ja, aber welche "Passion" bitte?

Die Webseite des Völkerkundemuseums kündigt ihre Ausstellung mit Sätzen an, die zum Feinsten an Verdrehung gehören, was ich so im Zusammenhang mit der Federkrone gelesen ababe. "Steht der Federkopfschmuck tatsächlich in Verbindung mit dem legendären Aztekenfürsten Moctezuma," heißt es da "wie dies in Mexiko noch heute gerne behauptet wird? War er der Kopfschmuck eines Hohepriesters bei rituellen Handlungen? Wie und durch wen kam er wirklich nach Österreich? Dies sind nur einige von vielen Fragen, Mythen und Legenden, die sich um das kostbare Artefakt ranken."
Also einmal spekuliert man selbst noch immer, obwohl das längst, auch durch museumseigene Forschungen widerlegt ist, mit einer Verbindung des Objekts zu Montezuma. Gleichzeitig macht man aber dafür Mexiko verantwortlich, was angesichts des jahrzehntelangen Umgangs des Musuems mit der Herkunft des Exponats schon atemberaubend ist. Nicht zuletzt weil "Federkrone des Montezuma" so eine Art Marke war, mit der Museum reüssieren konnte, wurde damit immer wieder aufgewartet, wiewohl die Forschung das längst nicht mehr deckte. Wenn man nun die Verantwortung auf Mexiko schiebt, impliziert das auf paradoxe Weise, daß dies ja wahrheitswidrig sein könne. Dann würde Mexiko selbst für die Entwertung des Objekts als königlicher Kopfschmuck verantwortlich werden.

Damit belasse ich es mal. Vielleicht habe ich Gelegenheit die Ausstellung zu sehen. Dann mehr davon.

Gottfried Fliedl: "...Das Opfer von ein paar Federn". Die sogenannte Federkrone Montezumas als Objekt nationaler und musealer Begehrlichkeiten. Wien 2001, ISBN 3-85132-313-0.

Dienstag, 22. Oktober 2013

Hilfe! Uns gehen die Klimte aus!

Da gingen eben die Meldungen durch die Presse, die von einem privaten und geheimen Verkauf eines der Öffentlichkeit seit langem entzogenen Werkes Gustav Klimts raunten, dem Gemälde "Wasserschlangen", da kommt schon die nächste "Verlustmeldung", diesmal für den Beethovenfries.

Im ersten Fall hat eine hochbetagte Sammlerin das Werk zur Versteigerung gegeben und andere in eine Stiftung eingebracht, deren obskure Konstruktion Kopfschütteln hervorgerufen - der auf Lebenszeit bestellte Vorsitzende der Stiftung ist gleichzeitig Geschäftsführer des Leopold-Museums. Im zweiten Fall beanspruchen die Erben der Familie Lederer den Fries Klimts aufgrund merkwürdiger Erwerbsumstände (vgl. den Artikel in der taz vom 22.10.2013 - hier der Link) durch die Republik Österreich.

 Die Österreichische Galerie fürchtet nun um das leihweise überlassene, nun zum Bestand der Stiftung gehörende Gemälde "Die Braut". Und nun auch noch um den eigentlich nur als ephemere Dekoration gedachten, heute wie ein von den Medien wie ein Nationalkunstwerk betrachteten Beethoven-Fries.

Der Deal um den Fries fand seinerzeit noch unter Umständen statt, die heute angesichts gesetzlicher Regelungen und eines relativ unabhängigen Prüfungs- und Beratungsgremiums als überwunden gelten können. Über den Klimt-Fries wird also verhandelt werden. Die Wasserschlangen sind sicher pfutsch, wie der Standard glaubt zu wissen, in Richtung Emirat - als Käuferin gilt Sheikha Al-Mayassas, die Tochter des Emirs von Katar.

