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Sonntag, 9. August 2020

Bundesmuseen-"Pleite"?

Der Corona-Schock währte nur kurz. Als plötzlich Friseurinnen "systemrelevanter" waren und früher öffnen durften als Museen, scheuchte das einige DirektorInnen der Bundesmuseen auf und wir konnten Grundsätzliches zur Lage der Museen hören: nicht bloß etwas zur finanziellen Lage sondern nun, aus der Not heraus, auch zur gesellschaftlichen Rolle und den Aufgaben der Museen.

Das war schnell vorbei. Es war nicht zu erkennen, daß die Museen ihre materielle und ideelle Situation gründlich überdenken wollten und man konnte auch nichts programmatisch Neues ausmachen. Dabei war es nicht schwer abzusehen, daß die sogenannte Corona-Krise nicht schnell beendeten sein und irgendwann die Lage der Museen enger und enger werden würde.

Nun gibt es eine Aussage des für die Museen zuständigen Ministers: "Laut Information der Bundesmuseen/ÖNB mit Stand 30.6.2020 ist trotz massiver Gegensteuerungen zu befürchten, dass die Einrichtungen bis Jahresende ihre Reserven aufgebraucht haben und somit die Gefahr besteht, dass der Fortbestand ab 2021 nicht gegeben wäre".

Es ist nicht zu erwarten, daß die Bundesmuseen ernsthaft gefährdet wären. Sie werden alle weiterbestehen, aber zu welchen Bedingungen? Wird man nicht zwingend einsparen müssen, bei Institutionen, die ohnehin unterfinanziert sind? Und zu wessen Lasten wird die Existenz der Museen weiter garantiert werden? Doch zuungunsten des Personals?

Mit der Lage der Museen in den USA ist die der österreichischen Bundesmuseen sicher nicht zu vergleichen, aber der Umstand, daß das Metropolitan Museum trotz seiner milliardenschweren Stiftungsrücklagen hunderte Mitarbeiter kündigt und daß man mit der Schließung etwa eines Drittels der US-Museen rechnet, wirft doch die Frage auf, wie sich die Situation der Bundesmuseen entwickeln wird - und nicht nur der.

Worum es geht, beziehungsweise worum es gehen könnte, wird gerade in Berlin deutlich. Die Evaluation der Stiftung Preussischer Kulturbesitz, in der die Auflösung der bisherigen Stiftungskonstruktion empfohlen wird, hat zu einer öffentlich geführten Kontroverse geführt, in der sich nun auch die LeiterInnen der einzelnen Stiftungsmuseen sehr deutlich geäußert haben. Unbestritten ist auf allen Seiten, der Politik, der Evaluierungskommission und bei den Museen, daß es um nicht bloß eine organisatorische Reform gehen kann, sondern daß ein neues Selbstverständnis der Museen entwickelt werden muß.

Diese Diskussion hätte nach dem erwähnten "Schreckschuss", der die Bundesmuseen traf, eigentlich losgehen können, wurde aber nicht genutzt. Die damalige Versicherung, wie wichtig denn die Museen nun einmal seien, wird nicht genügen, nicht, wenn sich die Krise vertieft, was zu erwarten ist. Die Chance, die Krise offensiv für die Entwicklung eines neuen Leitbildes (im übertragenen Sinn) der Museen zu nutzen, hat man verstreichen lassen.

Montag, 30. März 2020

Klaus Albrecht Schröder spricht von der Krise der Albertina. Aber die ist hausgemacht, von ihm

Die Bundesmuseen trifft die Coronavirus-Krise auf paradoxe Weise. Gerade die „erfolgreichen“ Museen trifft es am stärksten. Wer die meisten (touristischen) Besucher hatte, also wer einen großen Teil seines Budgets selbst erwirtschaftete, hat nun auch den größten Ausfall an Einnahmen. 
Vor diesem Hintergrund hat der Direktor der Albertina Klaus Albrecht Schröder im Standard „Alarm geschlagen“. (23.3.2020) Er beziffert den Ausfall mit mehreren Millionen Euro über das gesamte Jahr berechnet, aber bereits im August könnte die Albertina nicht mehr liquide sein, also z.B. keine Gehälter mehr zahlen können. 
In der Krise sieht Schröder keinerlei Chancen, mit der Absage und der Verschiebung von Ausstellungen seien nicht genügend Einsparungen möglich und ein Ausweichen auf ein digitales Angebot kommt kaum in Frage: „Das Erlebnis vor dem Original ist nicht substituierbar.“
Doch ganz so mechanisch und kausal ist der Zusammenhang von medizinischer und Museumskrise nicht. Da spielt die unter Schröder entwickelte Konzeption der Albertina eine große Rolle. Die Entwicklung zum vollgültigen Kunstmuseum, das auf exorbitanten Ausstellungsflächen immer mehrere Ausstellungen gleichzeitig und mehrere Blockbuster pro Jahr anbieten m u ß, weil sonst die im Vergleich zur alten Graphischen Sammlung enorm aufgeblähte Institution nicht finanzierbar ist, zwingt zu einer hyperaktiven Ausstellungstätigkeit.
Schröder spricht das selber an und verteidigt diese Museumsphilosophie, die ohne Hunderttausende von Besuchern gar nicht mehr funktionieren kann. „Auch wenn jährlich etwa 350.000 Österreicher die Albertina besuchen, benötigen wir weitere 700.000 internationale Besucher, um unseren allgemeinen Museumsbetrieb finanzieren zu können...Ausstellungen wie jene zu Dürer, die 450.000 Besucher in drei Monaten hatte und mehrere Millionen Euro gekostet hat, refinanzieren sich selbst und erwirtschaften einen wichtigen Deckungsbeitrag zum allgemeinen Museumsbetrieb. Für die Modigliani-Ausstellung im Herbst brauchen wir mindestens 250.000 Besucher, um sie durchführen zu können.“ 
Schröder ist gezwungen, und das ist nicht neu und hat mit der Coronakrise nichts zu tun, Ausstellungen anzubieten, die möglichst hohe Besucherzahlen und damit hohe Einnahmen generieren. 
Auf vorsichtiges Nachfragen, ob eine solche Entwicklung denn überhaupt wünschenswert sei, antwortet Schröder unwirsch. Der Kunstgenuss werde geschmälert? Nicht in der Albertina. „In der Albertina konnten wir trotz über einer Million Besucher im Jahr die Intensität des Kunsterlebnisses sicherstellen. Ich kann dieser Rückbesinnung auf provinzielle Zustände nichts abgewinnen. Sind 200.000 Besucher glücklicher, wenn sie Matisse oder van Gogh nicht sehen können? Wenn sie nicht mit einer Monet-Ausstellung belästigt werden?“ 
Wie immer, es ist schwer über die Qualität von Museen zu sprechen. Die polemische Verkürzung, die im Vorwurf der an Quoten gemessenen „Provinzialität“ zum Ausdruck kommt, überspielt die Frage, wofür die Albertina eigentlich steht, welche Vorstellung von Kunst und Kunstvermittlung hier eigentlich regiert. Es scheint Schröder um internationale Reputation zu gehen, wobei er in einer Nebenbemerkung den Maßstab wohl höher hängt, als er je für die Albertina in Reichweite war: „Womöglich werden wir in den kommenden zwölf Monaten wieder ein wesentlich weniger internationales Programm haben als ein MoMA, ein Grand Palais oder eine Tate Modern.“ 

