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Donnerstag, 13. Juli 2023

Die neue ICOM Museums-Definition in der deutschen Fassung

 

"Ein Museum ist eine nicht gewinnorientierte, dauerhafte Institution im Dienst der Gesellschaft, die materielles und immaterielles Erbe erforscht, sammelt, bewahrt, interpretiert und ausstellt. Öffentlich zugänglich, barrierefrei und inklusiv, fördern Museen Diversität und Nachhaltigkeit. Sie arbeiten und kommunizieren ethisch, professionell und partizipativ mit Communities. Museen ermöglichen vielfältige Erfahrungen hinsichtlich Bildung, Freude, Reflexion und Wissensaustausch."

Sonntag, 28. August 2022

Die neue ICOM-Museumsdefinition. Ein Praxistest (Sokratische Fragen)

 


 

So lautet die eben beschlossenen neue Defition von "Museum":

A museum is a not-for-profit, permanent institution in the service of society that researches, collects, conserves, interprets and exhibits tangible and intangible heritage. Open to the public, accessible and inclusive, museums foster diversity and sustainability. They operate and communicate ethically, professionally and with the participation of communities, offering varied experiences for education, enjoyment, reflection and knowledge sharing.

 

Frage: wie viele österreichische Museen erfüllen die Kriterien der Definition?

 

Samstag, 27. August 2022

Warum gab es Widerstand gegen eine Museumsdefinition, die die demokratische Rolle der Institution enthielt? (Sokratische Frage)


 

 

 

 

 

Mit der eben in Prag von ICOM beschlossenen neuen Definition dessen, was ein Museum ist, wurde die Debatte um eine umfangreichere, komplexere und politischere Definition beendet. 

Könnte es ein, daß es nicht so sehr ein Widerstand gegen Ideologie sondern gegen etwas anderes war? 

Nämlich gegen die Möglichkeit, sich eigene Reflexion, aus eigener Praxis entwickelt, nicht mehr leisten zu können. Weil einem Umfang und Komplexität der angedachten Definition das bisher gerne gepflegte und entlastende das reflexhafte Memorieren einer als verbindlich angesehenen Defintion nicht mehr möglich gewesen wäre? Anders gesagt: der Rückgriff auf eine wie eine ultimative Wahrheit, die einem ersparte, die Tauglichkeit der Vorstellung vom Museum in der jeweils eigenen Arbeitsrealität zu bedenken?.

Samstag, 9. Januar 2021

Petition an ICOM Deutschland

Offener Brief an die Präsidentin und den Vorstand von ICOM Deutschland, veröffentlicht am 21. Dezember 2020. Der Anlass für diesen offenen Brief ist die mangelnde Zusammenarbeit von ICOM Deutschland mit seinen Mitgliedern im Vorfeld und im Nachgang zur ICOM-Generalkonferenz in Kyoto im September 2019 sowie die am 10. Dezember 2020 von ICOM Define offiziell vorgestellte Methodologie zur Findung einer neuen Museumsdefinition.

ICOM CHANGE

Wir, ICOM-Mitglieder und weitere Museumsfachleute, begrüßen die Debatte um ein grundsätzlich neues Verständnis von Museen. Das Ringen um eine neue Definition von „Museum“ hat zu Diskussionen geführt, die auf globaler Ebene Bewegung in die Museumswelt gebracht und neue Energien freigesetzt haben. Diese Energien möchten wir nutzen und den Diskurs weiterführen.

Museen sind gesellschaftliche Akteure. Anerkennend, dass Museen bis in die Gegenwart diskriminierende Herrschaftsverhältnisse fortschreiben, setzen wir uns dafür ein, dass sie ihrer globalen und sozialen Verantwortung nachkommen und an einem gleichberechtigten und guten Leben für alle mitarbeiten.

Wir begrüßen deshalb die ICOM-Initiative zur grundlegenden Neufassung der Definition von „Museum“ und beteiligen uns gerne an dem von ICOM Define vorgeschlagenen Verfahren. Wir unterstützen diesen Prozess als Ausdruck einer veränderten, gegenwarts- und zukunftsorientierten Museumsarbeit. Diese ist vielerorts längst gelebte Realität und für uns ein wesentlicher Anspruch.

