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Sonntag, 20. Oktober 2019

Abweichende Meinung. Mal etwas zum "Eklat" Peter Handkes als Symptom des Zustandes der Kulturberichterstattung

Daß sich die Printmedien unter dem Druck der Digitalisierung rasant verändern ist nicht neu und es gibt jede Menge von Analysen dazu. Wenn mir in den letzten Monaten vermehrt aufgefallen ist, wie dünn und ausgelaugt gerade die Kulturberichterstattung daherkommt, die ohnehin ein Stiefkind selbst in den „Qualitätsmedien“ ist, dann bin ich der Entwicklung also ohnehin schon hinterher.
Es gab zwei aufeinanderfolgende, ganz und gar miteinander nicht verbundene Ereignisse, die mich jetzt veranlassen etwa (nur wenig) als Unzuständiger dazu anzumerken. Das eine Ereignis ist die mißratene Regelung der Leitung des Kunsthistorischen Museums, wo es nirgendwo über sehr schlichte Personalisierung hinausging. Und das andere, die Verleihung des Nobelpreises an Peter Handke, der zahllose Artikel nach sich zog.

Aus zwei Gründen mache ich kleine Anmerkungen: die Entwicklung scheint irreversibel. Zeitungen haben nicht mehr das ökonomische Standing um Journalisten für aufwändiges Recherchieren und Schreiben einzusetzen. Aber es gibt immer noch genug Quellen, wo man sich seriös und genau informieren kann, aber das sind dann entweder spezialisierte Medien oder/und private, zivilgesellschaftliche. Und zweitens sind die LeserInnen offenbar mündiger als man denkt. Als der Standard einige Tage nach dem sogenannten Eklat anläßlich des Besuchs Handkes in Griffen jemanden entsandte, der dort im Kaffeesud auf Spurenlese ging (lesenswert am hier verlinkten Artikel sind die Leserreaktionen), war die Reaktion (abgesehen vom immer in den Leserforen geübten Blödeleien, Schimpfereien und Polemiken) massiv kritisch gegenüber dem Artikel aber auch konstruktiv im schwarmintelligenten Zusammentragen von brauchbarer Information.

Ich gebe diese Infos um einige selbst recherchierte weiter, im Sinne von: je primitiver die Medien, desto intelligenter die Leser....

Von Christoph Deupmann kann man in einem Heft der Zeithistorischen Forschung (Heft 1/2008) sehr viel über den geschichtlichen Kontext von Handkes umstrittenen Äußerungen erfahren, aber auch, wie kompliziert und unauflöslich widersprüchlich Handkes Vermischung von politischer Haltung und ästhetischer Praxis ist. (Link)

Henrik Petersen hat im SPIEGEL sehr ausführlich den Standpunkt der Schwedischen Akademie dargestellt, der der Verleihung des Nobelpreises zugrundeliegt, ohne dessen unakzeptablen politischen Positionen außer Acht zu lassen. (Link)

Der dritte lesenswerte Text stammt von Peter Struck und ist in der FURCHE erschien. (Link)

Bemerkenswert war auch der Beitrag von Sigrid Löfller im FALTER der vergangenen Woche, der ist aber nicht online verfügbar.

Montag, 11. März 2019

Nur einen Mausklick vom Museum der Zukunft entfernt

Es ist ja nicht das erste Mal, daß uns versprochen wird, wir könnten uns den Museumsbesuch eigentlich auch sparen. Denn im digitalen Universum stünden uns ja Sammlungen und Museum ohnehin schon in unübersehbarer Zahl und Form zur Verfügung.
Jetzt lese ich etwas, das mir neu vorkommt, was eine weitere, interessante Entwicklung zu sein scheint. Eine Art von "Streamingdienst" als "Digitale Kunsthalle". Unter dem Titel wird ein virtueller Rundgang angeboten, bei dem Gemälde oder Skulpturen angeschaut und Informationen dazu abgerufen werden können. "Es sind weit verstreut ausgestellte Werke in Zukunft nur noch wenige Klicks voneinander entfernt", hieß es vom ZDF. "Kunst aus Museen und privaten Sammlungen wird so für alle zugänglich." Für das Angebot wird mit 35 kulturellen Institutionen in Deutschland zusammengearbeitet, darunter das Deutsche Literaturarchiv Marbach, das Städel Museum Frankfurt und die Berliner Staatsoper Unter den Linden. In der APA-Meldung heißt es weiter: Zum Auftakt des neuen Kulturangebots am Mittwoch wurden unter anderem Werke der Maler Lucas Cranach der Ältere und Lucas Cranach der Jüngere gezeigt, die nach Angaben des ZDF derzeit in den Depots der Klassik Stiftung Weimar lagern. Auch Interviews mit Schauspielern und Hintergründiges zu berühmten Kunstwerken sind über die neue Rubrikenseite ZDFkultur in der Mediathek abrufbar. So gibt es etwa eine Interviewreihe, in der unter anderem Katja Riemann, Marie Bäumer oder Nora Tschirner über ihre Erfahrungen am Filmset sprechen. Vielleicht ist den Verfassern des Textes da etwas durcheiandergekommen - Literaturarchiv, Katja Riemann, Oper, alles eins?
Daß es sich weniger um eine menschenfreundliche kulturelle Offensive einer staatlichen Rundfunkanstalt handelt, sondern um eine Diversifizierung des Angebots, das die Rentabilität des Unternehmens und seine Konkurrenzfähigkeit auf dem Kulturmarkt stärken soll, muß man sich selber dazudenken. Stattdessen wird uns ein Topos der 80er-Jahre neu schmackhaft gemacht, die "Kunst für alle". Deren Zugänglichkeit nun nicht mehr nur von den Museen und Ausstellungshäusern reguliert wird, sondern von neuartigen Anbietern.
Täusche ich mich? In letzter Zeit häufen sich, mehr oder minder euphorische Berichte über Projekte der Digitalisierung des Musealen (von Objekten, Sammlungen, ganzen Museen, Museumsarchiven, Bildarchiven im Museumsbesitz...). Was mir auffällt ist, daß es keinerlei Relativierung oder Kritik gibt, keinen Hinweis auf die Grenzen der Digitalisierbarkeit des Musealen, keine Verteidiger der - so hieß es noch vor fünfzehn oder zwanzig Jahren -, der "Konträrfaszination" des  absolut unverzichtbaren Originals. Die überdies das Museum gegen die digitale Konkurrenz immunisiere und die Leute in die Museen treibe.
Als die technische Möglichkeit der digitalen Speicherung entwickelt wurden, waren die Diskussionen noch Kontrovers. Ich erinnere mich an eine Tagung, wo Apologeten von Sammlung- und Vernetzungsideen im virtuellen Raum auf kritische Kuratoren, Didaktiker, Kulturtheoretiker trafen. Und jetzt? Weder IT Experten noch Kulturpolitiker noch Kuratoren noch Kunstkritiker nehmen Anstoß an der Digitalisierung. Selbst dann nicht, wenn z.B. für den Fall der Restituierung ganzer kolonialer Sammlungen vorgeschlagen wird, die so ihrer Schätze erleichterten Museen könnten ja digitale Kopien zeigen. 

