Freitag, 17. September 2010

Alberto Burri in Citta di Castello

Alberto Burri, 1915 bis 1995. Geboren in Citta die Castello. Ausgebildeter Arzt und als solcher im 2. Weltkrieg in Militärdienst. 1944 in Afrika gefangengenommen wird er in Texas interniert und beginnt dort Kunst zu machen. Nach Kriegsende und Rückkehr nach Italien - und zwar nach Rom - beschäftigt er sich nur noch mit Kunst, unter dem Eindruck des Krieges und seiner Tätigkeit als Arzt macht er Materialbilder. 1947 hat er seine erste Einzelausstellung. In den 50er-Jahren wird er unter anderem durch eine Teilnahme an einer Gruppen- Ausstellung im Guggenheim-Museum New York international bekannt. Er nimmt mehrfach an der Biennale di Venezia und der documenta in Kassel teil. In den 80er-Jahren verwandelt er die Erdbebenruinen der Stadt Gibellina als Protest und Erinnerung an das Im-Stichlassen der Bevölkerung durch die Politik in ein 'Monument' um: die Stadtruine wird mit Beton versigelt, in der das Netz der Strassen und Gassen aber begehbar eingegraben wird. 1981 wird von der Stiftung Burri im Palazzo Albizzi in Citta di Castello mit 32 Werken ein Museum eröffnet, 1990 erfolgt die Eröffnung des Museums in den ex seccatoi del tabacco. 1995 stirbt Burri in Nizza.

Alberto Burri wurde 1915 in Citta di Castello geboren. Seine Karriere machte er in anderen italienischen Städten. Dann stellte ihm eine Tabakfabrik seiner Heimatstadt eine der riesigen Hallen zur Verfügung, die zum Trocknen von Tabak verwendet wurden. In dieser Halle arbeitete Burri und entwarf Werke und Zyklen für genau diesen Ort.
Es wurde eine Stiftung gegründet die zunächst den in der Altstadt gelegenen Palazzo Albizzi zum Museum für Burris Arbeit machten. Der Palast wurde entsprechend der Philosophie des white cube vollkommen purifiziert. Bis auf die originalen Tür- und Fensterlaibungen aus grauem Stein und der weißgefärbelten Holzdecken gibt es nichts mehr, das an die Zeit der Entstehung des Palastes erinnert. So entsteht so etwas wie die Quintessenz eines Renaissance-Palazzo, Säule, Treppe, Eingang…Über einem annähernd quadratischen Grundriß erheben sich zwei für die Ausstellungen genutzten Geschosse. Kein Raum ist so groß und so geschnitten wie der andere, keiner ist exakt rechtwinkelig.
Die Beschriftung ist einzigartig reduziert und besteht immer nur aus Werktitel und Entstehungsjahr, weisse Schrift auf schwarzem Plastik-Prägeband, das passt genau auf die einheitliche Rahmung aus schmalen Holzleisten.
Die Möblierung besteht aus einem einzigen Typ von Sitz aus naturbelassenem Holz.

Die mächtigen Tabakhallen liegen etwas vor der Altstadt, aber im Wohngebiet. Sie sind außen schwarz gestrichen. Es gibt einen winzigen Empfangsbereich, mit Kassa, einigen Büchern und den beiden einzigen Sesseln des ganzen Museums.
Die Hallen, jede von ihnen in der Größe einer kleineren Bettelsordenskirchen, also hohe Räume ohne jede Wandgliederung (bis auf einen Raum) mit offenem hölzernen oder eisernen Dachstuhl. Außer der Beleuchtung gibt es keinerlei Installationen. Eingänge, möglicherweise die originalen, gibt es an den Längswänden, ganz an deren Ende, so daß hier ein Quergang durch die Hallen möglich ist, aber auch ein mäandernder Weg, wie ihn das einzige 'Leitsystem', auf den rohen Betonfußboden mit seinen Gebrauchsspuren, vorschlägt, gerade und rechtwinkelige schwarze Pfeile. Einige Türen, früher zur Manipalution notwendig, sind geöffnet, lassen Tageslicht ein und öffnen Ausblicke.
In jeder der Hallen gibt es einen oder in manchen zwei Werkzyklen. Alle Hallen sind ausschließlich in weiß oder schwarz ausgemalt.
Abgesehen von den Hallen für neue Kunst in Schaffhausen - einer aufgelassenen Textilfabrik -, habe ich noch keine so eindrucksvolle als Kunstraum genutzte Industrieanlagen gesehen. Das liegt freilich nicht nur an der Dimension und Ästhetik der Hallen, sondern an dem ganz und gar eigentümlichen Werk Alberto Burris.
Ich betrete solche Räume und lerne ein solches für mich ganz neues Werk als neugieriger Laie. Ich bin kein Eingeborener der Kunstmoderne, der sich in solchen Biotopen kennerisch bewegt. Hätte ich nicht in einem der Hotels, in denen ich genächtigt hatte, ein Kunstbuch über Burri gefunden, ich wäre wohl kaum nach Citta di Castello gekommen.
Die Notizen zu italienischen Museen, die ich in den letzten Tagen gemacht habe, waren nicht mehr als eben Notizen, Anmerkungen, vielleicht anschaulich genug, daß jeder selbst ein Gefühl entwickeln konnte, ob es ihn einmal interessieren könnte oder auch nicht.
Die beiden Alberto Burri gewidmeten Museen möchte ich entschieden in die Liste der Museen aufnehmen, deren Besuch ich empfehle. Es sind zwei ganz besondere Kunstorte - mit dem Extrabonus einer ansprechenden italienischen Kleinstadt.

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