Wir kritisieren die Intransparenz der Entscheidungsfindung von ICOM Deutschland im Vorfeld und im Nachgang zu Kyoto. Wir fordern von ICOM Deutschland eine demokratische und transparente Diskussion über die anstehenden neuen gesellschaftspolitischen und sozialen Anforderungen an Museen. Mitgliedern von ICOM Deutschland sollte es ermöglicht werden, aktiv Stellung zu diesen Positionen zu beziehen.

Insbesondere fordern wir ICOM Deutschland auf, offene Diskussionsräume für eine längst überfällige neue Museumsdefinition zu schaffen. Im Sinne der neuen Methodologie von ICOM Define fordern wir einen intensiven Konsultationsprozess mit den Mitgliedern und anderen relevanten Akteur*innen über die Konzepte und Schlüsselwörter einer neuen Museumsdefinition. Wir verlangen in dieser Hinsicht rasches Handeln, um bis April 2021 gemeinsame Diskussionsergebnisse zu generieren – so wie es der Zeitplan von ICOM Define vorsieht:

https://icom.museum/wp-content/uploads/2020/12/ICOM-Define-Methodology.pdf

Wir fordern zudem, dass die Ergebnisse des digitalen Mitgliederforums zur Museumsdefinition vom 18. Juni 2020 dem federführenden Gremium ICOM Define in vollem Umfang zur Verfügung gestellt werden. Die Ergebnisse des Mitgliederforums sollen außerdem in die Zusammenfassung eingehen, die ICOM Deutschland bis Januar 2021 ICOM Define vorlegen soll:

https://icom-deutschland.de/images/Nachrichten/PDF/Zusammenfassung_ICOMForum.pdf

Wir fordern ICOM Deutschland dazu auf, weitere offene Räume für Debatten und Konsultationen in den Zeiträumen Juli bis September 2021 sowie Februar bis April 2022 zu schaffen, die von ICOM Define ausdrücklich für die Zusammenarbeit der ICOM-Komitees mit ihren Mitgliedern vorgesehen sind. Die Ergebnisse dieser Konsultationen sollen in dem Feedback zu Konzepten/Schlüsselwörtern (September 2021) und zu Vorschlägen für Museumsdefinitionen (April 2022), das ICOM Deutschland an ICOM Define übermittelt, berücksichtigt werden.

Wir rufen Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereichen der Museumswelt sowie Museumsfachleute und die Öffentlichkeit angrenzender beruflicher Felder sowie der Zivilgesellschaft dazu auf, mit uns konstruktive Diskussionen über ein neues Museumsverständnis zu führen. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit!


Und hier gehts zur Unterschrift unter der Petition

Montag, 11. November 2019

Kontroverse um eine neue Definition für "Museum" von ICOM

Aktuelle Version der Museumsdefinition
"A museum is a non-profit, permanent institution in the service of society and its development, open to the public, which acquires, conserves, researches, communicates and exhibits the tangible and intangible heritage of humanity and its environment for the purposes of education, study and enjoyment."

Vorschlag für eine neue Museumsdefinition
"Museums are democratising, inclusive and polyphonic spaces for critical dialogue about the pasts and the futures. Acknowledging and addressing the conflicts and challenges of the present, they hold artefacts and specimens in trust for society, safeguard diverse memories for future generations and guarantee equal rights and equal access to heritage for all people. Museums are not for profit. They are participatory and transparent, and work in active partnership with and for diverse communities to collect, preserve, research, interpret, exhibit, and enhance understandings of the world, aiming to contribute to human dignity and social justice, global equality and planetary wellbeing."