Digitale Techniken, das zeigen die Versuche, sie in Schulen durchzusetzen, etwa sie flächendeckend mit Computern auszustatten, gejören zu den "matktkonformen" und neoliberaen Strategien. Dessen Ziel ist es aber immer, "Daten in Geld zu verwandeln" (Björn Schulz) und nicht ein pädagogisches Sendungsbewußtsein. Das gilt natürlich auch für Museen. Wird die Digitalisierung etwa dort im Dienst kritischer Diskurse eingesetzt?
Unlängst lese ich einen Artikel über die mühsame Erforschung, man muß sagen Fahndung, nach Kunst von Frauen, die in psychiatrischen Kliniken, Irrenanstalten usw. kreativ waren, und deren Werke mühsam wiederentdeckt und veröffentlicht werden - durch Ausstellungen in Museen. Die Expertin und Kuratorin dazu: diese Werke müssen ins Museum, im Internet verschwinden sie aus der Öffentlichkeit. Da hätten wir schon mal ein Argument, wo man doch eine Diskussion beginnen könnte, kein schlechtes, eins mit dem behauptet wird Veröffentlichung zieht Verschwinden nach sich.
Ein anderes Argument wäre: das staatlich-öffentliche Museum sperrt sich seiner institutionellen Logik nach gegen Ökonomisierung, es "rechnet sich nicht". Digitalisierung ist aber sehr wohl ein Geschäftsfeld. Und eins, das offenbar schon drauf und dran ist, den Museen aus der Hand genommen zu werden. Aber man könnte ja auch - ganz altmodisch? - fragen, was ist denn nun mit den schönen Begriffen Original, Aura, Zeugenschaft, Echtheit geworden?

Mittwoch, 27. April 2016

Das Wort des Tages

"Vielleicht wird die Qualität des 'Hier und Jetzt' eines Kunstwerks, dessen Aura im Sinne Walter Benjamins heutzutage aber auch gar nicht mehr vermisst? Man schaue sich um in den Museen! Groß und Klein tippen dort mehr auf interaktiven Monitoren oder der Museumsapp am Smartphone herum, als den eigenen Augen am Original zu vertrauen. Die Sehgewohnheiten haben sich radikal verändert. Ganz analog und ohne Netz geht es freilich heute nicht mehr. Die verpönten Artflipper hypen ihre heißen Kunstaktien auf Instagram, wo die Künstler ihre Arbeiten mit der Hoffnung auf Follower auch selbst promoten."

Anne Katrin Fessler über "L'Exposition Imaginaire" in der Kunsthalle Wien

Mittwoch, 11. November 2015

Das Selfie-Museum

Im Selfie-Museum geht es nicht darum sich vor Kunstwerken zu fotografieren, sondern um Selfies von Kunstwerken, die ins (Selfie)Museum gekommen sind...Drei Beispiele (mit Dank an Blog-Leserin S.D.)





Mittwoch, 14. November 2012

Museumstweetup

Swantje Karich schreibt sehr enthusiastisch über eine neue Form der Museumskommunikation. MuseumsbesucherInnen, u.U. an verschieden Orten unterwegs, vernetzen sich via Tweet und "führen" sich wechselseitig. Wobei das Wort "Führen" wohl unangebracht ist. Es ist eher eine gegenüber den herkömmlichen museumsspezifischen Möglichkeiten erweiterte Form der Kommunikation.
Ich bin ein Skeptiker was die jubilatorisch abgefeierte Applikation neuester Technologien auf das Museum betrifft, noch dazu, wenn das als ultima ratio der Weiterentwicklung der Museen, wenn nicht gar als ihre Rettung verkauft wird. Auch in dem Essay der FAZ findet sich der Satz: "Wenn die Museen die Technik nicht frühzeitig und sinnvoll nutzen, verlieren sie den Anschluss."Das ist blanker Unsinn.
Aber was hier geschildert wird, kommt mir ziemlich interessant vor. Und zwar deswegen, weil es einerseits über neue Techniken alte Kommunikationsformen erweitert und deren diskursiven Kern offenbar bewahrt. Aber bezüglich der Vernetzung von Personen und Orten etwas noch nie Dagewesenes erlaubt.
Hier der Link zum ganzen Artikel: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/twittern-im-museum-von-tweet-zu-tweet-11955646.html