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Samstag, 24. Juni 2023

Die überschaubaren Folgen der Bührle-Debatte für das Kunsthaus in Zürich

Die Debatten um die Sammlung des Waffenhändlers Bührle, die im Neubau des Zürchcher Kunsthauses sozusagen in Gold gewickelt präsentiert wird, hat nun doch Konsequenzen. Die neue Leiterin, erst einige Monate im Amt, leitet eine Wende in der Restitutionsrecherche ein und läßt erst einmal auf die bislang von der Bührle-Stiftung gepflegte Unterscheidung von Fluchtkunst und Raubkunst verzichten. Noch wichtiger ist die angekündigte Neuaufstellung, bei der ein historischer Kontext der Werke und des Schicksal ehemaliger Eigentümerinnen einbezogen werden.

Indes hat die Direktorin eine ungewöhnliche schwache Position gegenüber der Trägerschaft des Kunsthauses, der Stadt und dem Kanton. Und „Polyphonie und Dialog“ als Motto der Neuaufstellungen klingen nun auch nicht grade scharfkantig.

Offen bleibt die Grundfrage: warum die Kulturpolitik von Stadt, Kanton und Land derart massiv auf das „Erbe“ eines nach allem was man wissen kann äußerst skrupellosen Geschäftsmannes setzt.


 

Samstag, 4. Februar 2023

Museum der verlorenen Generation (Ein Museum)

Vor fünf Jahren wurden am 6. Oktober 2017 die erste Ausstellung „Wir haben uns lange nicht gesehen. Die Sammlung Böhme“ und damit das derzeit jüngste Privatmuseum - Museum der verlorenen Generation - in Salzburg feierlich eröffnet. Mit seiner außergewöhnlichen Sammlung abseits des Kanons hat der Museumsgründer Prof. Dr. Heinz R. Böhme Impulse gesetzt, sich mit aus dem Blick geratener Kunst zu beschäftigen. Als einziges auf diese Thematik spezialisierte Museum im deutschsprachigen Raum erfüllt es die Aufgabe, lange Zeit verkannte, verhöhnte oder verbotene Kunst und Ihre Künstler aufzuarbeiten sowie zu präsentieren. Mit seiner inzwischen auf 600 Werke gewachsenen Sammlung betreibt das Museum bei vielen Namen Pionierforschung. Träger ist seit März 2020 die gemeinnützige Stiftung des Museumsgründers. (Quelle: Die Salzburgerin)


Anliegen

Meine über die Jahre gewachsene Sammlung von Kunstwerken der Verlorenen Generation sollte nicht länger nur im eigenen Wohnzimmer einigen wenigen Gästen vorbehalten bleiben. Mit dem Wachsen meiner Sammlung mache ich mir Gedanken: „Wohin mit den Bildern?“

Die Idee, meine Privatsammlung in einem Museum der Öffentlichkeit zugänglich zu machen wird von mehreren Gründen getragen. Ich möchte die bewegende Geschichte der Menschen hinter diesen Bildern erzählen. Im Vordergrund stehen daher die Biografien der Künstler. Diese Künstler der Verlorenen Generation, die „Entarteten“ und „Verfemten“ sollen die Anerkennung erhalten, die ihnen zu Lebzeiten verwehrt wurde. Außerdem soll auch deren hohe künstlerische Qualität Beachtung finden. Mit diesem Museum möchte ich einen Raum schaffen, der zum Wohlfühlen einlädt, sowohl für die verloren gegangenen Künstler als auch für die Besucher. Das Museum soll nicht nur ein Ort der Erinnerung sein und zum Nachdenken anregen. Es soll ein Museum sein, das von Leben erfüllt wird, ein Raum für Zusammentreffen, Lesungen, Veranstaltungen, und Diskussionen.

Darüber hinaus soll der private Charakter der Sammlung und des Museums erhalten und weitergeführt werden. Schrittweise und in eigenen Ausstellungen werden in etwa einjährigem Abstand die Gemälde aus dem Bestand der Sammlung der Öffentlichkeit vorgestellt. Damit wird die Thematik der Verlorenen Generation über längere Zeit erhalten und in eine Dauerausstellung eingebunden. Die meisten Gemälde wurden noch nie in der Öffentlichkeit gezeigt.

