Montag, 8. Dezember 2014

Kriterien für ein neuartiges Museumsranking

Spielregeln: Man denke von dem Land aus, in dem man wohnt (Australier nehmen Europa, s.u.) und versuche ein Museum oder mehrere zu den jeweiligen Anforderungen zu finden.

Ein Museum, für das ein befreundetes, an innovativen Museen interessiertes Ehepaar die teure und weite Reise von Australien nach Europa auf sich nimmt.  

Ein Museum, in dem sie ein Zwillingspaar (eineiig, twitteraffin, spätpubertär) zwei Stunden lang von ihren iPhones ablenken können. 

 Ein Museum, das an einem Wochenendtag einer Drei-Generationen-Familie (12-köpfig) Spaß machen würde.

Ein Museum, in das sie selbst gehen würden, selbst dann, wenn freundliches, sommerliches Badewetter herrschte. 

Ein Museum, das eine patriotische Lehrerin (man denke etwa an Gabi Teichert in Alexander Kluges "Patriotin") als geschichtsarchäologisches Feld der subversiven Erforschung der Landesgeschichte nutzen könnte. 

Ein Museum, das ein Attac-Betriebsausflug mit dem Gefühl verläßt, etwas dazugelernt zu haben. 

Ein Museum, dessen Besuch erfreulich verläuft, obwohl es verkehrstechnisch sehr ungünstig liegt, das Wegleitsystem sehr mangelhaft, das Gebäude abweisend, das Personal schlecht gelaunt ist und zu allem Überfluss die Preise überhöht sind.  

Ein Museum, von dem sie beschließen, es unbedingt noch in derselben Woche zu besuchen, obwohl sie es mit Rücksichtnahme auf desinteressierte Begleitung nur eine knappe dreiviertel Stunde sehen konnten.

Ein Museum, von dem sie ziemlich sicher sind, daß sie Freunde, die sie hinschicken, ihnen noch Jahre später von ihrem Besuch erzählen werden. 

Ein Museum, für dessen Besuch sich der Schriftsteler und Schöpfer des "Museums der Unschuld", Orhan Pamuk, der viel Inspiration aus europäischen Museen für sein Museum gezogen hat, anschließend sehr herzlich bedankt. 

Ein Museum, das einen Museologen dazu inspirierten würde, sofort einen gutgelaunten Beitrag für seinen Blog zu schreiben. 

Ein Museum, in dem eine Gruppe politisch aktiver Feministinnen nicht wuterfüllt gegen die Wände treten würden. 

Ein Museum, das für wenigstens kurze Zeit einer Gruppe älterer Menschen, die einen Ausflug aus ihrem Heim gestattet bekommen haben, ihre kleinen und nicht so kleinen Gebrechen vergessen läßt.

Ein Museum, dessen kostenlosen und geführten Besuch sie als Preis für einen Kochwettbewerb von Bäurinnen ausloben könnten. 

Ein Museum, das weder von ICOM Österreich noch vom Österreichischen Museumsbund eine Museumsplakette erhalten würde, dennoch aber viele Besucher erfreut. 

Ein Museum, in dem eine Gruppe eines Volkshochschulkurses vergisst, daß sie anschließend eigentlich noch Töpfern wollten. 

Ein Museum, das dreieinhalb Stunden so vergnüglich ist wie Stefan Herheims „Xerxes“-Inszenierung an der Grazer Oper. 

Ein Museum, das drei befreundete türkische Mittelschülerinnen (17) bei knappem Taschengeld ausnahmsweise einem Discobesuch vorziehen würden. 

Ein Museum, durch das eine Gruppe von vierzig männlichen Mitarbeitern des mittleren Managements einer Großbank geführt werden ohne daß es später am Pissoir zu blöden Sprüchen über den Museumsbesuch kommen würde. 

Ein Museum, das Durchreisende bei einem insgesamt eindreiviertel Stunden dauernden Aufenthalt in einer Mittelstadt zufällig und weil ihnen nichts besseres einfällt, aufsuchen und darüber den Anschlusszug versäumen.

 

Wird fortgesetzt 

Neue Kriterien werden gerne entgegengenommen

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