Wencke Maderbacher schreibt dazu auf der ICOM Österreich-Webseite zur Tagung in Kyoto, wo diese Definition vorgestellt wurde:

"In vielen Diskussionen und Paneels wurde darüber diskutiert, dass der Entwurf für die neue Museumsdefinition mehr einem Mission Statement, als nach einer Definition, einer Beschreibung, anmutet. Sollen dann Museen, die nicht polyphon arbeiten, künftig keine Museen mehr sein? Öffnet diese Formulierung der Politik Tür und Tor taktische Wirtschaftsprojekte unter dem Deckmantel der Museumsförderung zu unterstützen? Oder andersherum, werden Museen, die dieser Definition nicht entsprechen, künftig öffentliche Förderungen untersagt? Die Argumente wurden durchaus emotional hervorgebracht und Klischees bedient, um Stimmung zu machen. Wem nützt die alte Version, wem die neue? Ist man rückschrittlich, wenn man gegen die neue Definition stimmt?

Sowohl ICOM Österreich als auch CECA International sprechen sich stark gegen den Vorschlag aus, der aktuell vorliegt. Für CECA ist es unvereinbar, dass die Kulturvermittlung aus der Definition gestrichen wird. Zwar ist man in Österreich und der Schweiz längst vom Begriff der Museumspädagogik (Education) zur Vermittlung gegangen, was man gut ins Englische mit Learning bzw. Cultural Interaction übertragen kann. Education ersatzlos zu streichen ist hingegen ein Zeichen in die falsche Richtung. Denn gerade die Kulturvermittlung war eine der ersten Disziplinen innerhalb der Institution Museum, die sich besonders intensiv für Inklusion und die Mitsprache der Gemeinschaft im Museum eingesetzt hat. Sie nun zu streichen oder für selbstverständlich zu erachten wäre Hohn."

Auch ICOM Deutschland stellt sich gegen die vorgeschlagene Definition. Allerdings läuft eine Petition, die sich für die vorgeschlagene Änderung einsetzt: Hier der Link.

Stellungnahme von ICOM Deutschland zur neuen Museumsdefinition:
Bei der Generalversammlung 2019 von ICOM in Kyoto stand die Neufassung der ICOM-Definition von "Museum" auf der Tagesordnung. Alle Mitglieder von ICOM waren eingeladen, Formulierungsvorschläge online einzureichen; es wurden auch Vorschläge aus Deutschland gemacht. Das Beratungsergebnis des beauftragten ICOM Komitees hat das Executive Board von ICOM passiert und steht nun online zur Verfügung.
Der Vorstand von ICOM Deutschland hat darauf umgehend mit einem Memorandum reagiert, weil nach unserem Eindruck der Beschlussvorschlag zwar zahlreiche Formulierungen im Sinne eines Mission Statements für das 21. Jahrhundert enthält, aber grundlegende, seit Jahrzehnten unveränderte definitorische Elemente gestrichen wurden. Dazu gehört zum Beispiel, dass Museen auf Dauer angelegte Institutionen sein müssen.
Deswegen ist ICOM Deutschland auch einem von ICOM Europe initiierten Antrag beigetreten, den Beschluss über eine Änderung der Museumsdefinition um wenigstens ein Jahr aufzuschieben.


Hier begründet ICOM selbst die Ausarbeitung einer neuen Definition:

Creating a new museum definition – the backbone of ICOM The need of a new museum definition

Over recent decades museums have radically transformed, adjusted and re-invented their principles, policies and practices, to the point where the ICOM museum definition no longer seems to reflect the challenges and manifold visions and responsibilities. We invited members and other interested parties to take part in creating a new, more current definition. New proposals were published here on a continuous basis.

Following the processes of active listening, collecting and collating alternative definitions through its standing committee on Museum Definition, Prospects and Potentials (MDPP), the Executive Board of ICOM, at its 139th session in Paris on 21-22 July 2019 reached the following decision.
The Executive Board selected the below as a new alternative museum definition for a vote to be included in the ICOM Statutes instead of the current museum definition at ICOM’s next Extraordinary General Assembly (EGA), which will take place on 7 September 2019, from 9:30 to 10:30 a.m. at the Kyoto International Conference Center (ICC Kyoto) in Kyoto, Japan:
Museums are democratising, inclusive and polyphonic spaces for critical dialogue about the pasts and the futures. Acknowledging and addressing the conflicts and challenges of the present, they hold artefacts and specimens in trust for society, safeguard diverse memories for future generations and guarantee equal rights and equal access to heritage for all people.
Museums are not for profit. They are participatory and transparent, and work in active partnership with and for diverse communities to collect, preserve, research, interpret, exhibit, and enhance understandings of the world, aiming to contribute to human dignity and social justice, global equality and planetary wellbeing.

