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Dienstag, 29. Januar 2019

Parthenon-Fries. Ein wiederholtes "Ätsch" vom British Museum

Stilsicher hat der deutsche Direktor des British Museum, Hartwig Fischer, ausgerechnet in einer griechischen Zeitung die Verfrachtung des Parthenon-Frieses durch Lord Elgin als "kreativen Akt" bezeichnet. Er stützte sich dabei auf eine etwas abstruse Argumentation. Jede Musealisierung sei nun mal eine Entfremdung eines Werkes von seinem Kontext und verglich die Inbesitznahme des Frieses durch das British Museum mit - ausgerechnet - dem Akropolismuseum, wo ja derselbe "transformative" Vorgang stattgefunden habe.
Auf die paar Kleinigekiten kommts da nicht so drauf an, etwa auf die Unterscheidung von gewaltförmigen und gewaltlosem Handeln.
Schon einer seiner Vorgänger Neil MacGregor, ein Hardliner der Sonderklasse in Sachen Restitution, zeichnete sich durch eine Haltung in Sachen Elgin Marbles aus, die nahe an der Verhöhnung lag. Entgegen der Schutzbehauptung, die Skulpturen seien nicht mehr transportfähig, lieh er welche an die Eremitage aus, während er sich hartnäckig weigerte, auch nur über befristete Leihgaben an Griechenland nachzudenken.
Ein Museumssprecher schob nach: "We believe there is a great public benefit in being able to see these wonderful objects in the context of a world collection." Also: Restitutionskonflikte und -debatten gibt es nicht nur zwischen Europa und Afrika.
Übrigens: Der Chef der Labour-Party, Jeremy Corbin, verspricht im Falle eines Sieges seiner Partei bei Parlamentswahlen die athenischen Skulpturen und Reliefs zu restituieren. Da sollte man vorsichtig sein. Der hatte auch einen Vorgänger im Amt, Tony Blair, der das schon mal aus der Opposition heraus gleichlautend ankündigte. Und das Versprechen dann schnell vergaß, als er Premierminister war.

Mittwoch, 8. März 2017

Kleine Geschichte des Museums. Teil zwei: Wenn es ein neuntältestes Museum gibt, muß es auch ein ältestes geben.



Wenn es ein neuntältestes Museum der Welt gibt (vgl. den ersten Teil der "kleinen Museumsgeschichte), dann muß es auch ein ältestes geben.

1759 wird dort angegeben, das Jahr der Gründung ist aber 1753, das Jahr, in dem der Parlamentsbeschluß zur Übernahme der Sammlung Hans Sloane und die Gründung des British Museum beschlossen wurde.

Verwirrenderweise gibt es aber viele „älteste Museen“. Ich besitze eine kleine Sammlung von
ihnen, das heißt von Museen, die in der museologischen Literatur oder in Lexika als „erste“
genannt werden.
Um es gleich vorwegzunehmen: in keinem Fall hat sich der Autor die Mühe gemacht, seine 
Kriterien zu nennen. Es wird forsch drauflos behauptet: „A Côme, le premier musée d’histoire… “ schreibt wie mit Rufzeichen Roland Schaer 1993 in seiner kleinen Museumsgeschichte, oder Donald Preziosi, ebenfalls 2003, „…the original Ashmolean, the 
first public museum in Europe…“. 

Wenn man "erste Museen" sammelt, hat man bald eine sehr bunte Mischung zusammen und Nennungen, die einen enormen Zeitraum abdecken..

Bei den beiden genannten "Museen" wären wir einmal im 16. und einmal im 18. Jahrhundert. 
Das Britische Museum meldet sich sozusagen selbst zu Wort: The British Museum has the distinction of  being the first national, public and secular museum in the world. Sagt Marjorie 
Caygill in The Story of the British Museum. (London 1981). 1753 ist das Gründungsdatum. 
Immerhin ein Beschluß des Parlaments, eine Privatsammlung unter staatliche Obhut zu 
nehmen. Rein rechtlich ist das neu, bislang haben das nur Kommunen getan, z.B. Basel 
oder Venedig. Noch nie ein Staat.