Ähnlich wie bei der "Federkrone" des Völkerkundlichen Museums, pardon, Weltmuseums, das zeitweilig, als dessen Rückgabe an Mexiko andiskutiert wurde, zum unverzichtbaren österreichische Identität verbürgenden Kulturgut stilisiert wurde, mutiert auch jetzt der Beethoven-Fries zum unverzichtbaren kulturellen Erbe des Landes.

Ungeachtet aller rechtlichen und ethischen Fragen könnte man sich ja auch mal von der possesitischen Obsession verabschieden, derzufolge der (materielle und örtliche Unverrückbarkeit heischende) Besitz einer Sache die Quintessenz der Kultiviertheit einer Nation ist. Verabschiedete man sich mal von dieser relativ primitiven Vorstellung von "besitzen" und erweiterte die Möglichkeiten um offenere, zeitlich begrenzte, sich wandelnde Umgangsweisen mit dem klulturellen Erbe, in der auch mal unbefangen über die künstlerische und historische Qualität eines Werkes wie des in der Sezession gezeigten Frieses befunden werden könnte, dann müssten nicht immer wieder Abendlands-Untergangs-Szenarien herbefantasiert werden. Und man könnte gelassener und moralisch unverfänglicher dafür Sorge tragen, daß sich der Kunstmarkt, wo es um öffentliche Interessen geht, nicht ganz nach den Logiken des globalisierten Kapitals folgenden Privatisierungsstrategien richtet.

Samstag, 16. Oktober 2010

Der Rücktritt des Direktors des Völkerkundemuseums. Eine Museumskrise der besonderen Art.