Wird die Krise neue Perspektiven ermöglichen, eine Revision der bisherigen Museumspolitik. Kaum. Eben ist das „größer und mehr“ fortgesetzt worden - mit der Eröffnung der „Albertina Modern

Freitag, 28. Februar 2020

Fair oder prekär? Beschäftigungsverhältnisse von Kulturvermittlerinnen

Gastkommentar von Monika Holzer-Kernbichler

Fair oder Prekär lautete der Titel einer breit angelegten Veranstaltung zum Thema „Das Museum und seine Mitarbeiterinnen“, zu der der Österreichische Verband der KulturvermittlerInnen ins Deopt in Wien eingeladen hatte. 160 großteils betroffene - vor allem – Kulturvermittler*innen aus Wiener Museen waren gekommen, um über die zum Teil sehr schlechten Arbeitsbedingungen für Kulturvermittler*innen zu diskutieren, aber vor allem um diese sichtbar zu machen.
Gekommen waren auch Betriebsrät*innen und Vertreter*innen der Gewerkschaft.

Zur Vorgeschichte: Mit dem österreichweiten Konsens zu einem gemeinsamen Berufsbild der Kulturvermittlung, das in Steyr beim Museumstag 2017 von einer großen Mehrheit angenommen und von den Vorsitzen des Verbandes der Österreichischen KulturvermittlerInnen und von ICOM CECA unterschrieben wurde, war ein erster großer Schritt getan. Sämtliche Vermittler*innen in Leitungspositionen sowie Verantwortliche der Bildungsabteilungen der österreichischen Bundes- und Landesmuseen vertreten seitdem geeint diese Definition. Gleichzeitig war klar, dass dies erst ein Zwischenschritt in einem größeren Prozess gewesen war, zumal die Frage der Sicherstellung, dass dieses Berufsbild überall lebbar und umsetzbar bleibt bzw. sein wird, eine bleibende ist. In einer Arbeitsgruppe wurden Erfolgskriterien und Rahmenbedingungen für eine professionelle Kulturvermittlung definiert, zur weiteren Diskussion vorgelegt und in weitere Folge auch beschlossen. Unaufhaltsam drängte sich in diesem ganzen Prozess die fast absurde Frage auf, wie es sein kann, dass sich jene Berufsgruppe, die sich dem für die Politik wichtigsten musealen Kennfaktor – nämlich dem Publikum bzw. der Besucher*innenzahl widmet, die unsichersten und schlechtesten Arbeitsbedingungen am Museum überhaupt hat. Der Ruf nach einem (neuen) Kollektivvertrag für Museen wurde laut, der Österreichische Museumsbund fand sich als weiterer starker Partner. 

Zur Situation der Vermittlungs- und Bildungsarbeit an den österreichischen Museen hat sich seit einem Artikel von Michalea Steinberger am 4.11. 2014 im Standard, besonders in Wien kaum etwas verändert. Während an den Landesmuseen die Vermittler*innen inzwischen weitgehend angestellte und vollwertige Mitarbeiter*innen der Museen geworden sind, klafft an den Bundesmuseen noch immer eine große Lücke. Tagesabhängige Bezahlung, Bezahlung nach Stundensätzen, freie Dienstverträge (die in den Bundesländern allesamt wegen Rechtswidrigkeit in echte Dienstverträge umgewandelt werden mussten), befristete Verträge oder gar fallweise Beschäftigungen sind Realität für ein akademisch hoch ausgebildetes Personal. Viele Arbeitssituationen finden ohne jede arbeitsrechtliche Absicherung statt und führen dazu, dass langjährige Vermittler*innen in ihrer Existenz durch diese Berufswahl extrem benachteiligt sind, selbst wenn sie, wie vielen von ihnen auch an mehreren Museen tätig sind. Sie sind nicht durch Krankengeld oder Karenz abgesichert, haben keinen Urlaubsanspruch, bekommen aufgrund fehlender Beständigkeit schwerer Mietverträge und sind auch nicht kreditwürdig. Als freie Dienstnehmer*innen oder Tagelöhner*innen sind sie auch nicht berechtigt an Betriebsratswahlen teilzunehmen bzw. haben deshalb auch keine gewerkschaftliche Vertretung, zumal sie in einer Scheinselbständigkeit gefangen sind, die sie in ihrer Existenz maximal flexibel herausfordert. Diese zwingt viele auch nach wie vor dazu, sich in der Freizeit auf die Inhalte vorzubereiten oder über die Arbeit auszutauschen, Dinge, die für jede andere Museumsmitarbeiter*in selbstverständlich und unhinterfragt Arbeitszeit sind. Für die Arbeitgeber sind die Vermittler*innen so gut unter den permanenten Druck der Ersetzbarkeit zu setzen, werden dadurch aber auch auf Distanzgehalten - insgesamt eine äußerst fragwürdige Position für einen maßgeblichen „Erfolgsfaktor“ des Museums, der an der Schnittstelle zum Publikum maßgeblich ist.

