Mittwoch, 11. März 2020

Die Museen und der Coronavirus. Was bedeutet das Verschwinden der Museen?




Der US-Museologe Stephen Weil hat vor vielen Jahren mal die ultimative Museums-Dystopie formuliert - das völlige Verschwinden der Institution. 

In pädagogischer Absicht und um so grundsätzliche Diskussionen auszulösen, verpackte er die Frage nach der Existenzberechtigung des Museums in Parabeln, in denen er die Leser zum Beispiel aufforderte sich parallel existierende Welten vorzustellen. Die eine mit, die andere ohne Museen. Welche unterschiedliche Entwicklung der beiden Planeten würden wir beobachten? In einer anderen Parabel stellte er die Reaktionen der diversen Museumsberufe angesichts eines ziemlich präzise vorhersehbaren Endes der Welt auf die Probe. Schließt man alle Museen, macht man weiter wie bisher, reagiert man auf die Bedrohung?

Ich dachte nicht, daß Weils wunderbare und tiefschürfende Texte je in irgendeine Nähe zur Wirklichkeit geraten könnten. Nur in der Distanz zu realen Verhältnissen schienen sie zu funktionieren. Als ein Probehandeln, das im Denken verblieb und deshalb ganz radikal sein konnte. So waren sie für kontroverse Diskussionen brauchbar. 

Als ich einmal in Anschluß an einen Vortrag, das Publikum fragte, was das plötzliche Verschwinden der Museen bei ihm auslösen würde, herrschte Ratlosigkeit. Das ist eine zu überfordernde Frage. Überfordernd ist vor allem, gerade das Museum als nie in Frage gestellte Institution, auf seine Bedeutung hin zu debattieren. Was bedeutet, es auch von Grund auf in Frage stellen zu können. 

Diese Infragestellung beginnt gerade. Jetzt verschwinden Museen. Viele, nicht alle und auf Zeit, nicht buchstäblich und möglicherweise nur für Wochen. Ein sich schnell ausbreitender Virus scheint das zu erzwingen und möglicherweise werden ja aus Wochen Monate. 

Die ersten Reaktionen beklagen nicht etwa einen Bildungsverlust sondern beschwören eine finanzielle Krise. Die ist bei staatlichen, also steuerfinanzierten Museen, weniger bedrohlich als bei vielen anderen kulturellen Praktiken. Aber bei sehr langer Schließung würde es tatsächlich zum materiellen Crash kommen können.

Noch stellt niemand die Frage nach der Bedeutung der Museen, nach dem Ausmaß des immateriellen Verlustes. Das kann ja noch kommen.


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