Nur einen Tag lang hielt sich die Meldung über den Rücktritt des Direktors des Völkerkundemuseums Wien, Christian Feest, in den Medien. Sein Vertrag sei „wegen Differenzen bezüglich der Zukunft des Museums einvernehmlich aufgelöst“ worden.
Der Rücktritt steht sicher in Zusammenhang mit der Entwicklung des Museums während der letzten Jahre. Unter dem Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums Wilfried Seipel wurde das Museum in das KHM eingegliedert (2001). Offiziell, weil es Einsparungspotential und Synergien gebe. Inofiziell wurde die Eingliederung als persönlicher Wunsch des KHM Generaldirektors gehandelt.
Das Völkerkundemuseum war jedenfalls nicht in der Lage, eine neue Dauerausstellung zu etablieren, nur eine Art Preview auf mehreren hundert Quadratmetern existiert. Die Highlights des Museums provisorisch zu zeigen, sei, so hört man aus dem Völkerkundemuseum, aus finanziellen Gründen vom KHM nicht genehmigt worden.
Inzwischen läuft ein Planungsprozess, der die Zusammenlegung des Völkerkundemuseums mit dem Volkskundemuseum vorsieht. Die Hypothek dieses Vorhabens ist, daß es nicht als strategische Erneuerung initiiert wurde, sondern aus einer fast ausweglos scheinenden Notlage des Volkskundemuseums. Der Bund zierte sich, das Museum zu retten, weil die Verantwortung bei einem Trägerverein liege. Selbstverständlich weiß jeder, daß das den Verein überfordert. Sich ganz aus der bisherigen Verantwortung zu ziehen, wäre blamabel gewesen, also kam man auf die Idee mit der Zusammenlegung.
Die Arbeitsgruppe, in der auch das KHM vertreten war, erarbeitete ein Konzept unter der weitgehend unbestrittenen Annahme, daß die fusionierten Museen wieder zu einem eigenständigen Bundesmuseum werden würden.
Im Zusammenhang mit dem Rücktritt von Feest versicherte die zuständige Ministerin sofort, daß - ich zitiere aus den Medien - ein neues Bundesmuseum nicht infrage käme. Nun ist aber das Völkerkundemuseum kein neues Museum, sondern eines, das vor einigen Jahren seine Selbständigkeit ohne zwingenden Grund verloren hat. Mir ist nicht bekannt, daß die Zusammenlegung je auf ihre - vor allem finanzielle Effizienz - hin evaluiert worden wäre. Es ist auch schwer vorstellbar, worin eigentlich Synergien zwischen dem Kunst- und dem Völkerkundemuseum in Hinblick auf Sammlung, Ausstellungen oder Forschung liegen sollen.
Die Haltung des Ministeriums, keinerlei zusätzliche Kosten in die Neuorientierung des Museums zu investieren und dem Museum seine ursprüngliche Selbständigkeit zurückzugeben, ist wohl der Anlass für Feests Demission - die in einigen Medien nicht als einvernehmlich, sondern als Schritt der Resignation oder des Protestes kolportiert wird.
Zuletzt hatten die beiden Direktoren Feest und Schindler (Volkskundemuseum) unmißverständlich gegen die sich abzeichnende Entwicklung protestiert: "Unter den vorgeschlagenen Rahmenbedingungen sind die angepeilten Ziele und die hohen Ansprüche (...) nicht zu erreichen (…) Es wäre unverantwortlich, der Öffentlichkeit ein ,Museum Neu' vorzuspiegeln, wo doch nur an die möglichst kostenneutrale ,Abwicklung' des ,Problems Volks- und Völkerkundemuseum' gedacht ist."
Der Rücktritt Feests bedroht vor allem das Volkskundemuseum, dessen Zukunft nun wieder ungewisser geworden ist. Betroffen ist damit ein unterschätztes Museum, dessen Dauerausstellung noch immer zum museologisch innovativsten gehört, was es in Museen in Wien zu sehen gibt und das eine ganze Reihe von thematisch, konzeptionell und gestalterisch bemerkenswerten Ausstellungen gemacht hat. Ausgerechnet ein Museum gering zu schätzen und auszuhungern, das aktiv an einer Neuorientierung schon lange gearbeitet hat, ist sehr bedauerlich.
Kompliziert wird die Situation dadurch, daß das Museum im Vergleich zu manch anderen europäischen Völkerkundemuseen und vor allem im Vergleich zur ethnologischen universitären Forschung einen - freundlich gesagt - konservativen Kurs hielt. Das Völkerkundemuseum geriet anlässlich mehrerer Ausstellungen in die Kritik, wobei immer wieder der Mangel an Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit neuen Prinzipien und Paradigmen der Ethnologie im Zentrum stand. Während etwa das Tropenmuseum in Amsterdam schon in den 60er-Jahren seine koloniale Vergangenheit abstreifte, und in einem ständigen Prozess auf der Suche nach zeitgemäßen Formen des Umgangs mit dem Fremden und dem und den Anderen ist, reagiert das Wiener Museum kaum auf solche Entwicklungen.