Als Studentin der Kunstgeschichte nimmt man schlechte Arbeitsbedingungen in Kauf, sieht so manche schlecht bezahlte Stelle (die vielerorts als Volontariat bereits überhaupt zur unbezahlten Stelle mutiert ist) als Sprungbrett und hofft auf bessere Zeiten. Tatsache ist allerdings, dass die Kunstvermittlung tatsächlich zu einem Beruf geworden ist, den viele schon lange – trotz schlechter Bedingungen - als solchen leben. Seit in den späten 80er Jahren und frühen 90er Jahren die engagierte Kunstvermittlung sich in Form von Vereinen von außen an die Institutionen angenähert und erobert hat, wurden es immer mehr, die dieses Feld der Bildung, der aktiven Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur nicht mehr verließen. Die Institutionen erkannten den Mehrwert einer verlässlichen Vermittlungsarbeit, erkannten, dass etwa qualitätsvolle Arbeit mit Schulklassen die Besucher*innenzahlen in von der Politik erfolgsversprechende Höhen treiben kann. Unabhängig von Ausstellungen entstehen seit vielen Jahren vielerorts auch Formate, Veranstaltungen und Programm, das ein breites Publikum in die Häuser führt. Nicht immer sind es die vielzitierten Blockbuster Ausstellungen, die die Häuser füllen. Immer öfter auch Angebote, die ein lokales Publikum ansprechen und an die Häuser bindet, die abseits von Massentourismus auch auf Beständigkeit für die Zukunft bauen. 
Es sind die Abteilungen für Bildung, Publikum und Vermittlung, die diese initiieren, definitiv aber jene vermehrt, denen ein eigenständiges professionelles Arbeiten ermöglicht wird. 
In Zeiten in denen die Kulturvermittlung immer dann ein „Mascherl“ ist, wenn es um die Legitimation der Museen in politischen Diskussionen per se geht, ist es an der höchsten Zeit, dieser auch die notwendigen Rahmenbedingungen zu geben. 
Vieles davon wurde Ende Jänner im Depot diskutiert und verlangt nach weiterer Verfolgung. Das neue Regierungsprogramm das inzwischen publiziert wurde, stimmt viele hoffnungsvoll, zumal dort auf Seite 50 erklärt wird, dass die „Position der Kunstvermittlerinnen und –vermittler in den Kulturbetrieben“ gestärkt werden soll. Erste Gespräche mit Regierungsverantwortlichen sind anberaumt und nächste Schritte sind in Ausarbeitung. Informieren kann man sich darüber auf der Facebookseite des Verbandes der Österreichischen KulturvermittlerInnen.

Webseite des Verbandes der Österreichischen KulturvermittlerInnen.

Der Verband auf Facebook

Dienstag, 25. Februar 2020

Koloniales Raubgut in Bundesmuseen

Es ist den Neos zu verdanken, daß man nun ziemlich genau Bescheid weiß, was an sogenannter kolonialer Beute in Bundesmuseen vorhanden ist. Der Standard berichtet verdienstvoller Weise ausführlich dazu. (hier der Link). Nun ist die Frage, ob der Rückgabe von NS-Raubgut analoge Verfahren eingerichtet werden.
Nicht ganz unerheblich Scheiben mir die derzeit über 150 Posts zum Standard-Artikel von Olga Kronsteiner. Sie sind mehrheitlich aggressiv und gegen jegliche Rückgabe formuliert und reproduzieren uralte Klischees, wie das von der konservatorischen Leistung europäischer Museen, die damals wie heute allein das sachgerechte Überdauern der Sammlungen garantieren könnten.

Dienstag, 21. Januar 2020

Das Heeresgeschichtliche Museum hat "Braune Flecken"? Wenn es nur das wäre. Es gehört geschlossen


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ORF.at berichtet heute (Online seit heute, 5.00 Uhr 21.1.2020, hier der Link) unter dem Titel „Braune Flecken in HGM?“ über eine Ausweitung der, nun sagen wir mal „Prüfung“ des Heeresgeschichtichen Museums. Mehrere Zeitungsberichte hatten im September des Vorjahres über NS-affine Literatur und Shopartikel im Museumsshop sowie merkwürdig militaristische Veranstaltungen berichtet. In zwei Blogs waren diese und andere, aber erhebliche erweiterte Vorwürfe erhoben worden. Das Verteidigungsministerium kündigte eine Untersuchung an. Jetzt soll sogar das ganze Museum überprüft werden. Es wurde eine externe Kommission zur Prüfung des Museumsshops eingesetzt und dann noch eine zweite im November, die den Ausstellungsteil, der die Zeit zwischen 1918 und 1945 zeigt, überprüfen sollte. Noch im Dezember hat der Minister der sogenannten Übergangsregierung, Starlinger, dann „die Untersuchung auf das gesamte Museum samt Außenstellen ausgeweitet“.

Bei der Prüfung, berichtet der Ort, gehe es grundsätzlich nicht um die Zeit des Nationalsozialismus. Es solle, so teilt der Sprecher des Ministeriums mit, „ob man museumsdidaktisch auf dem letzten Stand ist“ und „ob man den richtigen Zugang hat.“ Zusätzlich prüft die die Disziplinarabteilung des Museums Vorwürfe, wonach die Besucherzahlen des Museums verfälscht worden sein könnten.

Andere Vorwürfe richten sich gegen den genannten Ausstellungsteil, der vom früheren Direktor des HGM, Manfrede Rauchensteiner konzipiert wurde. Demnach seinen in diesem Abschnitt Objekte nicht kontextualisiert, es werde zu wenig erklärt. Wehrmachtssoldaten würden etwa nicht als Täter der NS-Vernichtungsmaschinerie erwähnt.

In den seinerzeitigen Medienberichten war außerdem auch von der Existenz eines rechten Netzwerk im Museum die Rede und daß mehrere Mitarbeiter Burschenschaften angehörten.

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So. Es gibt jetzt also zwei oder gar drei Kommissionen, die etwas untersuchen. Wünschen wir diesen Kommissionen das Beste. Aber fragen wir uns, ob nicht schon das ganze ministerielle Procedere dazu geeignet ist, die Probleme kleinzureden. Es ist eine Leistung von Bürokratien, durch ihre Verfahren so etwas leisten zu können. Da ist zuerst einmal die Aufteilung der Kritik in mehrere Kommissionen, die eine Konzentration auch der öffentlichen Aufmerksamkeit auf Teilbereiche lenkt und verhindert, daß das Museum als Ganzes in den Blick kommt, die Frage nach seiner Berechtigung in der jetzigen Form, die Frage nach seiner ideologischen und seiner geschichtswissenschaftlichen Ausrichtung und die Frage nach seiner Organisation als Bundesmuseum das dem Landesverteidigungsministerium unterstellt ist.
Schwerer wiegt, daß die Formulierung der Frage- und Problemstellungen, die als aufklärungswürdig gelten, ebenfalls die zentralen Fragen einengen und auf Teilaspekte so beschränken, daß die Komplexität der Institution, ihrer Dauerausstellung mit allen ihren Aspekten (Gestaltung, Texte, Objektdisposition, Narrativ etc.) gar nicht mehr sichtbar werden. „Ob man den richtigen Zugang“ habe, ist eine völlig schief gestellte Frage, denn einen richtigen Zugang git es nicht und ob man museumsdidaktisch auf dem letzten Stand ist, läßt sich auch als rein methodische Spezialfrage unter Ansehung aller Inhalte abhandeln. In der fragwürdig eingestuften „zeithistorischen“ Abteilung fehlt nicht einfach die Kontextualisierung oder ausreichende Erklärung, hier geht es um ein schiefes und fragwürdiges Geschichtsbild und seine Umsetzung als Ausstellung.
Das Museum selbst aber auch das Ministerium - und man wird sehen, ob die Kommission dieser Haltung folgt -, macht auf Unschuldskomödie. Kritik am Museum, Kritik an den genannten Vorfällen und Ausstellungsteilen - nie gehört, gibt es nicht. Es wird schlicht ignoriert, was es schon an Kritik am Museum - Revisionismus ist ja kein kleiner Vorwurf -, gibt.

