Montag, 18. März 2013

Fundsache "Brus-Häferl" vom Grazer Adventmarkt



Das vollendete Universalmuseum

Vor wenigen Tagen wurde das Naturkundemuseum des Universalmuseum Joanneum wiedereröffnet. Mit der Neuaufstellung einer der ältesten Abteilungen des Landesmuseums wurde der letzte Schritt gemacht, der mit dem organisatorischen und rechtlichen Revirement 2003 begonnen hat und nach und nach fast alle wesentlichen Sammlungen und Abteilungen umfasste.
Ursprünglich sollte das Naturkundemuseum mit dem Jubiläum von 2011 und der Eröffnung des sogenannten Joanneumsviertels erfolgen, aber die von der Landesregierung eingeforderten Einsparungen haben die Eröffnung verzögert. Nun gibt es also die jüngste der erneuerten Kernsammlungen wieder zu sehen und damit wird auch der erste Standort des Museums Raubergasse 10 wieder "bespielt".
Wenn in wenigen Wochen das Vorarlberger Landesmuseum, um einen Zubau erweitert, eröffnet werden wird, dann haben alle österreichischen Landesmuseen tiefgreifende Erneuerungen hinter sich gebracht, mit zwei Ausnahmen, das Wien Museum zeigt noch immer seine alte Dauerausstellung und man hat schon lange nichts mehr von der Entscheidung zum Standort des Museums gehört, die ja im Dezember 2012 hätte fallen sollen. Und das Kärtner Landesmuseums hatte zuletzt mit "Überlebensproblemen" insofern gekämpft, als der beklagenswerte Zustand der Depots bekannt wurde. Hier scheint man von einer nachholenden Erneuerung zuletzt weit entfernt gewesen zu sein. Aber wer weiß, vielleicht bringen die neuen politischen Verhältnisse Bewegung in die Entwicklung des Museums.

Freitag, 15. März 2013

Werner Hofmann. Ohne Nachruf

In den letzten Wochen hatte ich den Eindruck, daß die - zumal Wiener - Kunst- und Kulturkritik völlig am Abdanken ist. Die Lust-, Interesse- und Kompetenzlosigkeit angesichts der Eröffnung der Kunstkammer im Kunsthistorischen Museums bildete einen gespenstischen Kontrast zum Medienhype, den das Museum um die Eröffnung gemacht hatte. Matthias Dusini, der mehrfach versucht hatte, kritische Auseiandersetzungen mit Grundfragen der Wiener Museen, etwa zum Völkerkundemuseum, zu initiieren, lieferte zu Albertina-Schröder eine Art Home-Story, die man kaum anders als völlige Resignation vor der selbstgestellten Aufgabe verstehen kann.
Und nun druckt das bürgerliche Intelligenzblatt Die Presse zu Werner Hofmanns Tod die APA-Meldung nach und der Standard auch, gezeichnet aber mit Thomas Trenkler, und macht Hofmann zum Gründunsdirektor des MUMOK, was Missverständnisse stiftender blanker Unsinn gleich in mehrfacher Hinsicht ist.
Ach was! Hofmann lag quer zu allem was in Wien kunsthistorisch und museologisch so zugange war und ist und so blieb er ab und zu höflich geladener Gast, als Akteur oder Berater wollteihn hier niemand. "Wienerisch-verbindlich im Tonfall, französisch in der Clarté seiner Gedanken, deutsch – wenn man so will – in der unbedingten Disziplin seiner Arbeit" nennt ihn der Tagesspiegel, und möglicherweise ist das der Grund, warum ihn die Wiener Presse mit Instant-Texten lieber totschlägt, als sich mit ihm auseinanderzusetzen.

Zu den in Deutschland und der Schweiz erschienenen Würdigungen siehe den Post "Nachrufe, nachbarlich" hier.