Sowohl in der Kunstgeschichte als auch in der zeitgenössischen Geschichte finden die Künstler der Verlorenen Generation bisher noch wenig Beachtung. Erst in den letzten Jahren beginnen Historiker und Kunsthistoriker, sich mit dieser Generation von Künstlern als Kollektiv zu beschäftigen. Diese Lücke in der Kunstgeschichte zu schließen, die Biographien im kunsthistorischen und zeitgeschichtlichen Zusammenhang aufzuzeigen und wissenschaftlich einzuordnen gehört zu den Aufgaben meines Museums.

Die Lebensgeschichte dieser Menschen soll im Gedächtnis der Gesellschaft auch für die Zukunft erhalten bleiben. Diese Geschichte zu kennen, damit respektvoll umzugehen und im Bewusstsein zu tragen, schafft erst die Grundlage für eine unbeschwerte Betrachtung der Zukunft. Es geht mir vor allem darum, zu erreichen, dass die Form des damaligen Umgangs der Menschen miteinander keine Wiederholung findet. Wenn Zeitzeugen nicht mehr sprechen und ihre Erlebnisse nicht mehr weitergegeben werden können, braucht es eine Brücke zur Gegenwart und in die Zukunft. Diese Brücke sind die Biographien der Verlorenen Generation. Prof. Dr. Heinz R. Böhme (Quelle: Webseite des Museums)

Beschreibung

Das Museum Kunst der Verlorenen Generation ist ein gemeinnütziges Privatmuseum in der Altstadt Salzburgs. Träger ist die Prof. Dr. Heinz R. Böhme gemeinnützige Stiftung Salzburg.

Das Privatmuseum von Prof. Dr. Heinz Böhme zeigt eine außergewöhnliche Sammlung von Künstlern der Verlorenen Generation. Es befindet sich im ersten Stock der Sigmund-Haffner-Gasse 12. Die Sammlung Böhme erzählt Geschichten über Künstler, die durch die historischen Umstände zweier Weltkriege geprägt wurden und heute neue Aufmerksamkeit finden. Die Ablehnung ihrer Kunst als „entartet“ zeigt, dass ihre Kunst nicht der Norm der Akademien und später des Nationalsozialismus entsprachen. Die meisten der wiederentdeckten Werke entstanden zwischen 1920 und 1945. Die Künstlerinnen und Künstlern lernten unter anderem bei Max Beckmann, Henri Matisse, Lovis Corinth, Paul Klee oder Oskar Kokoschka und waren Mitglieder avantgardistischer Künstlervereinigungen. Diesen spannende Stilpluralismus trägt die Sammlung Böhme zusammen und stellt die neu aufgefundenen Werke in den großzügigen historischen Räumlichkeiten der Salzburg Altstadt vor.

Wenn das Museum geöffnet hat, ist der Museumsgründer Prof. Dr. Heinz R. Böhme meist vor Ort und begleitet Kunstinteressierte auf Wunsch durch die Ausstellung. Der Stil der präsentierten Künstler ist so vielfältig wie auch ihre Lebensgeschichten und der Kontext der Entstehung.

Im Juli 2020 ist der erste Sammlungskatalog "Wir haben uns lange nicht gesehen. Kunst der Verlorenen Generation. Sammlung Böhme" im Hirmer Verlag erschienen. Dieser kann im Museumsshop vor Ort und im Online Shop[1] des Museums erworben werden. (Quelle: Salzburg-Wiki)


Zur Person

Prof. Dr. Heinz Böhme ist Gründer des Museums Kunst der Verlorenen Generation in der Stadt Salzburg

Ein Beitrag von Sigrid Scharf in den Flachgauer Nachrichten vom 14. November 2019

Prof. Dr. Heinz R. Böhme ist pensionierter Mediziner mit sächsischem Vater und Wiener Mutter und lebt heute in der Stadt Salzburg. Er sammelt seit Jahrzehnten Gemälden von Künstlern, deren Leben von zwei Weltkriegen geprägt wurde und unter dem nationalsozialistischen Regime als „entartet“ galten. Sie wurden im Dritten Reich verfolgt, erhielten Berufsverbot, wurden ermordet oder ins Exil getrieben.

