Mittwoch, 2. November 2016

Understanding objects (Texte im Museum 591)

Victoria & Albert Museum. British Gallery


Ein Leckerbissen von Text, weil er Einblick in das kuratorische Denken gibt, in die Einschätzung sowohl des Publikums wie der hermeneutischen Arbeit durch einen Kurator. Zuerst, sagt uns der Kurator durch den Text, muß man es lernen, kritisch Objekte anzusehen und sich nicht mit dem Augenschein zu begnügen. Kuratoren würden sich ständig damit beschäftigen (also können sie es schon), aber jedermann könne das erlernen.
Wie, das sagt uns der Text nicht. Er sagt uns auch nicht, was dem Verstehen von Objekten in Museen entgegenwirken könnte, wie der Mangel an Information, eine schwer auflösliche Unvertrautheit mit Dingen (etwa aus fernen Zeiten, Regionen oder Gebrauchsweisen) oder gar mißverständliche Information durch Museumstexte.
Durch genau Betrachtung könne man das Material oder gar die Verarbeitungsweise an einem Objekt erkennen. Wirklich? Echtes Silber, echter Bernstein, Bakelit, Holzarten, Papiere - alles kein Problem? Dieser genaue Blick könne darüber hinaus aber auch Geschichte "enthüllen". Doch dieses großartige Versprechen wird gleich gewaltig ermäßigt durch die Einschränkung, daß man an Dingen Reparaturen, Beschädigungen oder Veränderungen erkennen könne.
Das war der Stand an Einsicht vor über hundert Jahren in Alois Riegls Denkmaltheorie. Mehr als das ist nicht.
Und dann macht der Text aus dem Besucher potentielle Fachleute, die sich diverser Hilfsmittel bedienten, um, ja um was eigentlich zu tun? Um die Möglichkeiten ihrer Einsichten zu erweitern? Aber um mehr als Identifikation gehts da kaum oder beim ihm vorbehaltenen ultravioletten Licht um ein technisch vertieftes Sehen, das kaum die Erfahrung vertiefen wird ohne zusätzliches spezialisiertes Wissen.
Der Autor dieses Textes begibt sich auf gefährliches Terrain, denn er will die Frage anpacken, wie Besucher eigentlich zur Erfahrung der Dinge in einem Museum kommen. Und er kapituliert früh, muß er uach. Denn selten lassen sich Dinge ohne (Kon)Text auch nur annähernd deuten, erst recht nicht auf individuelle Deutungsbedürfnisse hin.

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