Mittwoch, 13. März 2013

Innenansichten eines Museums. Der Rechnungshofbericht zum Museum fürAngewandte Kunst Wien

Rechnungshofberichte zu lesen ist nicht jedermanns Sache. Die literarische Unergiebigkeit ist die Kehrseite ihrer besonderen Qualität: pedantische und akribische Notation. Wer es schafft, sich dieser Textsorte anzuvertrauen, kann einem museologisch ergiebigen Text begegnen, wie im Fall des nun im Volltext im Internet verfügbaren Berichtes zum Museum für Angewandte Kunst in Wien unter der Direktion von Peter Noever. (http://www.rechnungshof.gv.at/fileadmin/downloads/2013/berichte/teilberichte/bund/Bund_2013_02/Bund_2013_02_2.pdf).
Wer es durchhält, an einem Text wie an einem strohtrockenen Knäckebrot zu kauen, wird dann eben nicht nur die sattsam bekannten persönlichen Anwürfe vorfinden, sondern Informationen, die in die Untiefen der Organisation und ihrer Verwaltung durch das Ministerium und den Aufsichtsrat des Museums führen. Da zeigt sich, daß es gespenstisch unprofessionell zugehen kann, daß möglicherweise manchmal auch mit Absicht etwas übersehen oder stillschweigend geduldet wird, selbst wenn es mit Gesetzen und Regelungen nicht so ohne weiteres vereinbar ist. Hier hat man also Stoff genug, nicht nur einzelne Fehlleistungen zu finden, die sich schön skandalisieren lassen wie "Direktor feiert Muttertag auf Kosten des Hauses", sondern Schwächen der Konstruktion, der Trägerschaft, der Aufsicht.
Unter den vielen Informationen fand ich die besonders erstaunlich, die ein Versagen gerade dort dokumentieren, wo man die Stärke gerade dieses Museumskonzepts, wie es uns weisgemacht wurde, vermutet hätte, bei der Verwaltung der Gelder, der Effizienz der Verwaltung, der Medienarbeit oder der Acquirierung von Drittmitteln und Kooptierung von Partnern. Daß das MAK etwa nie ein Sponsoringkonzept besessen hat (und sein Eigendeckungsgrad zeitweiße ins Bodenlose abgesackt ist) ist doch erstaunlicher, als festzustellen, daß es nie ein Sammlungs- und Inventarierungskonzept hatte, oder?
Müßig anzumerken, daß es inhaltlich ohnehin nie so etwas wie ein Konzept gegeben hat, allerdings hält sich da der Rechnungshof nobel zurück, denn das würde vermutlich seine selbstgesteckten Grenzen sprengen. Da müssten die Medien einspringen. Aber die klauben sich die Rosinen für eine kurzlebige Alarmierung heraus und dann sinken alle wieder zurück in ihre Routinen.

Freitag, 8. März 2013

Entrée 99


Die Reichsten (Texte im Museum 388)

Ausstellung "In Arbeit". Technisches Museum Wien (Foto: GF, 2013)

Verpackungskünste. Das Grazer Volkskundemuseum übt den Ausbruch

Der Trachtensaal, wie er bis vor kurzem aussah
In der Ausstellung des Grazer Volkskundemuseums "Dirndl, Jeans und Seidenstrumpf" gibt es einen Text mit der Überschrift "Abschied von der Tracht." Was in der Ausstellung bloß theoretische Reflexion über aktuelle Entwicklungen ist, hat man im Obergeschoss der Dauerausstellung in Form einer zeitlich begrenzten Intervention in die Praxis umgesetzt.
;Man hat sich verabschiedet, durch wegpacken. Die Vitrinen mit den Trachtenfigurinen der 30er-Jahre sind - nahezu - verschwunden, hinter - Trachtenstoffen. Ein paar Fenster geben den Blick frei auf Bruchstücke, einige von ihnen mit applizierten Zitaten aus höchst unterschiedlichen Zeiten und aus ebenso unterschiedlichen ideologischen Kontexten.