Er möchte dieser Lücke in der Kunstgeschichte neue Aufmerksamkeit zukommen lassen: „Die Künstler und ihre Werke sollen die verdiente Wertschätzung erhalten, die ihnen so lange verwehrt geblieben ist“, formuliert es Böhme. (Quelle: Salzburg-Wiki)


Webseite: https://verlorene-generation.com/museum/


Dienstag, 3. März 2020

Der junge Hitler und wie Stefan Weiss ihn sieht

In der Tageszeitung „Der Standard“ vom 3.3.2020 schreibt der Mitarbeiter der Kulturredaktion Stefan Weiss über die Ausstellung im Haus der Geschichte in St. Pölten „Der junge Hitler“. 
Die Überschrift gibt der neutralen Bezeichnung der Ausstellung eine überdeterminierte Bedeutung: „Hitlers Jugendjahre: Der Wagnerianer mit dem ‚Nicht genügend.‘“
Da werden zwei Dinge zusammengezogen, die weder sachlich noch chronologisch etwas miteinander zu tun haben - eine schlechte Schulnote im Fach Deutsch und ein späterer Opern-Besuch - und deren Beziehung ohne jede Bedeutung ist.
Der Untertitel des Ausstellungsberichtes attestiert der Ausstellung ein Aufklärungspotential, als ob dieses noch nie genutzt worden wäre und zum ersten Mal gelungen sei, es auszuschöpfen: „Die Ausstellung ‚Der junge Hitler. Prägende Jahre eines Diktators’ im Haus der Geschichte Niederösterreich legt die Wurzeln des NS-Gedankenguts offen.“ 
Dieser Titel legt ja nahe, daß einerseits die Darstellung und Analyse der Jugend Hitlers geeignet sei, das NS-Gedankengut als Ganzes zu erläutern aber zweitens, daß die Person Hitler und der Nationalsozialismus so etwas wie eine Gleichung ohne Rest gewesen seien. Etwa so: Wenn man Hitler erklärt, erklärt man den Nationalsozialismus. 
Das hat schon oft in eine triviale Personalisierung und zu einer sehr schlichten Psychologie geführt, die so gut wie nichts erhellt oder schlimmer noch, mit der Konzentration auf die Person, viele wesentlichen Fragen zum Nationalsozialismus verschleiert. 

Der Autor der Ausstellungsbesprechung stolpert denn auch gleich zu Beginn seines Textes in die Falle der trivialisierenden Personalisierung und scheitert fürchterlich an seiner Exegese einer Fotografie. Dem Text vorgeschaltet ist nämlich ein Foto einer Schulklasse, das sofort ein „gespenstisches Dokument“ sein muss. Denn es zeigt Hitler in seiner Volksschulklasse, in der letzten Reihe, und das „mit verschränkten Armen, starrem Blick und hochgerecktem Kinn in der Mitte der obersten Reihe – Zufall oder nicht: Genau so wird sich Hitler als späterer Diktator häufig inszenieren.“
Es fällt sofort auf und es ist auch vielen Postern aufgefallen, daß viele andere Schüler genau so wie der "zukünftige Diktator" posieren - was möglicherweise einer disziplinierenden Order beim Fotografieren geschuldet ist - und daß der stechende Blick und das hochgereckte Kinn eher Projektionen als objektivierbare Tatsachen sind.
Gespenstisch ist weniger das Klassenfoto als die dieser "Bildanalyse" zugrundeliegende Psychologie, derzufolge der „Diktator“ schon im Kind angelegt und sichtbar gewesen sei.

