Freitag, 23. Februar 2018

Aus für die Erweiterung des Wien Museum? (Aktualisierte Version)

Matthias Dusini vermutet im FALTER, daß der Zubau zum Wien Museum nun doch nicht kommt. Es scheint sich an der Finanzierung zu spießen, wobei eine private Beteiligung erwogen wird, die etwa das doppelte einer Finanzierung durch die Stadt kosten würde. Die eben ernannte Parteimanagerrin der Wiener SPÖ befeuert die Spekulationen mit einem Sager, man könne das Museum ja auch an der Peripherie ansiedeln. Dann läßt man das dementieren, das sei bloß beispilehaft gemeint.

Die Debatte, das Stadtmuseum an die Peripherie zu verlegen gab es schon mal, etwa in das Neubauviertel um den Hauptbahnhof. Die Chance ist inzwischen vertan. 

Was für eine Museums- und Kulturpolitik! Was für ein jahrelanges Zögern, welche Entschlusslosigkeit! So viele Pläne, so viele leere vollmundige Versprechen! Ich habe noch den Bürgermeister mit seinem Satz von der „Volksbildungsstätte völlig neuer Art“ im Ohr. Was für ein Kleinmut! 

Wien hat ein Museum mit einer jahrzehntealten Dauerausstellung, die in keiner Weise den Wandel der Stadt während der letzten Jahrzehnte wiederspiegelt, aber es fehlte der Stadt aber auch dem Museum selbst der Mut, eine grundlegende und überfällige Erneuerung einzuleiten. Das Museum hätte alle Optionen zu einem modernen, großstädtischen, weltoffenen Museumszentrum zu werden. Es hat veritable Sammlungen und viele hervorrgende Mitarbeiterinnen. 

Die Erneuerung hängt also nicht an einem Zubau. Architektur und Raumressourcen sind keine Ausrede für den Zustand des Museums. Ein neues Konzept steht und fällt nicht mit zusätzlichem Raum. Mit kleinlichem Festhalten an einem Schaumuseum alter Art ist nichts erreicht, nur mit der Entwicklung frischer, von aktuellen museologischen Debatten inspirierter, Ideen. 

In der aufflammenden Debatte um die Zukunft des Museums fehlt eine Stimme: die des Museums selbst, die seines Leiters. Er müßte selbstbewußt öffentlich Forderungen artikulieren, mit Ideen werben. Wann, wenn nich jetzt, müsste das Museum mit interessanten Projekten, neuartigen Ausstellungen, pfiffigen Interventionen in der Stadt, Kooperationen und vernetzung und mit einem innovativen Konzept die Öffentlichkeit und die Politik überzeugen, daß es Unterstützung für seine grundlegende Erneuerung braucht.

Stattdessen versteckt der Leiter des Museums sich hinter einem Kulturstadtrat, der für seine geringe Auskunftsfreudigkeit bekannt ist und der eher verwaltet und abwickelt als energisch plant. Das derzeitige politische Interregnum trägt zum Verschleppen bei. 

Man wird sehen, ob das Museum und seine Leitung eine Erneuerung hinbekommen oder das mögliche Aus für den Erweiterungsbau als Generalausrede für den weiteren Dämmerschlaf nutzen.

Mittwoch, 21. Februar 2018

Anspruchsvoll (Texte im Museum 659)

Naturhistorisches Museum. Foto: GF, 2018

Alles, was man über Pinguine wissen muß (Texte im Museum 658)

Naturhistorisches Museum Wien. Foto GF 2018

Prachtschloß (Entree 140)


Abschied (Texte im Museum 657)

Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstand Foto GF, 2018

Ja. Oder doch nicht (Texte im Museum 656)

Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands. Foto GF, 2018

Wozu ein neues Republikmuseum - Österreich hat doch schon eines




Das Museum, das ich meine, hat nur drei Räume, stützt sich vor allem auf Texte, Fotografien und Faksimile von Dokumenten oder Plakaten. In einer Vitrine werden etwa drei Dutzend Objekte zu sehen gegeben. Mehr nicht.
Ich spreche von der Dauerausstellung des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands. Das 1963 gegründete Dokumentationsarchiv beschäftigt sich vor allem mit  Widerstand, Verfolgung und Exil während der Zeit des Nationalsozialismus, NS-Verbrechen, NS- und Nachkriegsjustiz, Rechtsextremismus in Österreich und Deutschland nach 1945, Restitution und Wiedergutmachung von NS-Unrecht. Dementsprechend sind auch die Schwerpunkte der Ausstellung gewählt, Verfolgung, Deportation, Widerstand, Zwangsarbeit, Konzentrationslager, Rechtsradikalismus.
Die Ausstellung umfasst nur sieben Jahre, vom Anschluß bis zum Ende des Krieges, wobei kurz auch der "Weg zum Anschluß" und mit den Themen "Entnazifizierung" und "Erinnerungskultur" auch knapp die Zeit unmittelbar nach 1945 behandelt wird.
Die Gestaltung der Räume ist schlicht, es gibt keinerlei inszenatorischen Großaufwand. Träger der Information sind hauptsächlich Texte und meist kleinformatige, der Zeit, Herkunft und Überlieferung entsprechend, auch qualitativ bescheidene Fotografien.
Die Texte sind knapp, sachlich, informativ, den einzigen Einwand, den ich habe, ist eine sehr kleine Schrift, die bei Texten, die gelegentlich nur knapp über Kniehöhe angebracht sind, nur noch mühsam lesbar sind. Nirgends erhebt der Text pädagogisch-moralisch den Zeigefinger - was ihn in meinen Augen umso stärker macht.
So ist etwa der Text zu Rechtsradikalismus eine exzellente Zusammenfassung, eine brauchbare Definition, die man ohne Vorbehalt auch auf heutige Vorkommnisse und Verhältnisse anwenden kann.
Die dreidimsionalen Objekte sind klugerweise nicht in die von Text und Bildern getragenen Erzählung integriert und laufen daher nicht Gefahr, zur bloßen Illustration zu werden. Es sind gerade die kleinen, unscheinbaren Objekte, die einen treffen. Ein Zettel mit einer Nummer, ein überstempelter Ausweis.