Bereits unter dem Vorgänger von Christian Feest betrieb das Museum eine Politik, z.B. im Zusammenhang mit den Rückgabeforderungen die sogenannte Federkrone Montezumas betreffend, die äußerst befremdlich war. Bei der großen Benin-Ausstellung wurde wohl die Grundlage des Vorhandenseins von Sammlungen in europäischen Museen dokumentiert, also die koloniale blutige Unterdrückungs- und Zerstörungspolitik und der dadurch mögliche Raubzug. Aber bezüglich der museologischen Implikationen der gewaltförmigen Herkunft der Sammlung zeigte sich das Museum ebenso ungeschickt wie im diplomatischen Umgang mit den heutigen afrikanischen Interessen.
Man muß deswegen auch skeptisch sein, daß vor dem Hintergrund dieser Ereignisse ausgerechnet das Völkerkundemuseum - im Verein mit dem Volkskundemuseum - Träger und Moderator einer neuen Museumsidee und eines neuen Museumstyps werden kann. Das in Diskussion befindliche Konzept ist zwar voll guter Absichten, die auf geduldigem Papier ausgebreitet werden, aber letztlich läuft es darauf hinaus, die Identität beider Häuser zu bewahren und eine Schnittstelle zwischen beiden Sammlungen zu schaffen.
Die Direktion des Völkerkundemuseums soll rasch ausgeschrieben werden und das unter der Regie des KHM. Wie soll jemand bereit sein unter derartigen Umständen und mit derartigen Vorgaben das Museum zu übernehmen, wie will man jemanden unter diesen Bedingungen finden, der dem Völkerkundemuseum und dem neuen Konstrukt eines Verbundmuseums neue Perspektiven eröffnet - ohne Budget, ohne Eigenständigkeit und ohne politischen Willen?
Wahrscheinlich will man das auch gar nicht.
"Museumskrise". Zum ersten Mal habe ich das Wort in einer österreichischen Zeitung entdeckt. Sogar als Überschrift einer Glosse. Zur Krise gehört aber auch die Kurzatmigkeit der Medien und die notorische Personalisierung ebenso, wie jene strukturellen Fragen, die darunter nicht mehr sichtbar werden. Seit ich mich mit einschlägigen Fragen beschäftige, ist immer "der Minister" das Zentrum an das appelliert wird oder das attackiert wird. Man übersieht, daß der Staat auch Museumspolitik nur treuhänderisch macht, aber schwerlich im gesellschaftlich luftleeren Raum agieren kann. Wenn weder die Museen selbst substantielle Diskurse zustandebringen, noch eine analoge zivilgesellschaftliche Debatte entsteht, bleibt nur das paternalistische Agieren des "Ministers". Museumspolitik kann letztlich nur allgemeine Rahmenbedingungen schaffen, aber mit Sinn und Inhalt gefüllt werden muss sie von den Museen selbst und den Communities, von denen sie getragen und unterstützt werden. 
Ein Blick nach Hamburg: die dort vom Senat beschlossen Schließung eines Museum mit etwa 70 Mitarbeitern, 300.000 Objekten und einer Geschichte von etwa 150 Jahren hat tausende Menschen auf die Straße gebracht, ist täglich Gegenstand auch überregionaler Medien, solidarisierte diverse Kulturinstitutionen in der Stadt und mobilisierte namhafte Persönlichkeiten, wie Jürgen Flimm, Werner Hofmann oder Helmut Schmidt, die sich als Bürger zu Wort melden. Zentraler Kritikpunkt: der Senat habe ohne jede Bürgerbeteiligung gehandelt.
Nichts, aber wirklich nichts davon, in Wien. Wo aber solche Öffentlichkeit komplett fehlt, hat die ministerielle Politik und haben auch sehr idiosynkratische Direktoren freie Bahn. Das Pochen von Museumsleitern auf Autonomie, legt diese Autonomie ziemlich mißverständlich aus, wenn man glaubt, damit auch das Publikum negieren zu können.
Das Völkerkundemuseum z.B. kommuniziert die Tatsache, daß die Schausammlung bis auf kleine Teile nicht zu sehen ist (seit Jahren) praktisch nicht. Das Besucherbuch ist voll von langen, gewichtigen Einträgen von enttäuschten, verärgerten oder empörten Besuchern. Bei Besuchen des Museums bin ich mehrmals zufälliger Zeuge von Szenen geworden, wo weitgereiste Besucher fassungslos nach der Sammlung fragten und ebenso fassungslos ein " das wissen wir nicht" zu hören bekamen, das sie auf die Frage, wann denn die Sammlungen wieder zu sehen sein würden, bekamen.
Auf der Internetseite kann ich keinerlei Hinweis auf diesen Umstand finden. Im Gegenteil, unter Sammlungen werden diese und ihre Highlights im Präsens gewürdigt und die Erwartung bedient, adß sie zu sehen sind. Man kann Infos über Preise, Schließzeiten zu Feiertagen, behindertengerechte Besuchsmöglichkeiten etc. finden, so viel ich sehe, keinen über den Umstand, daß es die Sammlungen fast ganz abgeräumt sind. 
Als mir das aufgefallen ist, habe ich zweimal ein höflich-fragendes Mail an die einschlägige für Besucher gedachte Adresse geschickt. Eine Reaktion gab es nicht.
Den Museen könnte eine solche Haltung noch einmal auf den Kopf fallen. So gewinnt mein keine Besucher und vor allem keine, die im Krisenfall zum Haus stehen und es unterstützen.