Samstag, 27. September 2014

ICOM Österreich "evaluiert" die Museums-Weiterbildung

ICOM Österreich beabsichtigt, wie im bislang letzten Newsletter mitgeteilt wird, eine Art von Akkreditierung für Ausbildung im Museumsbereich einzuführen. Natürlich kann man die Unterscheidung nicht so weit treiben, daß man dies erlaubt und jenes verbietet, aber man setzt auf die Autorität des Vereins, gibt einen Fragebogen aus und wird dann Empfehlungen aussprechen - oder auch nicht.
Ein Betroffener, der Weiterbildung anbietet: "Das werden alle bekommen, wie beim Museumsgütesiegel."
So kann man's auch sehen.
Allerdings auch so: ICOM hat sich nie für Aus- und Weiterbildung stark gemacht, hat nie Diskussionen zur Professionalität der Museumsberufe abgehalten, hat kaum wo je einschlägige Initiativen unterstützt. ICOM hat in seinem Vorstand keine nennenswerte Expertise in diesem Feld, es bleibt unklar, wer eigentlich beurteilen soll, wer "zugelassen" wird, es existieren auch keine Kriterien, dafür was wünschenswert ist und wonach denn bewertet wird.
Offenbar wird auch keine Rücksicht auf die völlig unterschiedlichen Organisationsformen, Trägerschaften oder Zielgruppen, die es auf dem weiten Feld der Weiterbildung nun mal gibt.
Es gibt einen Fragebogen, der solche Zielkriterien nicht erkennen läßt, jedenfalls nicht explizit. Fragen beziehen sich z.B. darauf, ob man ICOM-Mitgliedern Ermäßigung gewähre oder ob man ICOM-Mitglieder einlade, was auf eine Vermischung der "Evaluation" mit Vereinsinteressen nahelegt.
Möglich, daß der zitierte Betroffene recht hat und alles bleibt wie es ist.
Und nicht nur in dieser Hinsicht darf man sich fragen, wozu das alles gut sein soll. Denn das ganze findet unter der "Schirmherrschaft" einer ICOM-Präsidentin statt, die nie eine Museumsausbildung erhalten hat. Und ihren Job doch ganz toll macht.

Sonntag, 17. April 2011

Eine Antwort auf die Stellungnahme des ICOM-Vorstandes das Jüdische Museum der Stadt Wien betreffend

An den Vorstand von ICOM Österreich

Wien am 13. April 2011

Sehr geehrte Damen und Herren!

Gestern wurde mir die Stellungnahme des Vorstandes von ICOM Österreich
bezüglich des Schreibens des Präsidenten von ICOM Österreich an die
Direktorin des Jüdischen Museums Wien übermittelt. Ich muss gestehen, dass
mich diese Stellungnahme einigermaßen irritiert.

Der Präsident und nunmehr auch ICOM Österreich unterstellen den
Unterzeichnern des Schreibens an die Direktion des Jüdischen Museums (Brief
der Direktoren und Wissenschafter) Unkenntnis über die Dauerausstellung im
Jüdischen Museum Wien, oder wie es im Brief des Präsidenten Dr. Wilfried
Seipel heißt: „Dabei kann man wohl davon ausgehen, dass keineswegs alle
schreibenden und unterschreibenden Kollegen die Corpora Delicti jemals zu
Gesicht bekommen haben.“ Dies obwohl die betreffenden Kollegen und
Kolleginnen immer wieder zu Gast im Jüdischen Museum Wien waren und unter
anderem auch von mir persönlich mit ihren Gästen durch das Haus geführt
wurden und selbstverständlich auch die Hologramme besichtigten.