Wir sind bei Museen angelangt, die sich selbst zum ‚Sieger’ ausrufen, damit erweitert sich 
das Spektrum  "erster Museen" schlagartig. Da findet man dann ein sehr bescheidenes 
fürstliches Naturalienkabinett in Braunschweig neben den Kapitolinischen Museen in Rom, 
die sich auf eine päpstliche Denkmalstiftung berufen: „...decretando l’istituzione del più antico museo pubblico del mondo: la Lupa, posta sulla facciata del Palazzo die Conservatori, diventa il 
simbolo della città...“. (Musei capitolini. Roma 2000). 

Da sind wir dann sogar schon im 15. Jahrhundert. Geht es noch früher. Ja, klar. Man kann mesopotamische Fundstücke als Privatsammlung einer Prinzessin interpretieren und kleine beschriftete Objekte als "Labels" und schon hat man ein "Museum", hunderte Jahre vor 
unserer Zeitrechnung...

Als meistgenanntes ‚erstes’ ‚Museum’ könnte das Alexandrinische Museion gelten. Der 
Brockhaus von 1815: „Museum, eine Sammlung seltener und interessanter Gegenstände 
aus dem ganzen Umkreise der Naturgeschichte und Künste, und in Zimmern und Gebäuden 
zur Ansicht der Kenner und Liebhaber entweder auf Kosten einer Privatperson oder einer 
Regierung aufgestellt. Zuerst wurde diese Benennung, die eine Musengrotte, oder einen Musentempel bezeichnet, dem Theile des königlichen Palastes in Alexandrien gegeben, 
welchen Ptolemäus Philadelphus für die Gelehrten und die Bibliothek bestimmte.“

Doch was gab es dort, das man mit Recht ein "Museum" nennen könnte. Man weiß nicht 
sehr viel über diese Bibliothek, die im 3.Jh. v.Chr. gegründet wurde, jedenfalls nichts, was 
auf eine Sammlung oder Ausstellung und allgemeine Nutzung schließen ließe.

Bleiben wir gleich einmal bei dem letzten Beispiel. Der Brockhaus legt uns nahe, daß wir die Beschreibung – eine Sammlung seltener und interessanter Gegenstände usw. – mit dem Wort Museum gleichsetzen, das in Alexandria erstmals („zuerst’...) angewendet worden 
sei. Das sehr wenige, was man nämlich über das museion von Alexandria weiß, ist, daß es 
eine Priester-Gelehrtengemeinschaft unter dem Protektorat eines Fürsten war, eine große 
und legendäre – sowie vermutlich durch Brandstiftung untergangegangene – Bibliothek.


Museion bedeutet seit der Gründung der Platonischen Akademie (Abbildung) einen 
Wissensort, genauer gesagt den kultischen Mittelpunkt, der Akademie als Ort, an dem alle 
Künste und Wissenschaften vereint sind. In dieser Tradition des Wortgebrauchs steht auch 
noch das museion in Alexandria.

Und die kapitolinische Museen? Die Stiftung einiger bedeutender historischer Objekte durch 
den Papst 1471 an die Stadt Rom ist nicht mal eine Sammlung, sondern ein Ensemble von Objekten, die aus politischer Raison der Stadt zum Zweck denkmalhafter Aufstellung (im 
Freien) geschenkt werden, darunter die berühmte Wölfin mit Romulus und Remus. Dennoch 
gab das Gründungsdatum den Kapitolinischen Museen den Anlass, 1971 eine einmalige fünfhundertjährige Institutionengeschichte zu feiern. Die begann aber erst sehr viel später, 
um 1800, wenngleich inzwischen die Sammlung am Kapitol erheblich vermehrt worden war 
und an Bedeutung gewonnen hatte.

Die Villa des Gelehrten und Bischofs Paolo Giovio am Comer See enthielt einen Raum, der gelehrten Studien gewidmet war, dessen Ausstattung auf die antiken Musen - die ja solche 
Studien "beschirmten" -,anspielte und eine Galerie von Porträts ‚bedeutender Männer’. 
Interessant ist dieser Ort als ein frühes Beispiel für die Belebung des antiken Musenmythos, 
der im Mittelalter fast untergegangen war. 

Aber museion bedeutet hier, Mitte des 16.Jahrhunderts, wie in Alexandria, ehr noch den 
Wissensort und nicht so sehr den Ort der Sammlung, geschweige denn der öffentlichen Ausstellung. Sammeln ist eher ein Sich-Sammeln, nämlich die Versammlung der porträtierten großen Männer um den gelehrten Besitzer der Villa am Comersee.