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„Braune Flecken?“ Wenn es nur das wäre! Das Museum hat eine uralte, in jeder Hinsicht dringendst veränderungswürdige Dauerausstellung. Es huldigt einem überholten patriotisch-monarchischen Bild österreichischer Geschichte, in dem der Geschichte der Armeen folkloristisch-patriotisch gehuldigt wird. Die spät(er) hinzugefügte Ausstellung - ich kenne nur kritische bis vernichtende Urteile von HistorikerInnen und MuseologInnen, niemand verteidigt die Ausstellung -, entstand mit dem Ehrgeiz, so etwas ein österreichisches Geschichtsmuseum angesichts der fruchtlosen Endlosdebatte um ein „Republikmuseum“. Der Ehrgeiz von Herrn Rauchensteiner, aus dem Heeresgeschichtlichen Museum so etwas wie ein Haus der Gesichte werden zu lassen, hat seinerzeit auch das Wohlwollen eines Standard-Chefredakteurs gehabt (vgl. Gerfried Sperl am 16. August 2015) - man darf nicht vergessen, wie viel Ahnungslosigkeit, Desinteresse und Oberflächlichkeit in solchen Debatten zirkuliert.

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Wenn sich nicht eine gewichtige zivilgesellschaftliche Kritik herausbildet, die die fachliche Kompetenz von HistorikerInnen, MuseologInnen usw. einzubinden versteht, wird man im Schachspiel der Politik und Verwaltung - mal lese mal dazu Wolfgang Zinggls (hier der Link zum Anfragetext) parlamentarische Anfrage und den Antworttext des Ministers (hier der Text)  - wenige Züge machen können. Deshalb ist die geplante Tagung am 24.1 () so wichtig und interessant, auch wegen der Multidisziplinarität.

* Zur Geschichte und Architekturgeschichte sowie zur ursprünglichen Funktion des "Arsenals" als gegenrevolutionäre Anlage siehe hier.

* Zur aktuellen Debatte um das Museum und Vorwürfe und Kritik an ihm siehe hier.

* Endlich gibt es Kritik am Heeresgeschichtlichen Museum. Ein Post (hier der Link) zum Beginn der Debatte ums Museum vom September 2019 und Links zu den Quellen und Initianten, die die Debatte mit ihren Recheerchen angestoßen hatten.

* Gerhard Roth hat vor vielen Jahren einen wunderbaren Text zum Museum verfasst. Hier ein Appetithäppchen - als Anregung, den ganzen Text zu lesen: Link


Sonntag, 5. Januar 2020

Warum es keine staatliche Museumspolitik in Österreich gibt und wohl auch weiterhin keine geben wird

Das Kulturkapitel in der Regierungserklärung 2020 hat rasch Reaktionen hervorgerufen, die meisten skeptisch bis abwehrend, etwa was eine Museumsholding betrifft. Überraschend sind aber weder ideologisch-politische Ablehnung noch der Text selbst. Wie schon in früheren Regierungspapieren werden diverse Massnahmen angekündigt, die untereinander kaum Verbindung haben und auch keinerlei leitender Vorstellung folgen. Was immer dann von den angeführten Massnahmen umgesetzt werden wird, einer kulturpolitischen Idee folgt die Regierungserklärung nirgends. 
Es lohnt sich also nicht einmal Gegenargumente zu sammeln, zu vage sind die einzelnen Punkte, zu zusammenhanglos, zu offen, was deren Umsetzung in die Praxis betrifft. Und es sind durchweg technische Massnahmen, jedwede inhaltliche Positionierung wird vermieden. Dass das Volkskundemuseum in Wien saniert gehört, baulich und finanziell, das wird niemand bestreiten. Aber ist ein Volkskundemuseum in der bisherigen Form inmitten einer urbanen Umgebung noch zeitgemäss? Zu solchen Fragen schweigt sich das Papier aus. 

Schon bisher gab es keine kohärente Kulturpolitik. Was nun wieder beklagt wird, dass innerhalb der Aufteilung der Regierungsagenden Kultur einen marginalen Platz einnimmt, ist nicht neu. Was an diesem Katalog «grün» sein soll, kann ich nicht sagen – gab es denn je so etwas wie eine grüne Kulturpolitik? Immerhin hatten die Grünen lange Zeit den prominentesten Kulturpolitiker, Wolfgang Zinggl, der sich aber als ein Art kultureller Korruptionsanwalt verstand und ebenfalls nie, mangels politischen Einflusses der Grünen, nie so etwas eine leitende, in der Parte der Grünen verankerte Idee verfolgte. Immerhin legte er 2016 ein beachtliches Papier zur Situation der Museen vor. (Sie die weiterführenden Links am Ende des Textes).

Deshalb lohnt es sich auch nicht, auf Details einzugehen oder Fehlendes zu beklagen. Man sollte sich zwar nicht gleich fürchten müssen, aber skeptisch sein: Die Massnahmen, die der Staat für die von ihm finanzierten Museen in den letzten Jahrzehnten getroffen hat, waren meist eher nachteilig und wurden den Eigentümlichkeiten der Institution nicht gerecht. Die Bundesmuseen als «wissenschaftliche Anstalten» gesetzlich zu verankern, verfehlt schlicht den gesellschaftlichen Sinn und Auftrag, den diese Einrichtungen haben und die Museumsfinanzierung via Ausgliederung am niederländischen Vorbild auszurichten, scheiterte daran, dass das Finanzministerium auf der Deckelung der Finanzierung bestand. Mit den bekannten gravierenden Folgen.