Das Schreiben des Präsidenten von ICOM Österreich und nunmehr auch des
Vorstandes von ICOM Österreich unterstellt allen Unterzeichnern, ihre
Betroffenheit über die Zerstörung der Hologramme sei sachfremden und
persönlichen Motiven geschuldet und sie würden die ICOM Richtlinien dafür
instrumentalisieren. Mit keinem Wort wird darauf eingegangen, dass die
Hologramme tatsächlich „Originalobjekte“ mit einem hohen und international
anerkannten innovativen Potential waren. Eine Installation die immer wieder
für Irritationen, aber vor allem für hohe Anerkennung in der Fachwelt
sorgte. Völlig ignoriert werden die tatsächlichen Diskussionspunkte, nämlich
die Frage nach dem Umgang mit Geschichte in jüdischen Museen und ob wir als
Museumsleute den zivilisatorischen Bruch durch die Schoa als Herausforderung
ernst nehmen. Somit aber auch die Frage was ist bewahrenswert in unseren
Sammlungen, wie gehen wir mit den eigenen Ausstellungsmaterialien um.
(Fragen die in meinen Augen nicht nur für Jüdische Museen relevant sind.)
Die Hologramme sind gerade in diesen Zusammenhang im Laufe der Jahre, und
durch die Diskussion über sie, tatsächlich zu Ausstellungsobjekten geworden.
Also genau zu jenen Dingen, die wir zu bewahren und zu erhalten verpflichtet
sind.

Zu keinem Zeitpunkt der Diskussion ging es um die Frage ob die Hologramme
Teil einer neuen Dauerausstellung sein sollten oder nicht. Es war allen
Beteiligten klar, dass dies nicht der Fall sein würde. Allerdings war auch
allen Beteiligten klar, dass ein Konzept für eine neue Dauerausstellung
nicht hinter die Errungenschaften der alten zurückfallen dürfe, damit
stellte sich auch die Frage nach dem Umgang mit Elementen der alten
Dauerausstellung wie z. B. der Installation von Nancy Spero (die ebenfalls
viel Raum einnimmt) und eben den Hologrammen. Die Argumentation des
Präsidenten, die Hologramme wären einer Neugestaltung im Wege gestanden
läuft ins Leere. Umso mehr erschreckt die Ignoranz gegenüber der Zerstörung
einer bahnbrechenden musealen Innovation, die noch dazu, wie wir
mittlerweile wissen, nicht notwendig gewesen wäre.

Weiters wird behauptet, dass die Hologramme „zuletzt einen erbärmlichen,
weil ungepflegten und verstaubten Eindruck“ hinterlassen hätten. Ich war bis
Ende Dezember 2010 Mitarbeiter im Jüdischen Museum Wien und verwahre mich
entschieden gegen diese unwahre Behauptung und somit der unausgesprochenen
Unterstellung, die MitarbeiterInnen des Jüdischen Museum Wien hätten die
Dauerstellung dem „Verfall“ preisgegeben. Es ist auch unrichtig, dass es zu
einem Verfall der optischen Qualität gekommen wäre. Diese Behauptung ist
ganz einfach sachlich nicht gerechtfertigt.

Zuletzt noch ein Wort zur sich wohl selbst richtenden Behauptung die
Chefkuratorin des Jüdischen Museums hätte eine Kampagne gesteuert und die
nationale und internationale Kollegenschaft instrumentalisiert. Ich bin
wirklich verblüfft und entsetzt, dass der Vorstand von ICOM Österreich
glaubt, dass Direktoren, Wissenschafter und Kuratoren wie ferngesteuert auf
Zuruf reagieren und sich für eine persönliche Kampagne einspannen lassen.
Welche Vorstellung über die professionelle und ethische Einstellung ihrer
KollegInnen liegt dieser befremdlichen Behauptung zu Grunde?

Vom Vorstand von ICOM Österreich hätte ich mir einen differenzierteren
Zugang zur Diskussion erwartet. Vor allem aber auch, dass der Vorstand den
Unterstellungen und Diffamierungen gegenüber Kollegen und Kolleginnen
entgegentritt.