Einer der Kuratoren der Ausstellung weiß dazu, als ob er persönlich dabeigewesen wäre: "Er hat die Menschen nie auf Augenhöhe angesprochen. Er sah sich immer entweder neben oder über der Gesellschaft.“ 
Das Gegenteil war der Fall. Hitler hat seinen Blick bewusst genutzt und zu Requisiten ausgefeilter Selbstinszenierung gemacht. Albert Speer berichtet z.B.: „Seine Augen waren starr auf die Angetretenen gerichtet, er schien jeden durch seinen Blick verpflichten zu wollen. Als er zu mir kam, hatte ich den Eindruck, daß mich ein Paar weit geöffnete Augen für unermeßbare Zeit in Besitz nahmen." 

Muß ein Ausstellungsrezensent so etwas bemerken? Einen derartigen Widerspruch von historischen Fakten und kuratorialer Interpretation? Muß ein Kulturredakteur nicht vorsichtig werden, wenn - zum wievielten Mal eigentlich - Hitlers „künstlerische Ambitionen“ aufgetischt werden? Sollte man nicht grundsätzlich skeptisch sein, gegenüber einem Ausstellungskonzept, das den Nationalsozialismus aus der Biografie einer einzigen Person heraus zu deuten versucht und noch dazu aus deren Jugendjahren? 

Als „optisch gepolter Mensch“, berichtet Stefan Weiß von der Ausstellung, hätte Hitler früh ein Sensorium für die Ästhetisierung der Politik gehabt und sich (auch das ist schon lange bekannt), von sozialistischen Ritualen inspirieren lassen. Aber was bitte ist ein „optisch gepolter“ Mensch?

Die altbekannte, durch Wiederholung in ihrer Schlichtheit nur noch aufdringlichere entwicklungspsychologische These vom verhinderten oder gescheiterten Künstler, der in die Politik geht, ist sogar eine fettgedruckte Zwischenüberschrift wert: „Vom Maler zum Politiker“. Ja, ja, wie wir wissen hätte uns die Wiener Akademie der Bildenden Künste den Nationalsozialismus erspart, hätte sie Adolf Hitler die Aufnahmeprüfung bestehen lassen...

Das eigentliche Erweckungserlebnis war der Ausstellung zufolge aber nicht die Bildende Kunst, sondern die Oper, genauer gesagt Wagners Opern. Leider läßt uns der Autor der Ausstellungsbesprechung, wie meist bei Rezensionen üblich, über das Spezifische der medialen Vermittlung im Ungewissen. Und das gerade dort, wo es doch ganz interessant hätte sein können zu erfahren, nicht was, sondern w i e es mitgeteilt wird. 
„Mittels Tonaufnahmen und Originalmodellen der damaligen Bühnenbilder lässt die Ausstellung erahnen, welche Wirkung die oft völkisch motivierten Inszenierungen auf Hitler gemacht haben müssen.“
Das hätte mich doch interessiert, wie eine Ausstellung die historische affektive und ideologische Wirkung auf eine bestimmte Person uns heutigen Zusehern vermittelt haben will?
Aber die Ausstellung kann noch mehr. Sie läßt uns an „den künstlerischen Ambitionen“ Hitlers „Größenwahn bei gleichzeitiger Selbstüberschätzung“ erkennen, was, hier wird Mussolini zitiert, nur in eine Auffassung von Politik als „größte Kunst“ münden konnte weil sie mit "lebendigem Material" arbeite: „dem Menschen.“

Diese Ausstellung muß großartig sein, ich muß sie mir ansehen

Freitag, 28. Februar 2020

Gedenkkultur

Anlässlich des „Frauentages“ öffnet das Museum Arbeitswelt Steyr den Stollen der Erinnerung (ehedem von Zwangsarbeitern errichtet) für BesucherInnen. Im Museum der Völker Schwaz gibts Frühstück mit einem Freigetränk für Frauen.

PS.: Wer mir (abgesehen vom Frauenmuseum Hittisau) e i n österreichisches Museum nennen kann, das seiner Ausstellungs-, Sammlung- und Forschungspolitik konsequent auch die Kategorie gender zugrundelegt, dem spendiere ich zum Frauentag einen Gratiskaffee.