Eher kann man die Prognose wagen, dass es auch künftig so etwas wie Kultur- oder Museumspolitik nicht geben wird. Dafür gibt es vor allem zwei starke Gründe. Der eine liegt darin, dass dieses Politikfeld für Parteien in jeder Hinsicht unattraktiv ist - für Machterhalt, Klientelismus, Wählermobilisierung uninteressant. Hier verbrennt sich niemand die Finger. Der andere Grund ist der, dass Parteien ohnehin über einen beispiellosen vielfältigen Einfluss verfügen – über Finanzierung, Personalpolitik, Entsendung von Aufsichtsorganen u.a.m. Die Gründung eines Republikmuseums aus dem Büro eines Ministers heraus (die Folgen dieser undurchdachten, überhasteten Museumsgründung werden kaum zu reparieren sein) oder die Abberufung Sabine Haags als Direktorin mögen als Beispiele genügen. 

Meine Skepsis stützt sich aber nicht nur auf diese beiden Aspekte. Es gibt zwei weitere Umstände, die eine Hypothek für jede Ambition darstellen, so etwas wie staatliche Museumspolitik zu betreiben. Es gibt für das (kleine) Politikfeld (staatliche) Museen vier Akteure. Politik/Verwaltung; Museen/Museumsmanager; Besucher; und (v.a. bei Kunstmuseen) Sammler/Galerien. Museumspolitik müsste das Beziehungsgeflecht zwischen den vier Akteuren und den unterschiedlichen Interessen neu gestalten. Da aber die Politik aus den genannten Gründen kaum ein Interesse an einer kohärenten, langfristigen Museumspolitik hat; da die Institutionen und ihre Leitung auf ihrer Autonomie beharren (was das Beharren einer ziemlich unzeitgemässen hierarchisch-autoritativen Leitung inkludiert); da das Publikum nahezu komplett aus dem Diskurs ausgeschlossen ist und keinen Einfluss auf Museen hat; da das Interesse von Sammlern/Galerien/Stiftern ziemlich eng und vorwiegend ökonomisch motiviert ist – wer sollte dann eigentlich der Akteur einer Museumspolitik sein? Von wem sollte eine diesen Positionen und Interessen übergeordnete Museumspolitik kommen? 

Und: Soll man es sich denn überhaupt wünschen, dass die Politik die leitenden Ideen formuliert, an denen sich Museen ausrichten sollten? (Das kann sie auch gar nicht). Es geht um eine gesellschaftliche Aufgabe, die nicht kleinen politischen, strukturell fachlich inkompetenten Eliten überlassen werden dürfte, sondern Formen der Partizipation auf allen Ebenen erforderte. Andere Länder sind da schon weiter, kennen Praktiken und Methoden so etwas zu gewährleisten und leisten sich Entwicklungspläne und evaluierte Zielformulierungen. Also stellt sich eine zweite Frage, die anders als die eben geschilderte, sehr besonders österreichisch ist und etwas mit der Geschichte und Soziologie des staatlichen Museumswesens zu tun hat. Der Grossteil der vom Bund verwalteten und finanzierten Museen ist in der Donaumonarchie entstanden, z.T. aus habsburgischen Sammlungen. Im Vergleich zu Deutschland, England, Frankreich oder der Schweiz spielte hier bürgerliches Engagement eine geringere Rolle (das gilt nicht für die Museen in den Ländern und Städten). Das Museum, das heute als bedeutendstes Österreichs gilt, das Kunsthistorische, wurde als Hofmuseum geplant und gebaut, als ein Museum, das den Glanz der Habsburgermonarchie und die Sammelpolitik des Hauses Habsburg feiern sollte, während andere Staaten schon Jahrzehnte ihre nationalen Institutionen als bürgerlicher Ideologie verpflichtete Bildungseinrichtungen gegründet hatten.

Der Versuch, die «Republikanisierung» der Museen nach 1918 zu betreiben scheiterte. Der Staat Österreich war gezwungen, das riesige «Erbe» der Monarchie zu übernehmen und zu transformieren. Bei den Museen fand dieser Prozess nicht statt. Hans Tietze, ein bedeutender Kunsthistoriker, Historiker und Denkmalpfleger versuchte als Leiter des Unterrichtsamtes und zuständig für die Museen, eine durchdachte Politik der Transformation einzuleiten. Eine, die der Republik ihr adäquate Institutionen geben sollte. Er scheiterte mit seinem Konzept am konservativen Widerstand. Seither wurde nie wieder versucht, so etwas wie eine Museumspolitik des Bundes auch nur zu denken und die Versäumnisse von damals sind die Probleme von heute (etwa die unnötig durch Sammlungsüberschneidungen verschärfte Konkurrenzsituation).
Man könnte einwenden, dass eine «Republikanisierung» nun nicht mehr nötig sei. Die Popularisierung des Museums, der Museumsboom, die Steigerung der Besuchszahlen, das alles sei ja als ein Prozess der Demokratisierung zu verstehen. Hier teile ich aber die Skepsis eines Walter Grasskamp, eines Museologen und Kunsthistorikers, dessen Urteil ich sehr schätze. Er analysiert die Museumsentwicklung der letzten Jahrzehnte, die Wandlung zum Freizeitort, die Eventisierung, die Übernahme sozialpolitischer Aufgaben u.a.m. als «Vergessen» dessen, was Museen ausmacht und historisch ausgemacht hat.
Genau hier tauchen Fragen auf nach dem, was man sich von Museen eigentlich erwartet. Wozu brauchen wir Museen? Welchen Ansprüchen sollen sie gerecht werden? Welchen gesellschaftlichen Sinn sollen sie (mit)tragen? Welcher «Wohlfahrt» sollen sie, die als steuerfinanzierte Institutionen Teil des Wohlfahrtsstaates sind, dienen? Braucht man Museen eher als Orte des folgenlosen ästhetischen Genusses, der zerstreuenden Schaulust oder als Medien von Reflexions- und Orientierungswissen, mithin als Zukunft aufschliessend und nicht bloss Tradition hortend? (Das was (Musik)Theater, Kino, Literatur sehr wohl können).
Diese Fragen wurden, wenig überraschend, auch diesmal nicht gestellt (im Regierungsprogramm) und sie werden auch künftig, denke ich, nicht gestellt werden. 