Der verhüllte Trachtensaal

Beim ersten Anblick des so überraschenden Raumeindrucks wirkte das wie eine Befreiung. Die klobigen, ungeschlachten, buchstäblich und metaphorisch 'hölzernen' Figuren mit ihrer oft groben Kleidung, die dicht gestellten Vitrinen, in denen sich die Figuren zusammendrängen mussten, das allein wirkte schon immer unangenehm.
Dazu musste man noch nicht einmal wissen, daß dieser sogenannte Trachtensaal eine genuine Schöpfung staändestaatlicher Ästhetik und Wissenschaft ist. Protegiert vom damaligen Landeshauptmann Karl Maria Stepan, der seit 1934 Bundesleiter der Vaterländischen Front war, konnte der mit ihm persönlich befreundete, deutschnational-katholische Leiter des Volkskundemuseums, Viktor von Geramb, sich einen Traum erfüllen.
Was im aktuellen Begleittext im Museum als "neue Sachlichkeit" bezeichnet wird ist nichts weniger als das, es Ausdruck eines von Geramb immer wieder auffallend bellizistisch vorgetragenen pädagogischen Sendungsbewußtseins.
Im kleinen Musuemsführer von 1931 schreibt er unter anderem: "...für die Heimat und ihre Kultur zu leben, muß nun unsere heiligste Pflicht sein. In der Wahrung des guten Geistes der Heimat und ihrer gesunden Eigenart, in der Förderung, Verwertung und Vermittlung heimischer Sitten, Trachten und heimatlicher Kunst, in der liebevollen Pflege aller bodenständigen Werte und im heißen Kampfe gegen das Eindringen zerstörender, volksfremder Gifte wird wohl die ersten und wichtigste Aufgabe unserer Zeit zu sehen sein.“

Dem allem einfach etwas überzustülpen hat schon Witz und man kann es wohlwollend als ersten Probelauf deuten, sich von der Hypothek einer das Museum stark prägenden Geschichte langsam zu entlasten. Auch die erwähnte kleine Ausstellung hat manche Züge einer solchen befreienden Fingerübung.
Viktor Geramb im Kreis seiner Schülerinnen, wie die einschlägige Beschriftung festhält

Verhüllen ist noch nicht bearbeiten, aufarbeiten, und wenn der Stoff wieder von den Vtrinen gezogen wird, dann bleibt ein bislang merkwürdig heimlich-unheimliches Erbe zurück, dem man bis jetzt glaubte treu bleiben zu müssen. 
Doch die Geste ist stark und witzig, und mit Witz kann man mich immer überrumpeln, und auch optimistisch stimmen, daß etwas in Bewegung geraten ist...

Ein gutes Museum (Texte im Museum 387)


Der immer noch sterbende Kaiser. Maximilian von Mexico, ausgestellt

Als Schulkind war ich ein veritabler Maximilian von Mexico - Experte. Ich hatte nämlich alle fünf Bände des Kolportageromans gelesen, der ursprünglich Waldröschen hieß und dessen Autor sich Capitain Ramon Diaz de la Escosura nannte. In der Buchhandlung meiner Kindheit, in der ich nach und nach Schloß Rodriganda, Die Pyramide des Sonnengottes, Benito Juarez, Trapper Geierschnabel und endlich Der sterbende Kaiser (das war Maximilian) um einige Groschen entlehnte, wurden die Bände freilich unter dem Namen des wirklichen Autors entliehen - Karl May.


Mein Expertentum verblasste, Kolportageromane des 19. Jahrhunderts vermögen offenbar bei mir kein nachhaltiges Geschichtsbewußtsein zu stiften. An den Inhalt habe ich keinerlei Erinnerung mehr, aber Wikipedia, dieses supranationale Großgedächtnis ließ einige Gedächtnissplitter wieder aufblitzen: An Karl Sternau, den Namen des Arztes aus Deutschland erinnerte ich mich, der den spanischen Grafen Emanuel de Rodriganda heilen und dessen Tochter Rosa heiraten soll, was aber vom ruchlosen Schurken Cortejo beinahe vereitelt wird indem er Sternau in Mexiko in eine Pyramide einsperrt. Zuvor hatte er seinen eigenen Sohn gegen den Erben des Grafen ausgetauscht, um Rodriganda in seine Hand zu bekommen. Es geht klarerweise alles gut aus - bis auf den leidigen Umstand, daß der Kaiser erschossen wird.
 