Mit dem British Museum scheint es eindeutig zu sein. Staatliche Trägerschaft, also auch 
staatliche Obsorge für eine Sammlung ohne definierten Zeithorizont der Bewahrung und 
öffentliche Zugänglichkeit – das ist doch ‚unser’ Museum. Bei genauerem Hinsehen, erweist 
sich aber der ‚nationale’ Charakter der Gründung als unter Museologen und Historikern 
umstritten und die tatsächliche Einrichtung des Museums in einer kleinen, von Gärten 
umgebenen Vorstadtvilla, muß viele Jahrzehnte eher einer jener überlebten 
‚Raritätenkammern’ geglichen haben, wie es sie damals noch viele gab. (Abbildung: Das Treppenhaus mit den ausgestopften Giraffen) Über die 
Unzulänglichkeit der Aufstellung gibt es aufschlussreiche zeitgenössische Quellen. Die 
Kritik betraf aber vor allem die extrem restriktiv gehandhabte Zugänglichkeit. Lange im 
Voraus notwendige Anmeldungen, Zulassung nur kleiner Gruppen und miserable
Betreuung beim Besuch begleiten durch Jahrzehnte das in Montague House untergebrachte Museum. Man darf das British Museum jener Jahre nicht mit dem verwechseln, was es ab 
den 1830er-Jahren war, wo seine Sammlung, auch gespeist aus kolonialer Politik (Elgin 
Marbles) enorm an Zahl und Bedeutung wuchs und das große repräsentative antikisierende Gebäude errichtet wurde..

Die Beispiele genügen, um ein Dilemma sichtbar zu machen. Es gibt vor allem zwei Schwierigkeiten. Das Wort Museum bezeichnet sehr unterschiedliche, untereinander kaum vergleichbare kulturelle Praktiken. Wobei ich hier gar nicht auf Wortbedeutungen 
eingegangen bin, die kaum oder überhaupt nicht mehr mit ‚Sammlung’ oder ‚Ausstellung’ oder ‚Haus’ in Verbindung zu bringen sind.

Die zweite Schwierigkeit liegt in einem methodischen Zirkel. Für eine historische 
Untersuchung bräuchte man einen Begriff, der aber wiederum nur aus einer Geschichte von Praktiken und Riten, von Zuschreibungen und Institutionalisierungen gewonnen werden 
könnte, denen man aber schon eine museale Funktion zuschreiben müsste.

Im Grunde sind wir so gescheit, wie nach den vom neuntälteesten Museum provozierten Überlegungen. 
Aber auch doch etwas weiter, weil das Problem besser, die Aufgabe es zu lösen als 
komplexer und anspruchsvoller sichtbar geworden sind. Und weil einige Schlüsselbegriffe in 
den wenigen zitierten Beispielen aufgetaucht sind: Sammlung, national, Gegenstände, 
öffentlich...

Und noch etwas könnte hilfreich sein an den bisherigen Überlegungen: man sollte immer 
daraus achten, welchen Begriff von Museum jemand hat - so selbstverständlich er erscheint, 
er wird jeweils anders gefüllt sein, abhängig von dem, was der Sprecher an Geschichte und Funktionen bei "Museum" im Kopf hat. Kurz gesagt, das Wort "Museum" ist nicht 
selbstverständlich. Je näher man es ansieht, desto ferner sieht es zurück.

Freitag, 25. September 2015

Internationales Direktorenkarussell

Erst kürzlich habe ich über die Besetzung mehrerer namhafter italienischer Museen mit nicht aus Italien kommenden Direktoren berichtet (hier), da kommt die meldung, daß der Leiter der Dresdner Kunstsammlungen, der Kunsthistoriker Hartwig Fischer, Direktor des British Museum werden wird. Der Direktor des British Museum geht bekanntlich nach Berlin, um dort das "Humboldt Forum" in die Gänge zu bringen. Schon der Vorgänger Fischers, Martin Roth, wechselte nach London un dleitet dort das Victoria and Albert-Museum. Beide "Flaggschiffe" des britischen Museumswesens in "deutscher Hand"?! Und was für ein - sich anbahndes? - neues Verständnis vom Management großer Museen (nach dem Vorbild großer Konzerne und Banken?). Und: wird jetzt ein Niederösterreicher Direktor des Kärtner Landesmuseums werden dürfen oder ein Kitzbühler Leiter des Wiener Neustädter Stadtmuseums?