Verwandte Themen: Es gibt keinen "Fall Eike Schmidt". Hier findet sich etwas Ausführlicheres zur seinerzeitigen Abberufung von Sabine Haag und der ErnennungEike Schmidts zum Leiter des Kunsthistorischen Museums. Der "Fall" hat sich zwar erledigt, aber als symptomatisch für staatliches, parteipolitisches Handeln soll die Geschichte in Erinnerung gehalten werden. Hier der Link.
Von 2017 stammt ein Blogeintrag, der wiederum das Kunsthistorische Museum ins Zentrum rückt und die "Genealogie" seiner Leitungen - als Versuch, das Fehlen, und etwa schon von Hermann Fillitz eingeforderte Museumskonzept - "hsitorisierend" verständlich zu machen. Hier der Link
An der Übernahme der Sammlung Esel durch die Albertina gab es seinerzeit massive Kritik. Sie bezog sich sowohl auf die Planlosigkeit des Umganges des Bundes mit Sammlungen als auch auf die Konterkarieren einer mit dem von der Regierung in Auftrag gegeben "Weissbuch" angebahnten grundsätzlicheren Museumsreform. Hier der Link
Ein schon eine gute Weile zurückliegendes Interview mit Martin Fritz im Standard erinnert daran, wie sehr sich - was Fritz schon damals feststellte - Die Diskussion im Kreis dreht. Hier der Link
Mit der Frage, ob es so etwas wie eine "Grüne" Museumspolitik gibt, habe ich mich schon mal beschäftigt, anlässlich der Veröffentlichung eines umfangreichen und beachtlichen Papiers, das Wolfgang Zinggl verfasst hat. Hier der Link mit dem weiterführenden Verweis auf das Online-Dokument.


Montag, 6. Mai 2019

#wirgehenleeraus - MitarbeiterInnen der Bundesmuseen fordern bessere Arbeitsbedingungen und einen Kollektivvertrag

Passend zum 1.Mai berichtete der Standard, daß sich MitarbeiterInnen der Bundesmuseen gegen schlechte Arbeitsbedingungen und "und geringe Stundenlöhne ab 6,50 Euro" organisiert haben: #wirgehenleeraus.

Hier die Adresse, unter der sich die MitarbeiterInnen sammeln: http://www.wirgehenleeraus.at/

Samstag, 23. Dezember 2017

Die Verdienste des Herrn Busek um die Verdienste des Herrn Batliner

Wer sich gerne über die österreichische Museums- und Kulturpolitik wundert, lese nach. wie Herr Erhard Busek, der Vorzeigeintellektuelle der ÖVP, das "Geschenk Batliner" feiert. Hier der Link. Und hier etwas, was ich schon mal zu Batliner und seinem Segen, den er über die Albertina gebracht habe, geschrieben habe.



Freitag, 12. Mai 2017

Stella Rollig und Wolfgang Bergmann, die Leitung des Belvedere: "Essl-Deal mit Albertina falsch"

Dass die Albertina die Sammlung Essl übernommen hat, hält Rollig für falsch. Ob sie sie gerne gehabt hätte? "In Bausch und Bogen nicht unbedingt. Es hätte im Einvernehmen der betreffenden Museumsdirektorinnen und des Direktors - also von Karola Kraus, Klaus Albrecht Schröder und mir - ein Konzept für die Zukunft der Sammlung erarbeitet werden müssen. Da werden Sie jetzt keine Lösung von mir hören. Aber die Sammlung in toto als Dauerleihgabe staatlich zu übernehmen und der Albertina zuzuschlagen, halte ich für falsch." Bergmann hofft auf künftige Verbesserungen, etwa durch die neugeformte Bundesmuseenkonferenz: "Das Essl-Beispiel hat mit Kooperation überhaupt nichts zu tun, sondern ist das Gegenteil davon. Insofern ist zu hoffen, dass das ein einmaliger Vorgang war."
Kurier 10.5.2017 

Mittwoch, 12. April 2017

Albertina, Sammlung Essl, Haselsteiner, Drozda, Schröder... Verheerende Museumspolitik

Die "Einigung", die Sammlung Essl unter der Regie der Albertina und ihres Direktors im Künstlerhaus zu zeigen, ist gleich mehrfach bemerkenswert. Sie zementiert die Transformation der einstigen Grafischen Sammlung zum halbseidenen Kunstmuseum, sie schafft einen weiteren Schwerpunkt zeitgenössischer Kunst neben den bereits zu viel existierenden, sie schafft einen weiteren Präzedenzfall einer Public Private Partnerschaft, die zuungunsten der öffentlichen Hand ausgelegt ist und ein weiteres Einfallstor für private Sammler in staatliche Museen schafft und sie macht auf lange Sicht die laufende Neuordnung der Bundesmuseen obsolet.

Aber ich muß in diesem Fall nicht so viele Worte verlieren. Dieter Bogner hat im KURIER Klartext geredet: "Diese aus inhaltlicher, finanzieller und museumspolitischer Sicht unverständliche Entscheidung torpediert den von Minister Drozda zum Ausdruck gebrachten Reformwillen, die Arbeit des von Köb geleiteten Teams und der parallel dazu mit einem Gutachten beauftragten Beratungsfirma. Ich frage mich: Wie konnte ein solch gegenläufiger Coup einiger Privatleute gelingen? Ich möchte genau wissen, wie der Deal gelaufen ist. Auch die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, Einblick in die Abmachungen zu gewinnen. Da darf es keine Geheimnisse geben! ... Die Entscheidung, mit öffentlichen Mitteln die Lager- und Erhaltungskosten einer privaten Sammlung zu finanzieren, kann ich nicht gutheißen. Denn sie befindet sich im Eigentum eines gewinnorientierten privaten Unternehmens, das über weitere Gesellschaften und Stiftungen zu 60 Prozent dem Vermögen der Familie von Hans Peter Haselsteiner zuzuordnen ist. Das Steuergeld fehlt den anderen Bundesmuseen, um deren Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft zu erfüllen. Die Familienstiftung könnte es sich leisten, diese Kosten selbst zu tragen! Wenn einer der reichsten Österreicher sich vom Steuerzahler sein Depot bezahlen lässt, warum sollte da noch irgendein Sammler auf den verwegenen Gedanken kommen, einem Museum Kunst zu schenken? ... Laut Wikipedia gehören die Werke der gewinnorientierten, also nicht gemeinnützigen SE-Sammlung Essl GmbH. Wenn das stimmt, betrachte ich die Aktivitäten des Unternehmens als eine Art Kunsthandel. In dem hinter dem Deal identifizierbaren Geflecht aus Firmen und Privatstiftungen sind weder Hans Peter Haselsteiner noch Karlheinz Essl als Personen geschäftsführend tätig. Wer kauft und verkauft dann die Kunstwerke? Wer trifft die Entscheidungen? Was geschieht mit Gewinnen, die erwirtschaftet werden? Auch wenn wir diese Fragen nicht beantworten können, scheint eines klar: Unter dem Dach der Albertina könnte sich ein gewinnorientierter Umgang mit Kunst zum Vorteil privater Firmen und deren Gesellschafter entwickeln. Worauf hat sich Minister Drozda da nur eingelassen? War ihm das alles nicht bekannt? Die befristete Übernahme der Sammlung Haselsteiner, vormals Essl, ist – meinem Rechtsverständnis nach – zudem fragwürdig, weil nicht lückenlos durch das Bundesmuseengesetz gedeckt. "