Mit kollegialen Grüßen

Mag. Gerhard Milchram

Dienstag, 22. Februar 2011

ICOM Mitglieder antworten auf den ICOM-Präsidenten

An die
Mitglieder des Vorstandes von ICOM Österreich
c/o Leopold Museum Privatstiftung
Museumsplatz 1
1070 Wien


Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
in der Anlage (hier) möchten wir Ihnen ein Schreiben von Herrn Prof. Dr. Wilfried Seipel in dessen Funktion als Präsident von ICOM Österreich an die Direktorin des Jüdischen Museums der Stadt Wien, Frau Dr. Danielle Spera, zur Kenntnis bringen, in dem er zu der Kontroverse um die Entfernung der Hologramm-Installation im Jüdischen Museum Wien Stellung bezieht. Wir gehen davon aus, dass Sie diese Kontroverse verfolgt haben. Ausführlich dokumentiert ist sie u.a. hier:

Dieses Schreiben wurde ab Mittwoch, 16.02.2011 im Rahmen der Präsentation eines "Ersatzhologramms" im Museum Judenplatz in fotokopierter Form an die Presse verteilt.

Als institutionelle bzw. individuelle Mitglieder von ICOM Österreich ergeben sich für uns aus diesem Vorgang einige Fragen an den Vorstand von ICOM Österreich:

1. Teilt der Vorstand von ICOM Österreich Inhalt und Form dieses Schreibens?

2. Hält es der Vorstand von ICOM Österreich für zweckmäßig und sinnvoll,
dass der Präsident von ICOM Österreich bei einer inhaltlichen Kontroverse, in die auch Mitglieder von ICOM Österreich involviert sind,
einseitig und ohne Anhörung anderer Positionen Stellung bezieht?

3. Hält es der Vorstand von ICOM Österreich mit den Grundsätzen von ICOM
vereinbar, dass der Präsident von ICOM Österreich in einem Konflikt
zwischen Direktion und Chefkuratorin (die übrigens ebenfalls
langjähriges Mitglied von ICOM Österreich ist) eines Museums einseitig
Partei ergreift und der Chefkuratorin in - wie wir meinen -
diffamierender Weise niedere Motive unterstellt?

Ihrer Stellungnahme blicken wir mit Interesse entgegen.

Mit kollegialen Grüßen

Dr. Ilsebill Barta, Wien
Dr. Margit Berner, Wien
Dr. Gottfried Fliedl, Graz
Monika Gärtner, Inssbruck
Nike Glaser-Wieninger, Wien
Mag. Andreas Gugler, Wien
Mag. Christine Haupt-Stummer, Wien
Heiderose Hildebrand, Wien
Dr. Michaela Kronberger, Wien
Mag. Elisabeth Limbeck-Lilienau, Wien
Dr. Hanno Loewy, Jüdisches Museum Hohenems
Mag. Gerhard Milchram, Wien
Dr. Roswitha Muttenthaler, Wien
Dr. Andreas Nierhaus, Wien
Dr. Martina Nußbaumer, Wien
Dr. Herbert Posch, Wien
Mag. Bernhard Purin, München - Rosenburg am Kamp
Dr. Monika Sommer, Wien
Dr. Claudia Spring, Wien
Nora Sternfeld, M.A., Wien
Mag. Susanne Winkler, Wien
Annina Zwettler, Wien

Sonntag, 20. Februar 2011

"Offensichtlich weitgehend persönliche und damit sachfremde Argumente". Wilfried Seipel spricht als ICOM Präsident zu den Vorgängen am Jüdischen Museum Wien.

Vorbemerkung: Das folgende Schreiben zirkulierte seit einigen Tagen, ohne daß die Herkunft der Veröffentlichung klar gewesen wäre. Ich habe deshalb den Text nicht in den Blog gestellt, obwohl der Stil des Briefes offensichtlich auf eine breite Öffentlichkeit - und nicht nur für Frau Spera - berechnet war und ist.
Inzwischen wurde das Schreiben tatsächlich öffentlich gemacht. Und zwar vom Jüdischen Museum in Form einer Art von Presseunterlage (zusammen mit einer 'Mitteilung' des Museums - sie Post oberhalb) der nur wenige Tage geöffneten Ausstellung "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung", wo ein Exemplar der Serie verkleinerter, vereinfachter Hologramme ausgestellt worden war.

