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Montag, 8. Oktober 2012

Morbus Klimt

Morbus Klimt ist eine in der medizinischen Literatur wegen ihres lokal und berufsspezifisch engen Auftretens noch kaum beschriebene, heilbare Krankheit. Betroffen sind von ihr vor allem Direktoren und Kuratoren von Museen, die Werke oder Dokumente des Wiener Malers Gustav Klimt ihr Eigentum nennen. Morbus Klimt tritt in Wien selbst ungleich häufiger auf, als in den österreichischen Bundesländern und hier wiederum ungleich häufiger als im benachbarten Ausland.
Symptome der meist harmlos aber hartnäckig verlaufenden Erkrankung sind unzusammenhängendes Stammeln ("Klimt und seine Modelle", Klimt und die Eotik", "Klimt und die Frauen") sowie die Manie, die Umwelt möglichst umfassend in ein Klimt-Ornament zu verwandeln, etwa Kaffetassen, Bieruntersetzer, Spielkarten, Schals, Aschenbecher, Notizbücher, Toilettenpapier, Servietten, Sektflaschen oder auch Teddybären.
Die Erkrankung kann zu einschlägigen Klimt-Gedenktagen bzw. -Jubiläen gehäuft beobachtet werden. So wurde im Wiener Allgemeinen Krankenhaus im Jahr 2012 vorübergehend eine eigene Ambulanz für von Morbus Klimt Befallene eingerichte, da in diesem Jahr nicht nur die genannten Symptome auftraten, sondern auch besorgniserregende Verwirrungszustände, und das über den einschlägig gefährdeten Kreis hinaus.

Zu ernstlicheren Verlaufsformen kam es in Zusammenhang mit der Eröffnung der sogenannten Klimt-Villa im XII. Wiener Gemeindebezirk, wo eine Koalition von "Verein Gedenkstätte Gustav Klimt", Bundesdenkmalamt, beratenden Architekten dem Eigentümer der Villa, "Kuratorium für künstlerische und heilende Pädagogik / Comenius-Institut" (sic!) die Wiederherstellung des sogenannten ursprünglichen Zustandes erfolgreich und zwingend nahelegte.
Wiewohl Klimt nie in dieser Villa gelebt und gearbeitet hatte, sondern für einige Zeit ein Atelier an ihrem Standort, in ungleich bescheidenerem baulichen Umfang betrieb, wurden alle Anstrengungen unternommen, das offensichtlich Unmögliche zu leisten: die "Rückführung" einer umfassenden baulichen Veränderung und Überformung - was bedeutete, die jahrzehntelange, wechselvolle Besitz- und Nutzungsgeschichte der - späteren - Villa in den "authentischen" Zustand, über den man mal mit gerade zwei Fotografien unterrichtet ist, gewissermaßen ungeschehen zu machen, um jene Räume wiederherzustellen, in denen Klimt einige seiner Gemälde entwarf oder fertigstellte.
Jetzt ist die "Klimt VIlla" eröffnet und noch ist nicht die Entwicklung einer mutierten, offenabr gefährlichern Verlaufsform von Morbus Klimt abzusehen. Es ist abzuwarten, ob in der Villa nicht fürderhin ein täuschend echter Klimt-Schauspieler sich auf einem penibel nachgebildeten Sofa mit ebenso täauschen von begabten Schauspielerinnen gemimten Modellen sich räkeln wird, nicht ohne zwischenzeitlich ab und zu seinen Pinsel an einer der Leinwände (in originalgetruer Fotoreproduktion) zu erproben.

Über die "Klimt Villa" und ihre merkwürdige Geschichte informiert gut der einachlägige Wikipedia-Eintrag, über die Einschätzung der "Rekonstruktion" Michael Hierner im Standard vom 3.10.2012 unter dem Titel "Die fünf größten Schönheitsfehler der Klimt-Villa". Der Verein, dem wir die "Rettung" der "Klimt-Villa" verdanken betreibt eine eigene Webseite. Thomas Trenkler hat schon im Mai 2012 auf die - freundlich gesagt - Widersprüche der Rekonstruktion hingwiesen und die trostlose (aber richtige) Feststellung getroffen, daß wohl der ganze Klimt-Rummel von 2012 wieder verscheinden werde, aber diese "Villa" nicht.





 

Dienstag, 4. September 2012

Soll das Konzentrationslager Buchenwald kulturelles Welterbe werden?

Die Stadt Weimar bemüht sich, unterstützt vom Leiter der Gedenkstätte, das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald als Weltkulturerbe anerkennen zu lassen. Es wäre das erste Mal, daß ein Ort massenhafter Verbrechen in den Rang eines Weltkulturerbes erhoben würde.
Es gibt auch Gegenstimmen. Orte des Verbrechens könnten und dürften niemals eine solche Anerkennung finden, denn Verbrechen solchen Ausmaßes seien "nicht Kultur".