Der ganze Text hier: https://kurier.at/kultur/dieterbogner-sie-sollten-den-vertrag-aufloesen/256.493.852


Montag, 17. Oktober 2016

Bundesmuseen, mal grundsätzlich

Es kommt ja nicht so oft vor, daß eine Zeitung Platz gibt für eine grundsätzliche Erörterung der Situation der Bundesmuseen. Im Standard wird Martin Fritz befragt und so gut wie allem kann man gerne zustimmen, Befund wie Empfehlungen. 
Woran es halt mangelt, ist das "Subjekt", das gute Ideen und Analysen in die Praxis umsetzt. Zivilgesellschaftlich tut sich so gut wie nichts, kulturpolitisch strukturell auch nicht und die Museen haben ihre Kirchtumpolitik.
Immerhin, die auch heute bekannt gewordene Bestellung von Stella Rollig zur Leiterin des Belvedere könnte über das einzelne Museum hinaus Bedeutung bekommen.

Hier der Link: http://derstandard.at/2000045930542/Museumsexperte-Martin-Fritz-Wien-hat-immer-noch-hoefische-Zuege

Eine sehr schöne Nachricht: Stella Rollig wird Leiterin des Belvedere

Mit Stella Rollig bekommt eines der großen Bundesmuseen eine überaus reflektierte Direktorin. Ihre Berufung stellt nicht nur personalpolitisch gegenüber Agnes Husslein was Haltung und Persönlichkeit betrifft eine vollkommene Kehrtwende dar, sie könnte auch über das Belvedere hinaus auf die Museumsdiskussion in Wien und die Museumspolitik des Bundes Auswirkungen haben. 
Im heutigen Standard-Interview wird Stella Rollig unter anderem so zitiert: "Ich meine, dass Museumsarbeit klar von einer politischen, ethischen Haltung grundiert sein muss." 
Das ist ein vollkommen neuer Ton in der österreichischen Museumslandschaft und er wird verstärkt durch die gewichtige Position an einem wichtigen Haus.
Wunderbar, ich bin neugierig, was nun an diesem Haus und in der Bundesmuseumsszene passieren wird.

Freitag, 9. September 2016

Gibt es eine "grüne" Museumspolitik?

Das Verdienst der "Grünen" in Österreich ist es, als einzige Partei regelmäßig zu kulturpolitischen Fragen Stellung zu beziehen und Vorschläge auszuarbeiten. Das schließt Äußerungen zur Entwicklung der Museen und zur Museumspolitik selbstverständlich ein. Nachdem der für die staatlichen Museen zuständige Minister angekündigt hat, aus Anlass des Skandals um Agnes Husslein nicht nur auf diesen Fall zu reagieren, sondern umfassendere Reformen einzuleiten, ist es konsequent sich dazu zu Wort zu melden. Der Kultursprecher Wolfgang Zinggl hat nun 21 Seiten umfassende "Vorschläge zu den Bundesmuseen" vorgelegt. Auch die Mühlen der "Grünen" mahlen langsam. Elf Jahre hat es gedauert, bis ein Text von 2005 überabeitet nun als Konzept von 2016 vorliegt. Und zwar hier.

Montag, 8. August 2016

Der "Fall Husslein", die Strukturreform der Bundesmuseen und die Notwendigkeit die Probleme zu historisieren