Ich verzichte auf jede Kommentierung des Schreibens - bis auf einen Aspekt: Das Jüdische Museum erneuert mit der Publizierung des Schreibens erneut die Unterstellung, die Kritik am Vorgehen des Museums habe mit dem Umstand zu tun, daß die Chefkuratorin des Hauses nicht Direktorin geworden sei. Es ist nicht nur die Unhaltbarkeit dieses Vorwurfs bemerkenswert, sondern auch die Tatsache,  daß das Museum sich nicht selbst deklariert, sondern dieses Schreiben benutzt, um den Vorwurf zu erneuern. Unerträglich finde ich dieses Vorgehen, weil Felicitas Heimann-Jelinek vom Museum aus untersagt ist, sich zu Museumsangelegnheiten zu äußern und daher nicht die geringste Chance hat, sich gegen diese und andere Vorwürfe und Unterstellungen zu wehren.

In einer APA-Aussendung vom 17.2. teilen DORDA  BRUGGER JORDIS Rechtsanwälte
"Im Namen ihrer Mandantin Dr. Felicitas Heimann-Jelinek, Chefkuratorin des Jüdischen Museums der Stadt Wien", mit, daß teilen DORDA BRUGGER JORDIS Rechtsanwälte, Wien, mit: daß "Aufgrund der zahlreichen Anfragen von Medien sehen wir uns
veranlasst zu informieren, dass unserer Mandantin von ihrem Arbeitgeber, dem Jüdischen Museum der Stadt Wien GmbH, mit Wirkung vom 4.2.2011 jedwede öffentliche Äußerung zu Angelegenheiten, die das Museum betreffen, untersagt wurden. Um nachteilige Rechtsfolgen zu vermeiden, kann Frau Dr. Heimann-Jelinek daher zu den aktuellen Diskussionen keine Erläuterungen oder Stellungnahmen abgeben. Wir
danken für Ihr Verständnis." 


 ***


E-Mail von Prof. Dr. Wilfried Seipel, Präsident ICOM Österreich, an Dr. Danielle Spera, 14. 02. 2011:

Sehr geehrte Frau Kollegin!

Mit Erstaunen, ja Betroffenheit habe ich die gegen Sie gerichteten Stellungnahmen, offenen Briefe und medialen Verurteilungen zur Kenntnis genommen. Ein uninformierter, fachfremder Leser muss den Eindruck gewinnen, dass Sie mit der Beseitigung der Hologramme aus dem Jüdischen Museum Wien ein nicht wieder gut zu machendes Vergehen gegen die Welt der jüdischen Museen insgesamt begangen haben, dass Sie sich an dem Kulturerbe dieses Museums vergangen und somit der Entwicklungsgeschichte dieses Hauses schweren, ja nicht wieder gut zu machenden Schaden zugefügt hätten.

In einem in der Museumsgeschichte zumindest der jüdischen Museen, aber wie ich meine weit darüber hinaus einzigartig dastehenden Fall ist es zu einem Schulterschluss von Kollegen und Direktoren der jüdischen Museen Österreichs, Deutschlands und zuletzt sogar des AEJM gekommen, die in offenen Briefen unisono mit zum Teil apokalyptischen Formulierungen ("Mentekel") bzw. die Schamgrenze überschreitenden Hinweisen (Shoa) eine Hinrichtung Ihrer Person vorzunehmen versuchen, ohne sich auch nur im Geringsten mit Ihren Argumenten, die von jedem vernünftigen Museumsmann unterschrieben werden können, sachlich auseinander zu setzen. Dabei kann man wohl davon ausgehen, dass keineswegs alle schreibenden und unterschreibenden Kollegen die Corpora Delicti jemals zu Gesicht bekommen haben.