Mittwoch, 30. März 2011

Wien wartet mit einem Kulturskandal auf. Sagt die "taz". Und mit dabei: Das Jüdische Museum

Die heutige "taz" (hier der Link) ortet gleich mehrere "Kulturskandale" in Wien: Die Zerstörung der Hologramme im Jüdischen Museum, sozusagen als Aufmacher, die Ablehnung von Rückgabeforderungen Vermeers "Malkunst" betreffend und, damiot es ein Triple-Pack wird, noch "Montezumas Federkrone" dazugepackt.
Muß Journalismus schön sein! Hat zwar miteinander Null zu tun, gibt aber diese Schlagzeile:

Stark heruntergekommene Artefakte. Wien wartet mit einem Kulturskandal auf: Im Jüdischen Museum werden Hologramme zerdeppert und das Kunsthistorische Museum gibt Vermeer nicht her. (Ralf Leonhard ist der tollkühne Collagist).

 

Dienstag, 31. Juli 2012

Das Wiener Völkerkundemuseum. Was sein neuer Direktor so vorhat

Das Völkerkundemuseum in Wien hat viele Probleme. Es hat zu wenig Geld und es zeigt nur einen Bruchteil seiner Sammlung. Wichtige Sammlungen und Objekte sind schon seit vielen Jahren nicht mehr zu sehen. Eingegliedert in das Kunsthistorische Museum, hat das Museum offenbar einen nur eingeschränkten Handlungsspielraum.

Wer das Museum besucht, spürt, wie sehr das Museum gewissermaßen nur 'ausgedünnt' agieren kann, es gibt wenig Personal, aber auch wenige Besucher, viel Leere.

In dieser Situation wurde eine eigentümliche Bestellung vorgenommen. Steven Engelsmann, als Kurator und Direktor angesehener niederländischer Museen erfolgreich, wurde zum Direktor ernannt. Aber er steht am Ende seiner Karriere und wird, wie er selbst betont, 2017 das Museum wieder verlassen.

Signalisiert das nun Aufbruch oder abgeklärtes Verwalten?

Steven Engelsmann verspricht ein Konzept zum Ende dieses Jahres vorzustellen. Bis dahin kann man sich an einige Äußerungen in Pressekonferenzen halten. Etwa die, daß das Völkerkundemuseum das "unbekannteste Museum Wiens" sei.

Das mag überspitzt sein, drückt aber aus, daß das Museum wie auch das technische oder volkskundliche oder das kommunale historische alle unter der Dominanz der 'Kunst'Museen leiden. Auf sie konzentriert sich schon seit Jahrzehnten das Publikum, die mediale Aufmerksamkeit und die Politik. Und in der scheinbar unvermeidlichen Statistik der Museumsbesuche hat man stets die hinteren Plätze.

Die Antwort darauf, die Engelsmann gibt: das Museum muß unterhaltsamer, sichtbarer werden: „Das Wichtigste ist, dass sich der Besucher nicht langweilt, sondern etwas von den Ausstellungen hat“. Er brauche einen Experten, „der weiß, wie man ein Besuchererlebnis moderieren kann“ und einen fürs „Branding“, für eine neue Positionierung des Museums.

Als Einzelmaßnahmen nannte der Direktor unlängst als "unglaublich wichtig" einen Gastronomiebereich, mit dem, ich zitiere aus dem KURIER, "ein ganz anderes Museum" entstünde und 'optische Locksignale' wie "einen riesigen goldenen Buddha".

Zu einer über Branding angestrebten Neupositionierung gehört offenbar für Museen immer auch eine Namensänderung. Also soll auch der des Völkerkundemuseums geändert werden, denn der derzeitige sei zu "kompliziert". Er überlege als neue Bezeichnungen etwa "Der Kaiser und die Weite Welt" oder "Die Internationale Schatzkammer Österreichs".