Buchenwald, ehemaliges Barackengelände. Foto GF
 Das ist eine riskante Argumentation, weil sie darauf hinausläuft, Gewalt und Verbrechen aus dem Kulturbegriff auszuschließen. Unterschlagen würde damit eine Dialektik, von der das Konzept des Welterbes selbst zehrt: alles was an dieser kulturellen Überlieferung von Barbarei kontaminiert ist, wird durch seine Kulturalisiserung verdrängt und gleichsam unsichtbar.
Eine unter Schutz gestellte Stahlfabrik sollen wir als Kathedrale der Industrialisierung und nicht als Ort entfremdender Arbeitsbedingungen und etwa Produktion von Rüstungsgütern wahrnehmen. Die Fragen nach den Quellen des Reichtums und der Macht, die einem indischen Mogul die Errichtung eines märchenhaftes Mausoleums (Taj Mahal) erlaubt, soll nicht gestellt werden.
Genau diese Kulturalisierung der Barbarei ist aber ein Effekt der Unterschutzstellung im Namen eines sogenannten Welterbes. Es soll ein Kanon global gültiger kultureller Werte geschaffen werden, der eine positive (vor allem ästhetische) Anerkennung erheischt. Und das durchaus im Sinne des Konzepts der Sehenswürdigkeit, deren Wert und Bedeutung schon vorab postuliert und verbrieft ist und somit jedem sich immer wieder erneuernden Diskurs entzogen, der diese Bedeutung befragen und infragestellen könnte.
Die Verantwortlichen der Stadt Weimar und der Leiter der Gedenkstätte betonen, daß es genau um diese Dialektik von Hochkultur (Stadt) und Verbrechen (Lager) ginge. Machte man Ernst damit, machte es nur Sinn, wenn es Konsequenzen für das - vielfach problematische - Konzept des Welterbes hätte. Aber in dessen Praxis ist eine reflexive Problematisierung des kulturellen Erbes nicht vorgesehen.
Und: So fragwürdig die Attitude ist, mit der sich eine hand voll von Kulturbürokraten zum globalen Erblasser ernennt, so fragwürdig wäre der Effekt, der nun auch ein in Deutschland liegendes NS-Konzentrationslager einem globalen Erben überantwortet und damit auch die Frage nach Schuld und Verantwortung verschieben würde.  

Sonntag, 19. Februar 2012

Text macht Museum (Texte im Museum 258)

Heute ist Blackfoot Crossing, in den kanadischen Plains gelegen, ein mit Denkmälern und einem Besucherzentrum erschlossener "Historischer Park"

Samstag, 21. Januar 2012

Ein Museum - Yuri Gagarin Memorial-Haus-Museum

Das nach (nach dem Kosmonautenbenannte) Gagarin transferierte Elternahus Yuri Gagarins mit dem rekonstruierten Interieur der 50er-Jahre.



bestrussiantour.com: „The house in Gzhatsk was actually moved from Klushino village in 1945. Yuri Gagarin spent his school years in this house. You will see the Lilac bush which was planted by Yuri near the house. The interior of the house is replicated exactly as it was in 1949: with hand-made furniture, the family gramophone, his father's harmonica, his mother’s sewing machine and, of course, icons in the “red” corner. You will see the room where little Yuri grew up, learned and dreamt of the sky.“

Freitag, 5. Februar 2010

Feindberührung - Kriegertod

In der heutigen Ausgabe der Neuen Zürcher Zeitung (auch online) findet sich ein bemerkenswert prägnanter Essay zur Repräsentation des Kriegertodes und zu der gesellschaftlicher Gewalt des Schriftstellers Thomas Hettche. Er analysiert das neue Ehrenmal auf dem Gelände des Bundesverteidigungsministeriums in Berlin, stellt die Frage nach der Repräsentierbarkeit des Soldatentodes und verknüpft sie mit der nach der Legitimität und den Konsequenzen des derzeitigen Einsatzes der Bundeswehr im Ausland.
Dabei gehe es vor allem um die Definition des Feindes als "unsere eigene Frage als Gestalt" (Theodor Däubler), um die Begegnung mit ihm, die stellvertretend der Soldat 'im Auslandseinsatz' vollzieht. Und um eine Utopie "es lasse sich diese Begegnung vermeiden und die Zone des Gewaltverbots in der westlichen Zivilisation immer weiter ausdehnen." Von dieser Begegnung kehrt der Soldat wieder als einer der entweder getötet hat oder getötet wurde. In dier Heimkehr "erfährt die Gesellschaft sich selbst als eine, die den Tod zu geben und zu fordern vermochte, erfährt an dessen Unabänderlichkeit ihre eigene Grenze als absolute Souveränität und, nicht zuletzt, als Schuld. Das ist es, wovon das Ehrenmal der Bundeswehr schweigt."
Nicht weit vom Ehrenmal der Bundeswehr findet man den Pergamonaltar: "Dadurch, dass jeder der Sterblichen, der dort stirbt – zertreten, durchbohrt, gewürgt oder zerrissen –, im Moment seines Sterbens aus der Dichotomie von Freund und Feind herausgelöst wird, wird er wieder zu einem Einzelnen, der keiner Armee mehr angehört, ist in seinem individuellen Tod allein und ergreift uns gerade in dieser Einsamkeit." (...) Deshalb "gewährt der Pergamonaltar die Einsicht, worin einzig das Glück angesichts des Krieges bestehen kann: sich nicht ergreifen lassen zu müssen von der Gewalt."