Donnerstag, 23. Januar 2014

Das Haus der Natur in Salzburg restituiert Raubgut und arbeitet an derErforschung seiner NS-Geschichte

Zum neuesten Stand der Erforschung, Diskussion und Aufarbeitung der Rolle von Eduard Paul Trat und des von ihm gegründeten naturmuseums durch das Haus der Natur selbst siehe den Post „Das Haus der Natur stellt sich zum ersten Mal seiner Gesichte. Hier: http://museologien.blogspot.co.at/2014/10/das-haus-der-natur-stellt-sich-zum.html 


Das Haus der Natur in Salzburg hat angekündigt, in der NS-Zeit geraubtes Sammlungsobjekte zu restituieren. Der damalige Museumsleiter (und Gründer) Eduard Paul Tratz hatte Bibliotheken, ganze Sammlungen z.B. kirchlicher Einrichtungen im eigenen Land beschlagnahmen lassen, aber auch aus Sammlungen und Institutionen in Warschau, Krakau, Smolensk u.a.m. kam Raubgut in das Museum.
"Durch Arisierungen" schreiben die Salzburger Nachrichten "gelangten Jagdtrophäen aus dem Besitz des Kunstsammlers Rudolf Gutmann, eine Trophäensammlung von Alphonse und Clarisse Rothschild sowie eine Sammlung südamerikanischer Vögel der Familie Bomstein-Bomi nach Salzburg."
Noch läuft eine umfangreiche wissenschaftliche Untersuchung zur Geschichte des Hauses der Natur in Salzburg unter der Leitung des Zeithistorikers Robert Hoffmann.
Das Haus der Natur feiert heuer seinen 90. "Geburtstag" und plant für dieses Jubiläumsjahr eine Ausstellung zu seiner Geschichte.
Beides, Forschung, Aufarbeitung und Restitution waren überfällig. Das Haus der Natur, das bis 1976 (!) (mit einer Unterbrechung) von dessen Gründer Eduard Paul Tratz, hochaktiver Nationalsozialist der das Haus zur Institution des "Ahnenerbes" gemacht hat, geleitet wurde, leistete auch unter Tratz Nachfolger, Eberhard Stüber, keine Aufarbeitung und hielt des "Erbe" Tratz hoch. Erst mit dem Direktionswechsel zu Norbert Winding begann sich die Haltung des Museums zu ändern.
Der aktuelle Kulturlandesrat Salzburgs, Schellhorn, sagt "es gibt noch viel aufzuarbeiten". Dazu gehört die seit mehr als zehn Jahren unerledigte Debatte um die Aberkennung der Ehrenwürde Paul Tratz', die Ausdehnung der Aufarbeitung auf die Zeit nach 1945 und auf die Direktion Stüber und die dubiose Verleihung des Österreichischen Museumspreises unter ausdrücklicher Würdigung von Tratz "Verdiensten". (1)
An Aufarbeitung zu denken hat nicht nur das Museum guten Grund, den hätten auch viele Naturschutzorganisationen, die sich, z.B. in Form von Benennungen von Preisen und Institutionen (2) nach Paul Tratz, zu einer Geschichte des Naturschutzes bekennen, die auch äußerst fragwürdige Wurzeln hat. Das Naturverständnis, das Teile der Naturschutzbewegung prägt, aber auch die Naturideologie (von Telien) der Grünen, in ihrer Entwicklung durch das 20.Jahrhundert hindurch, also unter ausdrücklichem Einschluß der der NS-Zeit, wäre grade für die auflebende Debatte um den scheinbar apolitischen Naturfundamentalismus der Grünen von großem Interesse.