Beide Vorschläge sind merkwürdig. Die Internationalität eines Völkerkundemuseums ist nicht bloß ein beliebiges Etikett (welches Völkerkundemuseum ist eigentlich nicht international?), sondern spielt mit dem, was an ihm wesentlich - und problematisch - ist. Mit dem Anderen und Fremden, das einem ja nicht so ohne weiteres als Verdienst in den Schoß gefallen ist, das man marketingtechnisch auswringen kann, sondern das unter oft gewaltförmigen Bedingungen, im Kontext wirtschaftlicher, politischer Überlegenheit, also auch unter rassistischen und kolonialen Bedingungen ‘angeeignet‘ wurde.

Aber das Fremde ist auch das, wesewegen es das Museum gibt und weswegen wir hingehen. Kein anderes Museum ist so sehr, um einen Satz von Peter Sloterdijk in Erinnerung zu rufen, Schule des Befremdens, wie ein ethnologisches. Das Museum entscheidet über die Beziehung mit, die wir zum Fremden eingehen können und repräsentiert selbst einen bestimmte Beziehung.

Genau dort liegt aber das wichtigste aller Probleme die das (und nicht nur dieses) Wiener Völkerkundemuseum hat. Seine Arbeit ist von vielen Widersprüchen geprägt, von patrimonialen Elementen, wissenschaftlicher Distanziertheit, die oft ihrer Vorurteile nicht gewahr wird, von Gedankenlosigkeit - etwa im Umgang mit human remains, der eigensinnigen Medialität von Objekten, zum Beispiel der Fotografie. Die Disziplin Ethnologie scheint oft viel reflektierter und differenzierter, als das das, was man in Ausstellungen des Hauses sehen kann und man fragt sich, warum so wenig von den Debatten um diesen Museumstyp - etwa die, die in den Niederlanden, der Heimat des neuen Direktors -, geführt wurden und werden, eine Wirkung zeigt.

Für ein  Schlüsselobjekt, das die Dialektik von Eigenem und Fremden auf immer schon komplexe Weise spiegelte, hat der neue Direktor neue Ideen. War die sogenannte Federkrone Montezumas ein lange Zeit bezüglich der Restituierbarkeit umstrittenes Objekt, das das Museum gegen alle einschlägigen Anmutungen verteidigte, so werde, teilt uns der Direktor mit, nun ,geprüft‘. Eine zeitlich befristete Leihgabe scheint denkbar, aber das Objekt sei nun mal sehr fragil. Falls es nicht ,verreisen‘ könne, werde man es über eine Online-Verbindung ins Museum für Anthropologie in Mexiko City übertragen. Seltsam, diese Bereitwilligkeit, einen virtuellen Ersatz umstandslos mit einem unikalen Objekt gleichzusetzen und damit Mexiko zufriedenstellen zu wollen.

Der zweite Vorschlag für einen geänderten Namen, "Der Kaiser und die Weite Welt", ist ebenfalls höchst fragwürdig. Zwar stammt ein wesentlicher Teil der Sammlungen aus der Zeit des Habsburgerreiches, aber Museumsbesitz war nicht per se Privatbesitz eines Kaisers, außerdem ist das Museum erst 1928 entstanden, also in der Ersten Republik, der Zeit einer ambitionierten aber gescheiterten Museumsreform. Und „Weite Welt“ ist eine reichlich flapsig-beliebige Variante von ,international‘.

Was in den Äußerungen von Steven Engelsmann fehlt, sind inhaltliche und strategische Äußerungen. Wofür soll das Museum seiner Meineung nach stehen, welche Schwerpunkte soll es setzen, wie soll es gegenüber welchem Publikum agieren?

Es scheint nichts schwieriger, als von Wiener Museumsverantwortlichen zu diesen Fragen eine Antwort zu bekommen.