Der in verschiedenen Stellungnahmen mehrfach gegebene kritische Verweis auf die ethischen Richtlinien von ICOM bzw. deren in den Raum gestellte Missachtung durch Ihre Vorgangsweise veranlassen mich freilich mit aller Entschiedenheit der Instrumentalisierung durchdachter und sinnvoller Richtlinien, die von der internationalen Museumsgemeinschaft zum Nutzen und zur Qualitätssicherung der Museen formuliert wurden, zu Gunsten offensichtlich weitgehend persönlicher und damit sachfremder Argumente entgegen zu treten. Den notwendigen und ethisch selbstverständlich begründbaren Erhalt des Sammlungsguts eines Museums, wie es bei ICOM gefordert wird, in Beziehung zu setzen mit einem schon zum Zeitpunkt seiner Verwendung im JMW (1996 ) veralteten museumsdidaktisch und technisch keineswegs befriedigenden optischen Anschauungsmaterial ist nicht nur unverständlich sondern grenzt an Fahrlässigkeit der argumentierenden Personen. Es fällt mir schwer hier nicht schärfere Worte zu verwenden.

Wer immer diese Hologramme von Anbeginn betrachtet hat, wird vor allem in den letzten Jahren eine schleichende Verschlechterung des Fotomaterials beobachtet haben, wie auch der vernachlässigte Gesamtzustand der Dauerausstellung jedem Besucher als mehr als sanierungsbedürftig erschienen sein dürfte. Hologramme waren seit ihrer Erfindung oder Entdeckung 1947 in den 60er und 70er Jahren gern verwendete Anschauungsmittel vor allem in kleineren Museen, die als Ausgleich für fehlende spektakuläre Sammlungsobjekte zu optischen Tricks, also zu Hologrammen gegriffen haben-ohne Zweifel in dieser Zeit ein legitimes Anschauungsmaterial. Aber eben nur als Anschauungsmaterial, nicht mehr und nicht weniger.

Ganz abgesehen, dass der notwendig sich einstellende und schon eingetretene Verfall der optischen Qualität des zwischen zwei Glasplatten eingebrachten Films (s. dazu die Stellungnahme des Technischen Museums Wien!) alles andere als ein befriedigendes Anschauungsmaterial darstellte bzw. darstellt (es gibt bekanntlich eine zweite kleinere Serie von Hologrammen mit denselben Darstellungen) sind alle in den Hologrammen gezeigten Objekte vorhanden und können als Original betrachtet werde. Oder will jemand von einer abhanden gekommenen Aura des Hologramms sprechen?

Und wer kann nicht verstehen, dass die in einem an Platzmangel leidenden Museum mehr als Raum greifende Installation der Hologramme, die zuletzt einen erbärmlichen, weil ungepflegten und verstaubten Eindruck bei wohl den meisten Besuchern hinterlassen haben, jetzt durch eine durchgreifende Neugestaltung ersetzt werden? Zu behaupten, dass mit dem Ersatz der Hologramme durch eine Neugestaltung das "wichtigste Medium (des JMW), die Dauerausstellung" vernichtet würde, scheint nicht nur weit hergeholt sondern auf eine ganz andere Begründungsebene zu verweisen, die einfach in der Ablehnung der neuen Direktorin -vor allem durch ihre eigen Chefkuratorin und die von dieser instrumentalisierten Kollegenschaft ihre Antwort finden dürfte. Und wenn einmal unsachliche, weil persönlich begründete Argumente in Stellung gebracht werden, zu einer nicht immer ganz ohne Druck erzielten SolidaritätskampagneAnwürfen an die neue Direktorin verbundenen Eulogien für jene Kuratorin des JMW, die zwar nicht Direktorin geworden ist aber weiterhin als Chefkuratorin im Hause tätig ist, sollte zu denken geben.

Nicht unwichtig in diesem Zusammenhang erscheint mir der Umstand, dass auch der für die Erstaufstellung zur Eröffnung des JMW verantwortliche Architekt keinerlei Einwände gegen die so ruchlose Beseitigung der Hologramme geäußert hat und diese auch keineswegs für eine Nachnutzung innerhalb der Neuaufstellung in Betracht gezogen hat-Immerhin war er der Gestalter des Hologrammraums!

Es ist zu hoffen, dass diese unselige Diskussion und Diffamierung Ihrer Person allmählich ein Ende findet und Sie sich ganz der erforderlichen Neugestaltung widmen werden können!

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Wilfried Seipel Präsident ICOM Österreich