(1) Die Preisverleihung hat mich veranlasst, zusammen mit Sabine Schleiermacher einen Artikel im "Standard" zu veröffentlichen. Sabine Schleiermacher, Gottfried Fliedl: "Blutgebundene Abhängigkeit" Museumspreis 1991: Eine späte Ehrung für nationalsozialistische Rassenforscher. In: Der Standard, Donnerstag 13. Februar 1992, S.23 Hier in diesem Blog zu finden (mit Links zur Kontroverse des damaligen Landeshauptmannes Katschthaler und dem Zeithistoriker Robert Hoffmann, der erste Ergebnisse einer Untersuchung publiziert hatte) unter: http://museologien.blogspot.co.at/2010/04/blutgebundene-abhangigkeit-das-haus-der.html sowie ein Post aus dem Jänner 2010 "Das Haus der Natur in Salzburg als Institut des SS-Ahnenerbes"
Mitte 2013 habe ich das Thema noch einmal aufgegriffen und die Verlängerung dur selbstverordneten Amnesie des Hauses der Natur vor allem in seiner offiziellen Selbstdarstellung kritisiert (mit weiterführenden Links). http://museologien.blogspot.co.at/2013/06/selbstverordneter-gedachtnisschwund-das.html Auf diese Kritik hat Direktor Norbert Windung prompt reagiert und seither kann man auf der Webseite - zum ersten Mal - etwas über die Geschichte des Huases in der NS-Zeit erfahren. Hier zur Reaktion von Direktor Winding: http://museologien.blogspot.co.at/2013/07/das-haus-der-natur-in-salzburg-reagiert.html
http://museologien.blogspot.co.at/2010/01/das-haus-der-natur-in-salzburg-als.html
(2) Zur Umbenennung einer Forschungsstation nach längerer Kritik siehe hier: http://hausdernatur.wordpress.com/himmlers-darling/

Freitag, 6. Dezember 2013

Gurlitt und die Folgen (2) "Der gute Erbe"

In der Frage der Restitution von in der NS-Zeit geraubtem Eigentum spielt das Verhältnis von privat und öffentlich eine mehrdeutige Rolle. So auch im aktuellen Fall Gurlitt. Die rechtsbrüchige Beschlagnahme von Kunstwerken etwa für das in Linz geplante Führermuseum beendet das private Verfügungsrecht in gewisser Weise im Namen der Allgemeinheit, die Sammlungsobjekte werden in Museen ja zu Staatsbesitz. Also Besitz der Allgemeinheit.
Das ist im Kern kein so großer Unterschied zu anderen rechtsbrüchigen Annexionen, etwa in der Französischen Revolution, wo diese "Veröffentlichung" den Raub legitimierte, oder im Zuge kolonialer Politik.
Restitution bedeutet, das wieder rückgängig zu machen und daher u.U. Kunstwerke der interessierten Öffentlichkeit wieder zu entziehen. Wann etwa je Gustav Klimts Gemälde "Wasserschlangen", das bei der derzeit reichsten Sammlerin der Welt in einem arabischen Emirat gelandet sein dürfte (aus wiener Privatbesitz und mithilfe einer eben erst gegründeten Privatstiftung sowie über ein namhaftes Auktionshaus), je wieder öffentlich zu sehen sein wird, steht in den Sternen.
Im gegenständlichen Fall, ist es offen und umstritten, ob nicht der gesamte von der bayrischen Justiz beschlagnahmete Fundus legitimer Besitz Gurlitts ist und sofort ihm zurückgegeben müsste, oder ob das nur für bestimmte Werke mit bestimmten, u.U. sehr kompliziert zu bewertenden Herkunftsgeschichten gilt.
Einen originellen Beitrag zu diesem Aspekt und zur Privatheit als Merkmal des Sammlers hat Isolde Charim kürzlich in der taz veröffentlicht. Das kleine Psychogramm des Sammelns und der Sammlerpersönlichkeit allgemein entlastet in ihren Augen Gurlitt freilich nicht, der sich zur kultivierten Person stilisiert, sondern lädt ihm Verpflichtungen auf.
"Cornelius Gurlitt ist der Inbegriff des guten Erben. Demgegenüber erscheinen die anderen Erben, jene ohne Rechtstitel, umso leichter als „raffgierig“. Vielleicht gibt es ja kein Rechtsmittel für die Restitution – aber der Blick des einsamen Herrn Gurlitt in seiner Schwabinger cella, dieser Blick ist in seiner ganzen Kunstsinnigkeit ein gestohlener Blick."