Warum soll das ein Republikmuseum sein? Wo es doch von der Zerstörung der Republik und der Demokratie berichtet? Eben deswegen. In dieser Zerstörung und ihrer Dokumentation wird dramatisch - ohne daß die Ausstellung Dramatik forcieren würde -, deutlich, was es bedeutet, wenn eine gesellschaftliche Ordnung gewaltsam zerstört wird, wenn demokratische Verhältnisse zerbrochen werden, wenn Menschenrechte missachtet werden.

Der ältere Herr, der die Gäste begrüßt und hinter dem Büchertisch sitzt meinte, als wir ins Gespräch kamen, "Die Demokratie ist nicht erst 1938 zerstört worden. Das ist schon vorher passiert. Und jetzt haben wir etwas, was wieder so eine Zeit ist, in der es zu spät sein könnte." Ich hoffe, er hat nicht recht. Aber das ist eine der Fragen, für die man solche Orte benötigt, Orte die ein unbedingt wichtiges Wissen bewahren und einem helfen, was aktuell geschieht, zu verstehen und zu bewerten.

Über die Wirkung eines Museums entscheidet, leider, nicht seine Qualität. Sondern auch der "Ort", an dem es sich befindet. Das ist topografisch gemeint, aber auch was den institutionellen Rahmen betrifft. So wichtig das Dokumentationsarchiv des Widerstandes ist, das ja Anfang der 60er-Jahre gegründet wurde, um einem reaktionären politischen Diskurs, der massiv von Tätern bestimmt wurde, etwas entgegenzusetzen, es wird immer wieder gezielt angegriffen. Seit der Gründung hat sich viel zum Positiven verändert, aber das Dokumentationsarchiv wird immer wieder und immer noch von rechter Seite attackiert und marginalisiert. Daß jüngst das DÖW eingeladen wurde, sich an der Aufarbeitung der Geschichte der FPÖ zu beteiligen - soll man das schon als Anzeichen einer Wende nehmen? Wie auch immer, die Ausstellung spielt in der öffentlichen Wahrnehmung nicht die Rolle, die sie haben könnte und sollte. Hier drängen sich keine Besuchermassen, hier staut sich auch keine Berichterstattung der Medien. Doch den Vergleich mit den diversen (zeit)geschichtlichen Museen und Ausstellungen, muß es nicht scheuen. Im Gegenteil. Projekte, die im Aufbau sind, wie das Museum in der Hofburg, werden zeigen müssen, ob sie sich mit der nüchterne Genauigkeit und Unbestechlichkeit der Ausstellung des DÖW werden messen können. Ganz zu schweigen von den inferioren Museen in Innsbruck (Berg Isel), Wien (Heeresgeschichtliches Museum) oder St.Pölten (Haus der Geschichte).


Freitag, 16. Februar 2018

WOW! Was alles in öffentlichen und staatlichen geförderten Museen möglich ist

Die Presse-Kritikerin schreibt in Anbetungshaltung (hier), die des Standard spricht Klartext (hier), freilich in Seidenpapier verpackt, der Kurier entlockt im Interview dem Direktor diplomatisches Geschwurbel (hier) und redet aber sonst nicht um den heißen Brei herum (hier).

Diese Quellen genüpgen, um sich über die Ausstellung von Kunstwerken ein Bild zu machen, die die Milliardärin Heidi Horten gesammlt hat, wohl besser: sammeln ließ, und die nun das Leopold Museums zeigt. Ich wiederhole nicht, was man in den genannten Texten lesen kann, auch nicht die Einschätzung zwischen "Eklektizistisch", "Daumenkino" (ein Leserbriefschreiber) oder "Großwildjagd".

Nur noch zwei Anmerkungen: einige Rezensenten erwähnen das Mäzenatentum von Frau Horten, die z.B. einen Gratiseintritt an einem Tag ermöglicht, aber nicht, warum ein steuerfinanziertes Museum einer Milliardärin eine Ausstellung ausrichten soll. Tapfer erwähnen alle den Ursprung des Vermögens aus kollaborativer Geschäfttätigkeit in der NS-Zeit, aber niemand die kritiklose Bewunderung der Sublimationsleistung der Sammlerin, in der ein ästhetisierendes Verträglichmachen der Vergangenheit eingeschrieben ist. Als ihre Privatsache wäre das weitgehend egal, daß ein Museum nun diese Sublimierung öffentlich zelebriert und Anerkennung für die "Leidenschaft" der Betuchten einfordert, "verdanken" wir ausgerechnet dem tief in Arisierungspolitik und Restitution verstrickten Leopold Museum. Österreich hat eigentlich schon genug neoliberale Museumspolitik (Albertina, Essl-Teilübernahme...).

Den Löwen reiten


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