Die "großen" medialen Reaktionen auf Museumsereignisse betreffen entweder Blockbusterausstellungen oder Personalia. Beides trägt nichts zur Kritik des Zustandes der Bundesmuseen bei und wird auch nichts bei einer von Minster Drozda angekündigten (in seiner Reichweite unklaren) "Reform" der Museen beitragen.
Auf Facebook ist inzwischen eine im Umfang bescheide Debatte darüber entbrannt, wer denn nun in der Geschichte des Kunsthistorischen Museums als erster Reformen begonnen hat. Wilfried Seipel, Hermann Fillitz oder Friederike Klauner.
Damit wird aus der Personaldebatte eine über Qualitäten der Museumsleitung und -arbeit und eine über die Entwicklung des Flaggschiffs der Bundesmuseen.
Gut.
Der Anlass ist ein Interview, das Thomas Miessgang in DIE ZEIT mit Hermann Fillitz geführt hat (hier der Link), der seinerzeit, nicht unumstritten, zugleich das Kunsthistorische Institut der Universität und das Kunsthistorische Museum geleitet hat.
An Fillitz' Tätigkeit am Museum erinnere ich mich überhaupt nicht, seltsam, aber ziemlich gut an Friederike Klauner, die wie er, auf einem Museumverständnis als wissenschaftlicher Anstalt behartte und recht offen gegen jede Popularisierung polemisierte. Was im Widerspruch steht zu dem, was sie, ich zitiere Almuth Spiegelrs Artikel über sie aus 2009, in die Gänge gebracht hat: "Sie richtete die Sekundärgalerie ein, eröffnete in Schloss Ambras Porträtgalerie, Kunstkammer und Rüstkammer, in Schönbrunn die Wagenburg, in der Neuen Burg das Ephesus Museum. Außerdem forcierte sie Kinderführungen und richtete das erste Café-Restaurant im KHM ein."
Ich denke, Seipel ist nicht schlecht charakterisiert in der genannten Facebook-Diskussion, wo ihn Matthias Dusini gegen seine Kritiker verteidigt: "...er hat als erster erkannt, was für ein kulturindustrielles Potential in den Museen steckt. Und er hat der Politik klargemacht, dass die Museen einen ähnlichen Rang besitzen sollten wie die großen Theater." 
Nur, welche Kriterien haben wir denn, die uns erlaubt diese Genealogie der Direktionen und ihrer Verdienste angemessen zu beurteilen - bis zu Sabine Haag? 
Aufgefallen ist mir in jüngerer Zeit, daß zur Verteidigung angegriffener Leitungspersonen oft behauptet wird, die jeweilige Institution habe sich bis dahin in verstaubten, muffligen, altmodischen Zustand befunden und sei nun sozusagen "erweckt" worden. Modernisierung wird so erklärt und fetischisiert. Einerseits stimmt das nicht mal vordergründig, aber ein Argument versteckt sich in einer solchen Argumentation: die Abwertung der wissenschaftlichen Arbeit und Qualifikation. Die Albertina z.B. hatte vor dem jetzigen Direktor hervorragende wissens- und forschungsbasierte Ausstellungen und Publikationen gemacht, die sich nichjt immer nur an Experten richteten. In dieser Hinsicht gibt es, da muß man Herrmann Fillitz recht geben, Rückschritte. Auch bei Berufungen spielt die wissenschaftliche Qualifikation nicht die zentrale Rolle - und schon gar nicht die museologische Kompetenz.
Lohnen würde es sich wohl, diese Genealogie bzw. Museumsgeschichte erst einmal zu vervollständigen und möglicherweise mit nicht mehr zu beginnen als einer "dichten Beschreibung" dessen, was in den jeweiligen Direktionszeiten denn so entwickelt und verwirklicht wurde.
Die Kriterien wären verallgemeinerbar und man könnte sie auf die Bundesmuseen anwenden und in einer Strukturreforms-Debatte sehr gut brauchen.
Es lohnte sich sehr, die Geschichte der Entwicklung der staatlichen Museen bis in die erste Republik (mindestens) auszudehnen, bis zu jenem - gescheiterten - und sehr ambitionierten Versuch Hans Tietzes, des Kunsthistorikers und für die Museen zuständigen Beamten, die Sammlungen der Monarchie zu "Republikanisieren".  Er war Ministerialreferent für Museen und Denkmalpflege des Unterrichtsministerium, wo er bis 1925 in Konzepten - Die Zukunft der Wiener Museen, Wien 1923 - und Zeitungsartikeln die Reform anbahnte. Er scheiterte an der konservativen Politik und wohl auch am Widerstand der Museen.
Hier liegt ein Versäumis vor, an dessen Folgen sich schon Generationen abgearbeitet haben - ohne möglicherweise über die Quelle so mancher strukturellen Eigentümlichkeit der Museen des Bundes Bescheid zu wissen.
Wenn Hermann Fillitz in dem Interview eine umfassende Strukturreform fordert, hat er wohl recht. Bloß gibt es nicht das kleinste Anzeichen dafür, daß die Beteiligten zu jenen tiefgreifenden Umbrüchen fähig werden, wie man sie von der sehr zentralsierten Politik und Verwaltung Frankreichs her kennt. Und kaum ein Minister wird sich auf eine umfassende Reform einlassen, die schlafende Hunde weckt - gar nicht zu reden von den Leichen im Keller der Versäumnisse...



Donnerstag, 28. Juli 2016

Die noch nicht ausreichend gewürdigten Verdienste der Agnes Husslein um die Reform der Bundesmuseen

Jetzt scheint es also vorbei zu sein, mit dem Direktoriat von Agnes Husslein im Belvedere. Der Kuratoriumsvorsitzende ist zurückgetreten und die Ausschreibung der Leitung beginnt mit einem zweiten Anlauf.
Was ist passiert? Minister Drozda hat ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben (hier das Gutachten) und in dem wird ausführlich dargestellt daß die Verfehlungen von Frau Husslein Grund zur sofortigen Kündigung wären. Aber da das Kuratorium lange von den Verstößen wußte und nicht gehandelt hat, wurde dadurch diese Option aufgehoben. Wir lernen: Ein Kuratorium kann jemanden, der sehr wahrscheinlich gegen das Gesetz verstoßen hat, davor schützen, zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Also zwingt der Minister den Kuratoriumsvorsitzenden zum Rücktritt, ersetzt ihn durch eine Sektionschefin seines Minsiteriums, und kündigt eine umfassende Reform an, die zunächst einmal die Arbeit der Kuratorien und zwar aller, nicht nur des des Belveders, neu regelt.
Und er geht einen Schritt weiter und kündigt eine Art Evaluation der Bundesmuseen, ich gehe davon aus, ehr nur ihrer organisatorischen Struktur, an. Und holt sich dafür nicht den schlechtesten Berater: Edelbert Köb.
Das alles ist ein Verdienst von Agnes Husslein-Arco. Bravo!
Nur: Direktorin wird sie wohl kaum bleiben können.

Sonntag, 17. Juli 2016

Frau Husslein inspiriert mich

Nicht daß ich jetzt auch noch was zu Frau Husslein sagen will! Das Wesentliche ist gesagt. Eine tolle Direktorin! Hat die Besucherzahlen erhöht! Ist durchsetzungsfähig! Feiert gerne Kindergeburtstag im Museum. Mit dem Enkerl.

Egal. Mich hat das inspiriert einen neuen Abschnitt zum meinem Ratgeber "Wie richtet man ein Museum zugrunde" hinzuzufügen. Hier der Link (zu einem der meistgelesenen und meistkommentierten Posts dieses Blogs)

http://museologien.blogspot.co.at/search?q=Wie+man+ein+Museum+zugrunderichtet

Donnerstag, 10. September 2015

Statistik Bundesmuseen 2015. Immer mehr. Aber wovon eigentlich?

Alle Jahre wieder. Die Statistik der Bundesmuseen. Diesmal mehr. Mehr wovon? Von Besuchern. Irgendwann wird vielleicht der Unterschied von Besucherzahlen und Besuchszahlen den Verantwortlichen dämmern. Klar ist es "besser", zu suggerieren, daß so viel mehr Besucher in die Museen strömen. Abgesehen davon, daß die Statistik so lange wertlos ist, als alles zusammengemischt wird (Besuche der Dauerausstellungen, der Sonderausstellungen, von Veranstaltungen jeder Art...). Neu scheint mir (oder wra das in den letzten Jahren schon so), daß die unter 19jährigen, die freien Eintritt haben, extra ausgewiesen werden.

Wer (schlechte, mißliche und mißverständliche) Statistiken mag, hier gehts zu den Details: http://derstandard.at/2000021747729/Bundesmuseen-verzeichnen-steigende-Besucherzahlen