Donnerstag, 19. April 2018

Ein Schloß, ein Präsident, eine Kanzlerin. Museumspolitik im Großmaßstab.

Ich arbeite gerade an einem Text zum Berliner Humboldt-Forum (ohne Auftrag, ohne Vorstellung, wo ich das veröffentlichen könnte), eien Text zur politisch-ideologischen Bedeutung dieses Großprojektes, mit dem sich die Berliner Republik unter die führenden Museumsnationen einschreiben und eine strahlende, selbstbewußte staatliche Identität gegenüber der Welt geltend machen will.
Und ich staune nicht schlecht, als ich in ZDF "Heute" (vom 19.4.2018) Macron und Merkel, Staatspräsident und Kanzlerin, vor einer riesigen Bildtapete, die das Berliner Schloss zeigt, ihre Pressekonferenz zu EU-Fragen und zur EU-Reform abhalten sehe.

Pressekonferenz Emanuel Macron, Angela Merkel vor einer Fototapete des Schlosses, inklusive Fahnen.

Das läßt keinen Zweifel an der identitätspolitischen Bedeutung, die die deutsche Bundesregierung dem Museumsbau und der Teilrekonstruktion des Schlosses zumißt. Das hat sogar etwas von jener Großzügigkeit, wenn man so will auch vom Pomp, mit dem in Frankreich seit Jahrzehnten präsidiale Museumsprojekte lanciert und gefeiert wurden. Mit dem Höhepunkt des Ausbaues des Louvre zum Grande Louvre unter Mitterand mit seiner berühmten Pyramide und der Eröffnung im Jahr der 200. Wiederkehr der Französischen Revolution.
Unter dem Eindruck dieser Pläne soll Helmut Kohl die Gründung des Deutschen Historischen Museums angeordnet haben, das zunächst ja in einem Neubau untergebracht werden sollte, nach der Wiedervereinigung aber im barocken Zeughaus etabliert wurde, also in unmittelbarer Nachbarschaft zum jetzt teilrekonstruierten Schloß.
Daß Deutschalnd auf seine preußische also auch militärische und koloniale Vergangenheit zurückgreift (in dem Schloß residierte auch Wilhelm der II., in dessen "Amtszeit" die Deutsche Kolonialpolitik fällt) ist angesichts der Gespräche, in der es um eine Reform der EU geht, schon bemerkenswert und interpretationsbedürftig. Die, die der Spiegel anbot, frei praphrasiert "über die Baustelle EU wird eben in einer Baustelle gesprochen", dürfte nicht ausreichen.

Macron, Merkel und der "Generalintendant" des Humboldt-Forum-Projektes, Neil MacGregor, ehemals Direktor des British Museum, bei einer Führung durch die Schloßbaustelle 19.04.2018
Eine andere Pointe dieses Ereignisses ist die, daß Macron kürzlich eine umfassende Restitution ethnologischer Sammlungsbestände angeordnet hat, während ja grade um das koloniale Erbe, den Umgang damit und die Probleme der Restitution in Berlin ein Streit entbrannt ist. Macron hat dabei ausgerechnet Benédicte Savoy von der TU Berlin  beauftragt, die mit ihrer Kritik an der neokolonialen Politik Mitte 2017 die von Beginn an laute Kritik am neokolonialen Konzept des Humboldt-Forums (Übersiedlung der ethnologischen Sammlungen aus Berlin-Dahlem) dermaßen in Schwung gebracht hat, daß das Triumvirat an der Spitze des Projeketes, einschließlich Neil MacGregor ganz schön in der Defensive ist.
Aber wenns so wichtig ist, wird das, so oder so, schon wie geplant 2019 eröffnet werden. Aber mit welchen Kompromissen? Und wirds der EU helfen?

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