Diese Geschichte ist auch ein Kolportageroman, denn daß sich die Europäischen Großmächte (mit Ausnahme Frankreichs, das die Idee dazu lieferte) und vor allem Mexico selbst mit der Idee anfreunden könnten, daß ein Mitglied des österreichischen Herrscherhauses mal rasch mit einem Schiff übersetzt um dort drüben in Südamerika Kaiser zu werden, das konnte doch nicht mal Maximilian selbst ernsthaft glauben. Hat er aber. Aber nur kurz.
Mexico war ein selbständiges und selbstbewusstes Land, das einen beliebten Präsidenten hatte, der die Politik der Unabhängigkeit gegenüber Europa energisch vorantrieb (erinnert ja an was, oder?). Also, lange hat das nicht gedauert, das mit dem Kaisertum. Maximilian wurde verhaftet, vor Gericht gestellt, verurteilt und erschossen. Mit einem Schiff nach Österreich gebracht und in der Kapuzinergruft beigesetzt.

Und? Nun, er ist ausstellungstauglich geworden. Und das Hofmobiliendepot oder auch Möbel Museum Wien genannt, das so manches Relikt dieses Maximilian besitzt (sein Sombrero hatte es mir schon immer angetan, schon als er nur ein beiläufig abgelegtes Depotobjekt und anderen war) zeigt eine Ausstellung, noch bis zum 18. August dieses Jahres. Samt zerschossenem Rock und richtigem Sarg,
Und wenn Edouard Manet nicht ein weltberühmtes Bild von der Erschießung gemalt hätte, wer weiß, wer sich noch an Maximilian erinnerte? Karl Mays Kolportagen liest wohl niemnd mehr.

Sonntag, 3. März 2013

Was will uns dieses sagen? (Texte im (am) Museum 385)

Volkskundemuseum Graz (2013)

Böse! Gut! Museen im Umgang mit ihren Besuchern

Direkt neben einer Schranke, an der auch noch eine zusätzliche persönliche Kontrolle stattfindet (sehr freundlich) hängt die Hausordnung, eine 15 Punkte umfassende Auflistung von Verboten, in einem, nun sagen wir, ganz schön strengen Ton formuliert und mit erstaunlichem Inhalt (Videoüberwachung z.B.). Gott kam mit zehn Geboten aus, das TMW benötigt fünfzehn für zur Prävention der Besucher-Todsünden. Zwei Plastikküberln nehmen die Schirme auf, eine Uhr zeigt vermutlich an, wie weit es noch bis zum Verlassen des Museums hin ist (Assoziation: Stechuhr). Eine Schengengrenze, die klar das Foyer vom Museum trennt, in dem vor allem eins zu herrschen hat: Ordnung. Am Pult, an dem die die Eintrittskarten kontrollierende Person steht (etwa drei Meter von der Kassa entfernt) dan noch ein Verbotsschild (keine Rucksäcke!) prangt. BÖSE! (Technisches Museum Wien)


Höflichkeit ist eine Zier. Es wird um Verständnis für diverse Anweisungen, Ge- und Verbote geworben. Zweisprachig. Es geht ums ungestörte Ausstellungserlebnis. Minus: zuviel Aufwand, Kinder unter Generalverdacht der Störanfälligkeit zu stellen. Da könnte man sich eine große Scheibe an englischen, schottischen oder niederländischen Museen abschauen. Hier ist nicht von Ordnung, sondern von Regeln die Rede und der Anschlag hat auch nicht die Dimension einer Werbefläche (wie im TMW) und drängt sich nicht in das Niemandsland zwischen Foyer und Ausstellung, sondern hängt ganz friedlich an einer Wand, direkt neben einer Orientierungstafel. Und am Schluß noch mal eine persönliche, freundliche Ansprache. GUT! (Universalmuseum Joanneum Graz / Joanneumsviertel)

Ich war hier! (Texte im Museum 384)

Volkskundemuseum Graz (2013)

Samstag, 2. März 2013

Großstädtisches Heimatmuseum

Alle reden über die Kunstkammer (des Wiener Kunsthistorischen Museums). Alle? Nein. Der Standard widmet eine halbe Seite seiner Wochenendausgabe einem Wiener Bezirksmuseum. Dem ältesten. Dem Meidlinger. Hier: http://derstandard.at/1362107189036/Im-aeltesten-Bezirksmuseum-Wien-in-Meidling-wird-Geschichte-konserviert