Isolde Charim: Gurlitt, der gute Erbe, in: taz (online), 26.11.2013
http://www.taz.de/!128146/ 

Gurlitt und die Folgen (1) Restitution als neue Forschungsdisziplin

Eine der Effekte, den die Entdeckung der jede Menge NS-Raubkunst enthaltenden "Sammlung Gurlitt" in München hat, ist eine intensive, differenzierte und z.T. gründlich recherchierte Berichterstattung in den Medien, die Weit über den Anlass hinaus viele Aspekte des NS-Kunstraubes thematisiert. Etwa die Rolle des Kunsthandels und der Kunsthändler einst und jetzt, der Mangel an gesetzlichen Regelungen in Deutschland, wo die österreichische Gesetzgebung als vorbildlich gilt, die Erörterung der ethischen, historischen und rechtlichen Aspekte.
Eben ist in der Neuen Zürcher Zeitung ein Essay erschienen, in dem die Restitutionsforschung knapp und historisch dargestellt wird, als neuer Forschungszweig, dessen Entstehung sich allein der (späten) Entdeckung der Problematik der NS-Raubkunst verdankt.
Überraschend ist die Auffassung des Autors, die Verschlampung der Herkunftsbezeichnung und -forschung in Museen, wie sie seit langem zu beobachten sei, sei auch der spezifisch deutschen Ideologie der "Kunst für alle" geschuldet -: je "massenmedialer" die Museen wurden, desto eher vernachlässigte man alles Nachdenken über die Herkunft der Objekte.

Joachim Günter: Phantasie darf sein, Pedanterie ist unerlässlich. Aufschwung der Provenienzforschung, in: NZZ online 5.12.2013
http://www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/kunst_architektur/phantasie-darf-sein-pedanterie-ist-unerlaesslich-1.18198696

Sonntag, 17. November 2013

Raubkunst, Raubhandel

Die Debatte um Raubkunst wir derzeit ungemein intensiv geführt. Die Gründung einer Klimt- Privatstiftung, in die einschlägige Werke in noch unbekannter Zahl eingegangen sind, hat in Österreich zu vielen Medienberichten geführt und zu Recherchen, von denen mir die Beiträge von Olga Kronsteiner im Standard am gewichtigsten schienen.
In Deutschland hat der "Fall Gurlitt" zu einer umfassenden Berichterstattung geführt, in dem viele Aspekte des NS-Kunstraubes und des Kunsthandels in dieser Zeit zum Teil außerordentlich detailgenau und sachlich aufgearbeitet werden.
Unter diesen Beiträgen ist mir einer in der taz aufgefallen, der den Kunsthandel in die Pflicht nimmt und die noch immer anhaltende Ungleichheit in der Verteilung der Lasten. 
Hanns C. Löhr resümiert seinen Artikel so: "Die Hauptaufgabe der Restitution übernimmt neben den Museen in Deutschland zurzeit die Verwaltung des Kunstbesitzes des Bundes, in der sich viele Werke befinden, die für Hitler und Göring gesammelt wurden. Außer Rückgaben hat es seit 2000 auch Entschädigungen der Erben in Form von Zahlungen oder Rückkäufen gegeben. Die hinter diesen Werten stehenden Gewinne wurden aber einst in den privaten Kunsthandlungen realisiert. Die Tendenz des deutschen Kunstmarkts, Gewinne aus der NS-Zeit zu privatisierten und die Kosten zu sozialisieren, ist ungebrochen. Während die deutsche Industrie mit der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung, Zukunft" bereits gesellschaftliche Verantwortung für die Ereignisse im "Dritten Reich" übernommen hat, steht dies für den Bereich des Kunstmarktes noch aus."

Hier der Link:
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ku&dig=2013%2F11%2F16%2Fa0065&cHash=0cd5a96e39548601e4cb5f3b30c3f6bd